Elfenblut
dann …«
»… muss sie eben fühlen?«, fragte Pia eisig. »Ich verstehe.«
»Aber so war das doch gar nicht …«, begehrte Malu auf, brach dann mitten im Satz ab und zwang sich sogar zu einem Lächeln; oder etwas, was sie dafür hielt. »Du hast natürlich vollkommen recht. Wie konnte ich mich nur so hinreißen lassen? Es tut mir leid.«
Pia starrte sie weiter eisig an, und Malu schien plötzlich noch nervöser zu werden, wischte sich fahrig mit dem Handrücken über den Mund und drehte sich dann zu dem Mädchen herum. »Entschuldige, Kind«, sagte sie. »Das war ungerecht von mir.« Sie streckte die Hand nach dem Mädchen aus. Im ersten Moment zuckte es fast erschrocken zurück, und im zweiten starrte es Malus Hand bloß fassungslos an; als könne es sich einfach nicht vorstellen, dass sie sich nach ihm ausstreckte, um ihm zu helfen.
»Komm, Kind«, sagte Malu in zuckersüßem Ton. »Geh und ruh dich eine Stunde aus. Auf den Schrecken hin hast du dir das verdient.« Sie wartete, bis das vollkommen überraschte Mädchen ihre Hand ergriffen hatte und aufgestanden war, dann wandte sie sich wieder zu Pia um, und ihr Lächeln wurde sogar beinahe überzeugend. »Du bist also gekommen«, sagte sie, wie um das Gespräch noch einmal von vorne zu beginnen.
»Nach deinem Besuch gestern Abend bleibt uns ja wohl kaum eine große Wahl«, erwiderte Pia kühl.
»Mein Besuch?« Malu heuchelte perfekte Verwirrung.
»Gestern Abend. Du warst zusammen mit Istvan im Weißen Eber. Erinnerst du dich?«
»Istvan?« Malu runzelte die Stirn und nickte schließlich. »Oh, jetzt verstehe ich. Dem Kommandanten der Stadtwache, nicht wahr? War er auch dort? Ich habe ihn gar nicht gesehen. Seit du dort bist, herrscht im Weißen Eber ja reger Betrieb, wie man hört. Brack kann zufrieden sein.«
Pia musste sich beherrschen, um ihren Zorn hinunterzuschlucken. »Man hört auch, dass sich das vielleicht bald wieder ändert.«
»So?«Malus Lächeln kühlte um mehrere Grade ab und wurde zugleich deutlich verschlagener. »Hört man das? Na ja, die Leute reden viel Unsinn. Ist das da, wo du herkommst, etwa anders?«
»Ich hätte dir einen Vorschlag zu machen«, sagte Pia. »Gibt es einen Ort, wo wir in Ruhe reden können?«
Malu nickte, deutete die Treppe hinauf und setzte sich ohne ein weiteres Wort in Bewegung. Als Pia und Alica ihr folgten, fiel Pia auf, wie still es immer noch war. Die Mädchen und ihre verbliebenen Kunden hatten innegehalten, womit auch immer sie gerade beschäftigt gewesen waren, und starrten sie an.
Gut, so viel also zum Thema unauffällig .
Malu führte sie in ein winziges, karg eingerichtetes Zimmer, das nur ein handtuchbreites Fenster und nicht einmal einen Kamin hatte. Selbst hier drinnen war es so kalt, dass ihr Atem als grauer Dampf vor ihren Gesichtern erschien.
»Warum nimmst du nicht dieses hässliche Kopftuch ab, mein Kind?«, begann Malu, nachdem sie die Tür sorgfältig hinter sich zugedrückt und sich so davor aufgebaut hatte, als wäre sie wild entschlossen, Pia nur noch über ihre Leiche wieder hinausgehen zu lassen. Ein Vorschlag, über den nachzudenken sich möglicherweise lohnte. »Dein Haar ist doch wirklich das Schönste an dir. Du solltest es nicht verstecken. Jedenfalls nicht hier drinnen.«
»Das lohnt sich nicht«, sagte Pia. »Ich werde nicht lange bleiben.«
Malu blinzelte. »Aber ich dachte …«
»Ich bin gekommen, um dir einen Vorschlag zu machen, nicht um für dich zu arbeiten.«
»Nicht?«, wiederholte Malu enttäuscht.
Pia machte eine Kopfbewegung auf Alica hin. »Meine Freundin würde gerne für dich arbeiten.«
»Deine …?« Malu starrte in Alicas Gesicht hinauf und war für einen Moment sichtlich sprachlos. »Ich fürchte, das wird nicht so leicht sein«, sagte sie schließlich. »Deine Freundin ist ein hübsches Ding, aber ein Mädchen wie sie …«
»Nicht so, wie du denkst«, unterbrach sie Pia.
»Nicht so, wie ich denke«, wiederholte Malu. Sie verstand jetzt gar nichts mehr.
»Alica kennt sich in deinem Gewerbe ein wenig aus …«
»He!«, sagte Alica.
»– wenn auch nicht so, wie es sich jetzt vielleicht anhört«, fuhr Pia ruhig fort. »Eher von der … administrativen Seite, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Ja«, sagte Malu und schüttelte heftig den Kopf.
»Warum sagst du ihr nicht einfach, dass ich ihr helfen kann, ihren Laden auf Vordermann zu bringen?«, fragte Alica.
»Genau das versuche ich ja«, antwortete Pia ärgerlich.
»Was versuchst
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