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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aufzustehen und sie zu holen, verwarf diesen Gedanken aber sofort wieder.
    »Hallo, Pia«, sagte Hernandez. »Schön, dich wiederzusehen.«
    Es war seine Stimme. Sie hatte sich nicht verändert, war allenfalls etwas rauer geworden, aber es war ganz eindeutig seine Stimme. Viel mehr als das, was er sagte, zerstörte der Klang dieser Stimme auch noch den allerletzten Funken Hoffnung, vielleicht nichts als einer geradezu unglaublichen Ähnlichkeit aufgesessen zu sein. Es war Hernandez.
    »Du hast dich gut gehalten.«
    »Was man von Ihnen nicht behaupten kann«, antwortete Pia mit belegter Stimme. »Ich hätte Sie kaum wiedererkannt.«
    »Es waren harte Zeiten«, sagte Hernandez.
    Brack trat an ihren Tisch und polterte sofort los. »Gaylen, was soll das? Die Gäste haben Durst, und dieser Dummkopf Lasar schüttet mehr neben die Krüge als hinein, und …«
    »Dann solltet Ihr Eurem Gehilfen vielleicht zur Hand gehen und mir einen frischen Krug Bier bringen«, unterbrach ihn Hernandez, »das übrigens ausgezeichnet ist.«
    »Danke«, sagte Brack, »aber ich sehe es nicht gerne, wenn …«
    »– deine Gäste durstig sind?« Hernandez’ Stimme veränderte sich fast unmerklich. Es war nur um eine Winzigkeit, kaum hörbar, aber dafür umso deutlicher zu fühlen. Sie klang plötzlich so kalt wie Eis und scharf wie eine Messerklinge. Brack japste nach Luft, plusterte sich auf und blinzelte dann erschrocken, als Hernandez ihn mit einem eisigen Blick maß.
    »Noch ein Krug Bier, ganz wie Ihr wünscht«, murmelte er und trollte sich.
    »Sie haben sich nicht verändert, Comandante«, sagte Pia anerkennend. Ihre Stimme klang noch immer flach.
    »Will ich doch hoffen. Schließlich hatte ich Zeit genug zum Üben.«
    Das war unübersehbar. Hernandez war älter geworden. Was, um Gottes willen, war hier passiert?
    »Ich würde dich ja gerne auf einen Krug Bier einladen, aber das wäre ziemlich albern, wo du doch sozusagen an der Quelle sitzt, nicht wahr?«, fuhr Hernandez fort. »Ganz davon abgesehen, dass es ja fast einer Beleidigung gleichkäme, einer leibhaftigen Elfenprinzessin etwas so Ordinäres wie ein Bier anzubieten.«
    »Elfenprinzessin?«, fragte Pia, aber Hernandez hob sofort die Hand und brachte sie zum Schweigen. Pia fiel auf, dass das letzte Glied seines kleinen Fingers fehlte. Die Narbe sah so alt aus wie die in seinem Gesicht.
    »O bitte, Gaylen«, sagte er betont. »Ich bin nicht von so weit her gekommen, um mir die berühmte Attraktion des Weißen Ebers anzusehen und jetzt eine wenig eloquente Ausrede zu hören.« Er machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ist das das richtige Wort in diesem Zusammenhang? Eloquent? Ich bin es nicht mehr gewohnt, in solchen Begriffen zu denken. Man verlernt so schnell, die Sprache richtig zu benutzen, wenn so viele Worte ihren Sinn verlieren.« Lachend nippte er an seinem Bier. Obwohl er gerade bei Brack einen frischen Krug bestellt hatte, stand sein alter kaum angerührt vor ihm.
    »Was wollen Sie hier, Hernandez?«, fragte Pia.
    »Nur Nandes«, antwortete er. »Die Leute hier haben … gewisse Schwierigkeiten mit meinem Namen. Man muss sich anpassen. Und ich wollte dich sehen.«
    »Sehen?«
    »Du bist eine Berühmtheit, Pia. Man spricht landauf, landab von der wiedergekehrten Prinzessin Gaylen, die in einem heruntergekommenen Gasthof am Ende der Welt als Bedienung arbeitet. Irgendwie wusste ich, dass du es sein musst.« Er trank wieder von seinem Bier, einen weitaus größeren Schluck diesmal.
    »Und jetzt lass dir etwas erzählen, Pia. Mein Leben hat eine radikale Änderung erfahren. Eine sehr radikale Änderung. Ich führe sozusagen ein komplett anderes Leben. Ich bin zwölf Jahre älter und nicht einmal sicher, ob es wirklich schlechter ist als das, das ich zuvor geführt habe.« Er hob die Schultern. »Natürlich vermisse ich das eine oder andere. Satellitenfernsehen. Hot Dogs. Eine gute Zigarre dann und wann …«
    » Was ist passiert?«, fragte Pia ungläubig. »Es ist doch kaum zwei Wochen her!«
    »Zwei Wochen?« Jetzt wirkte Hernandez wirklich überrascht. »Ja, ich dachte mir so etwas. Kein Wunder, dass du dich praktisch nicht verändert hast.« Ein flüchtiges Lächeln erschien in seinen Augen und erlosch sofort wieder. »Nur dein Modegeschmack lässt ein bisschen zu wünschen übrig.«
    »Was? Ist? Passiert?«, fragte Pia noch einmal. Wenn er es denn unbedingt wollte, konnte sie diese Frage auch noch zehnmal wiederholen.
    Hernandez schnaufte. Sein Lächeln war endgültig

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