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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den Arm, um den Samtvorhang hinter der Tür zurückzuschlagen, doch Pia hielt sie noch einmal zurück.
    »Ich bin nicht aus dem Grund hier, den du anzunehmen scheinst«, sagte sie.
    Jetzt war zum ersten Mal ein deutlicher Ausdruck von Misstrauen auf Malus rundem Gesicht zu sehen. »Weshalb dann?«
    Pia deutete auf Alica. »Meine Freundin möchte dir einen Vorschlag machen.«
    »Deine Freundin?« Malu wirkte nicht mehr misstrauisch, sondern eindeutig fassungslos. »Sie …«
    »Nicht so, wie du denkst«, sagte Pia rasch.
    »Sondern?«
    »Warum lässt du uns nicht ein, und wir reden in aller Ruhe darüber?«
    Malu zögerte. »Sagtest du nicht, sie spricht unsere Sprache nicht?«, erkundigte sie sich, während sie Alica unübersehbar misstrauisch und ablehnend von Kopf bis Fuß maß.
    »Deshalb begleite ich sie ja auch«, antwortete Pia. »Für den Fall, dass ihr eine Übersetzerin braucht.«
    Malu schwieg, aber Pia konnte sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. Was immer Alica von ihr wollte, interessierte sie nicht im Mindesten. Aber sie wollte sie nicht gehen lassen. Vermutlich hoffte sie noch immer, sie irgendwie überreden zu können, in ihrem Etablissement zu arbeiten.
    Nach dem, was Pia am ersten Tag von ihrem lebenden Inventar gesehen hatte, konnte sie es auch gut verstehen.
    »Also gut«, seufzte Malu schließlich. »Ich werde Ärger bekommen, vor allem mit meinen Gästen, aber ich dulde es deinetwegen. Also kommt.«
    Sie schlug den Vorhang beiseite. Stimmen und Gelächter wurden lauter, und das Quaken entpuppte sich tatsächlich als grässliche Musik. Passend zu den roten Papierfenstern brannte ein gutes Dutzend roter Kerzen, und ein schwerer, fast schon betäubender Geruch hing in der Luft; irgendein aufdringliches Parfüm, das Malu überreichlich verwendet hatte, um den Grundgestank dieser Räumlichkeiten zu überdecken. Neben dem Kamin, in dem trotz der grausamen Kälte draußen nur ein bescheidenes Feuer brannte, saßen zwei Musiker, die fremdartig anmutenden Instrumenten noch fremdartiger klingende Töne entlockten. Alle drei Mädchen waren da, zusammen mit ebenso vielen Kunden. Als Malu und Pia eintraten, erstarben sämtliche Aktivitäten im Raum für einen Moment – zu ihrer Erleichterung auch die der Musikanten – und ein halbes Dutzend neugieriger Gesichter wandte sich in ihre Richtung. Dann trat Alica hinter ihnen ein.
    Eine der Gaylens stieß einen erschrockenen, spitzen Schrei aus und fand sich eine halbe Sekunde später ziemlich unsanft auf dem Fußboden wieder, als sich der Gast, auf dessen Schoß sie gerade noch gesessen hatte, in einen wirbelnden Schatten verwandelte und dann so schnell davonstürzte, dass er beinahe über seine eigenen Füße gestolpert wäre. Pia hatte einen flüchtigen Eindruck von angstvoll aufgerissenen Augen und einer dick bandagierten Schulter, dann war die Gestalt irgendwo am oberen Ende der Treppe verschwunden, und sie hörten nur noch ein gewaltiges Scheppern und Poltern.
    Malu legte ärgerlich die Stirn in Falten, griff nach dem Mädchen und riss es reichlich unsanft in die Höhe. »Hat er bezahlt?«, fauchte sie
    »Nein, Herrin«, antwortete die pummelige Gaylen. Ihre Perücke war verrutscht und drohte ihr vom Kopf zu fallen. »Wir sind ja noch gar nicht …«
    Weiter kam sie nicht. Malu ohrfeigte sie, blitzschnell und so hart, dass sie zurückstolperte und haltlos in den Sessel plumpste, in dem Brasil zuvor gesessen hatte. Malu holte aus und hätte sie womöglich noch fester geschlagen, wäre Pia ihr nicht blitzschnell gefolgt, um ihre Hand zurückzureißen.
    »Und ich dachte, du behandelst deine Mädchen gut«, sagte sie.
    »Einer der Punkte, über die wir reden müssen«, fügte Alica hinzu.
    Malu riss ihren Arm los – oder versuchte es wenigstens –, und Pia hielt sie gerade lange genug fest, um ihr klarzumachen, dass sie einzig und allein freikam, weil sie es zuließ. Pia war nicht einmal außergewöhnlich stark (wenn auch alles andere als schwach), aber mit ihren und Alicas Körperkräften verhielt es sich so wie mit ihrer Größe: Sie waren den Einwohnern von WeißWald hoffnungslos überlegen. Pia hatte in den vergangenen Tagen längst begriffen, dass sie Brasil und seine Bande keineswegs nur besiegt hatten, weil diese so ganz und gar nicht mit irgendeiner Gegenwehr gerechnet hatten.
    »Das dumme Ding hat es nicht besser verdient!«, schimpfte Malu. »Hundertmal habe ich ihnen gesagt, dass sie zuerst bezahlt werden müssen. Wenn sie nicht hören kann,

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