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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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viel Blut gewesen?
    Der Wagen wurde vorsichtig auf die Straße hinausbugsiert und schneller, als er nicht mehr Gefahr lief, irgendwo anzustoßen, begann aber dafür unter dem Gewicht seiner Ladung so bedrohlich hin und her zu schwanken und zu ächzen, dass Pia instinktiv ein paar Schritte zurückfiel, um nicht getroffen zu werden, falls die abenteuerliche Konstruktion unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen sollte. Nani verzog kurz und spöttisch die Lippen, trat aber nur schweigend an ihre Seite und nahm den Faden wieder auf, als wäre überhaupt keine Zeit vergangen.
    »Was Ihr heute Morgen gesehen habt, das hat Euch entsetzt, nicht wahr?«, fragte sie.
    »Dich nicht?«
    Nani wich sowohl einer direkten Antwort als auch ihrem Blick aus. »Man gewöhnt sich an viele Dinge, Erhabene«, sagte sie. »Ich weiß, dass es nicht richtig ist. An manches sollte man sich nicht gewöhnen, weil die Gewohnheit den Dingen ihren Schrecken nimmt und man irgendwann glaubt, dass sie ganz normal sind, oder Kronns Wille oder Schicksal, und anfängt, sie einfach hinzunehmen.«
    »Aber manchmal ist es der einzige Weg, die Wirklichkeit zu ertragen, nicht wahr?« Nani nickte, und Pia fragte mit leiser, fast entsetzter Stimme: »Soll das heißen, dass es … überall so ist? Dass sie überall Kinder töten ?«
    »Nicht überall und auch nur die, die nicht älter als zwölf Jahre sind und zu den Kinderbanden gehören«, antwortete Nani.
    »Aber … warum?«
    »Die Zeiten sind schwer und es gibt zu viele Menschen«, antwortete Nani. »Wenn sie alle erwachsen werden, so könnte das Land sie bald nicht mehr ernähren. Hungersnöte wären die Folge, vielleicht Unruhen und Krieg, oder noch Schlimmeres.«
    Das klang so unglaublich, dass Pia mitten im Schritt stehen blieb und sie aus weit aufgerissenen Augen anstarrte. »Moment mal!«, sagte sie entsetzt. »Willst du mir sagen, das wäre so etwas wie eure ganz spezielle Art von Geburtenkontrolle? Ihr tötet eure Kinder?«
    »Sehr viel mehr Menschen würden sterben, wenn wir es nicht täten«, antwortete Nani. »Glaubt mir, wir haben all das erlebt. Es ist der einzige Weg, um größeres Unheil zu verhindern.«
    »Also, mir würden da schon noch zwei oder drei andere einfallen«, antwortete Pia empört. »Wie wäre es, wenn ihr zum Beispiel nicht so viele Kinder bekommen würdet?«
    »Ihr kennt die Menschen hier nicht«, behauptete Nani. »Es gibt ein Gesetz, nach dem niemand mehr als drei Kinder haben darf.«
    »Aber niemand hält sich daran.«
    »Wie wollt Ihr die Natur zwingen, sich an Gesetze zu halten?«
    »Mit der Pille?«, schlug Pia vor. »Präservative? Die Spirale oder was auch immer ihr hierzulande benutzt! Und jetzt erzähl mir nicht, dass ihr hier nicht Mittel und Wege kennt, um zu verhindern, dass eine Frau ungewollt schwanger wird!«
    »Selbstverständlich kennen wir solche Mittel«, erwiderte Nani. »Aber manche wollen sie nicht oder sind zu arm, sie zu bezahlen, oder zu dumm, sie richtig anzuwenden. Anderen verbietet es ihre Religion, und wieder anderen … ist es wahrscheinlich egal. Viele Frauen bekommen ein Kind und geben ihr ältestes dafür weg. Die, die Glück haben, tun irgendwo einen Unterschlupf auf oder verlassen die Stadt. Andere schließen sich den Banden an, und manche überleben es sogar und finden ein Auskommen … wie Euer junger Freund, der bei Brack arbeitet. Wusstet Ihr, dass er noch vor einer Weile ebenfalls auf der Straße gelebt hat?«
    »Ja«, seufzte Pia. »Das alles kommt mir irgendwie bekannt vor.«
    »Heißt das, so etwas gibt es dort, wo Ihr herstammt, auch?«
    »Sagen wir: Unsere Welten sind nicht ganz so unterschiedlich, wie es auf den ersten Blick vielleicht den Anschein hat.«
    »Ihr müsst mir davon erzählen, Herrin«, bat Nani. »Es muss eine faszinierende Welt sein. Ich bin begierig, alles darüber zu erfahren.«
    »Gern«, antwortete Pia. »Ich nehme an, wir werden eine Menge Zeit zum Reden haben, wenn wir die Stadt erst einmal verlassen haben?«
    »Ein wenig schon«, antwortete Nani. Die Frage, die Pia ihr eigentlich hatte stellen wollen (und die sie sehr wohl verstanden hatte), ignorierte sie geflissentlich.
    Vermutlich hätte die Zeit ohnehin nicht mehr gereicht. So langsam sich der überladene Ochsenkarren auch bewegte, hatten sie den Marktplatz doch schon fast erreicht, und Nani musste sie nicht eigens darauf hinweisen, dass es Zeit wurde, ihre Unterhaltung einzustellen und ihre Verkleidung zu vervollständigen. Nani wurde deshalb nun ein

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