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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nach einem leeren Bierkrug, den Brack ihr reichte, füllte ihn auf und verfuhr auf dieselbe Weise mit einem zweiten, dritten und vierten, bevor sie sie auf die Theke stellte, damit Brack sie abholen konnte. Als er das zweite Mal zurückkam, raunte er ihr zu: »Wo bist du wirklich gewesen?«
    »Auf der Toilette«, antwortete Pia. »Und selbst wenn nicht … was geht dich das an?«
    Ihr harscher Ton überraschte sie beinahe selbst, aber Brack schien ihn ihr nicht übel zu nehmen. »Nichts«, gestand er. »Aber andere könnten sich dieselbe Frage stellen. Siehst du den Kerl neben der Tür? Den mit dem Lederhelm? Schau nicht zu auffällig hin.«
    Pia hob wie zufällig den Blick und sah in die angegebene Richtung. An einem Tisch neben dem Eingang saß ein einzelner, zumindest für hiesige Verhältnisse sehr großer Mann, der schlichte, jedoch sehr robust wirkende Kleidung und etwas trug, was sie zu Hause vermutlich als altmodische Flieger- oder Motorradhaube bezeichnet hätte, das hier aber wohl als leichter Helm durchging. Irgendetwas an seinem Gesicht kam ihr bekannt vor, doch sie war nicht sicher. Anscheinend war ihre Bewegung gar nicht so unauffällig gewesen, wie sie geglaubt hatte, denn er senkte rasch den Blick und starrte in seinen Bierkrug; was ganz bestimmt kein Zufall war.
    »Wer ist das?«, fragte sie.
    »Keine Ahnung«, antwortete Brack. »Ich habe den Kerl hier noch nie gesehen. Aber er gefällt mir nicht. Sitzt nur da, starrt in sein Bier und sagt kein Wort. Als ob er auf was warten würde.«
    »Du glaubst, Istvan hätte ihn geschickt? Oder Malu?«
    »Keine Ahnung«, antwortete Brack. »Aber sei ein bisschen vorsichtig … und lass dein Kopftuch für heute Abend, wo es ist.«
    »Das wird deinen Gästen nicht gefallen«, sagte Pia.
    »Und Malus Spitzel noch sehr viel weniger«, fügte Brack hinzu. Er nahm gleich vier gefüllte Krüge in beide Hände und warf ihr einen fast beschwörenden Blick zu. »Ich rede morgen früh noch einmal mit Istvan. Ich denke, ich kann ihm einen Vorschlag machen, den er nicht ablehnen wird. Aber bis dahin solltest du besser ein wenig vorsichtig sein. Wäre doch zu schade, wenn wir uns selbst den Spaß verderben, Malu den Spaß zu verderben, oder?«
    Pia warf ihm einen leicht irritierten Blick zur, aber Brack grinste nur breit und trollte sich mit seinen Krügen, und Pia konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit.
    Sie hatte immer noch das Gefühl, angestarrt zu werden. Für eine Weile gelang es ihr, es zu ignorieren, doch schließlich resignierte sie und sah auf.
    Sie hatte sich nicht getäuscht. Sie wurde angestarrt. Und dieses Mal senkte der Mann nicht den Blick, sondern sah sie direkt und ruhig an, und sie erkannte das Gesicht unter dem zerschrammten Lederhelm und dem verfilzten schwarzen Haar genau.
    Pia erstarrte. Das war nicht möglich. Ihr Verstand, ihr logisches Denken, alles schrie ihr zu, dass sie sich täuschen musste, dass es ganz und gar unmöglich war …
    Aber es war trotzdem die Wahrheit.
    Er sah älter aus als das letzte Mal, mindestens zehn Jahre älter, und es konnten keine leichten zehn Jahre gewesen sein. Sein Gesicht war verhärmt. Auf seiner linken Wange prangte eine hässliche gezackte Narbe, als hätte jemand versucht, ihm mit einem nicht besonders scharfen Gegenstand das Gesicht zu zerschneiden, und rings um seine Augen war ein Netz dünner Fältchen entstanden, die nicht so wirkten, als kämen sie vom Lachen. Er starrte sie an. Das taten viele hier drinnen, wenn nicht alle, aber er tat es auf eine vollkommen andere Art. Sie war nicht einmal unbedingt unangenehm – auf jeden Fall nicht annähernd so anzüglich wie die der meisten –, aber … anders. Ein wenig erstaunt vielleicht, wobei sie das sichere Gefühl hatte, dass dieses Erstaunen nichts mit ihrem bloßen Anblick zu tun hatte. Oder doch, aber auf eine andere Art, als sie es erwartet hätte.
    »Lös mich bitte für einen Moment ab«, sagte sie zu Lasar, der in diesem Moment zurückkam, drückte ihm einen leeren Krug in die Hand und ging mit raschen Schritten um die Theke herum und auf den Tisch neben dem Eingang zu. Zahlreiche erstaunte Augenpaare folgten ihr – unter anderem die Bracks, auch wenn er vielmehr verstimmt als erstaunt wirkte –, aber sie ignorierte sie, ging zu dem Tisch, an dem der Narbige saß, und ließ sich kommentarlos auf den Schemel ihm gegenüber sinken. Sie dachte an die Pistole, die oben unter ihrem Kopfkissen lag, und überlegte einen kurzen Moment lang ernsthaft,

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