Elfenlord
Sie waren ungefähr eine Million Mal besser als sein Zimmer zu Hause, außerdem konnte seine Mutter nicht an die Tür klopfen. Und er hatte Diener, verdammt noch mal!
Blue blieb stehen, und weil sie immer noch seine Hand hielt, blieb auch Henry stehen. Das Murmeln des Wassers wurde überlagert von dem fernen Straßenlärm der Stadt: dem Rumpeln der Karren, dem gelegentlichen Ruf eines Verkäufers. Am Abend erwachte die Stadt zu einem Leben, das ganz anders war als das am Tage.
Blue sagte leise: »Ich bin jetzt auch Kaiserin von Hael, nicht nur des Elfenreiches. Ich brauche jemanden, der mir dabei hilft – alles zu organisieren, weißt du. Pyrgus ist nicht zu gebrauchen – der will bloß dauernd in Schwierigkeiten geraten und Tiere retten – und Comma ist noch zu jung.« Sie sah ihn an, schaute dann weg.
Henry brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, was eigentlich los war, aber dann überrollte es ihn wie eine Lawine. Er blinzelte. »Moment mal … Moment, du erwartestdoch nicht etwa, dass ich mich um die Hölle kümmere, oder?«
Blue sah ihn immer noch nicht an, aber sie schüttelte den Kopf. »Nein, Henry«, sagte sie, »ich möchte, dass du mich heiratest.«
EINS
Zwei Jahre später …
W as ist los?«, fragte Henry sofort.
Hodge starrte wütend durch die Stäbe des Transportkäfigs. Aisling versorgte ihre blutende Hand, auf ihrem Gesicht zeichnete sich Empörung ab.
»Dein Kater hat mich gebissen!«, schrie sie. »Das bösartige Vieh sollte man einschläfern lassen.«
»Ich hab dir gesagt, dass du ihn in Ruhe lassen sollst«, sagte Henry. Er sah seiner Mutter direkt in die Augen. »Warum ist er im Käfig?«
»Henry, er hat deine Schwester gebissen. Er hat sie auch gekratzt. Glücklicherweise nur auf der Hand. Wenn er sie im Gesicht erwischt hätte, hätte er sie richtig verletzen können. Sie hätte ein Auge verlieren können.«
»Ich hab ihr gesagt, sie soll ihn nicht ärgern«, sagte Henry. »Warum ist er im Käfig?«
»Ich
hab
ihn nicht geärgert!«, brüllte Aisling.
Henry fuhr sie an. »Du ärgerst ihn andauernd, verdammt noch mal! Vom ersten Tag an, seit ich ihn mit nach Hause gebracht habe. Du packst ihn, triezt ihn, nimmst ihm das Futter weg. Kein Wunder, dass er dich gebissen hat. Er ist ein Kater, der seinen eigenen Willen hat. Kein Plüschtier. Er will einfach nur in Ruhe gelassen werden.«
»Ich glaube nicht, dass wir uns in diesem Ton unterhalten sollten«, sagte seine Mutter steif. Sie starrte Henry einen Augenblick lang an. »Tatsache ist, dass er deine Schwester angegriffen hat und dass sie jetzt blutet. Sie könnte sich Tetanus holen oder sonst eine Infektion. So etwas können wir nicht einfach ignorieren. Ich war sowieso von Anfang an dagegen, dass wir ihn hier zu uns nehmen.«
Henry sah seiner Mutter direkt in die Augen. »Warum ist er im Käfig?«, fragte er zum dritten Mal.
Sie sah weg, zur Seite. »Oh, also, wir werden ihn nicht einschläfern lassen, wenn es das ist, was du denkst. Anaïs holt gerade den Wagen. Wir bringen ihn zum Tierarzt, um ihn kastrieren zu lassen.«
Einen Augenblick lang stand Henry einfach nur da wie vom Donner gerührt. Dann sagte er: »Du lässt ihn kastrieren, weil er Aisling gekratzt hat? Zur Strafe?«
»Nein, natürlich nicht«, sagte seine Mutter ungeduldig. »Er wird einfach nur viel ruhiger sein, wenn er kastriert ist. Keine Leute mehr angreifen.« Sie schnüffelte. »Und sehr viel sauberer.«
»Mama, er hat in seinem ganzen Leben noch nie jemanden angegriffen außer Aisling, und das nur, weil sie ihn ärgert. Sie ärgert ihn die ganze Zeit. Und was soll das heißen, sauberer?«
»Kater-Urin«, sagte seine Mutter. »Sie markieren ihr Territorium. Ich glaube, nicht mal du möchtest diesen Geruch im Haus haben.«
»Er spritzt nicht im Haus herum«, sagte Henry. »Er hat noch nie im Haus herumgespritzt. Vielleicht spritzt er ein bisschen in den Garten, aber das ist doch was anderes.«
»Die haben doch gar nicht die Wahl«, sagte seine Mutter beschwichtigend. »Das ist ihr natürliches Revierverhalten, wie ich schon gesagt habe, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis er anfängt, das auch im Haus zu tun. Wir alle haben beschlossen, dass es besser ist, etwas zu unternehmen, bevor er wirklich damit anfängt.«
»Nicht alle«, sagte Henry sofort. »Wir haben das nicht alle beschlossen. Du und Aisling und wahrscheinlich auch Anaïs haben das beschlossen. Ich habe überhaupt nichts beschlossen. Ich bin nicht mal gefragt
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