Elfenwinter
und Rosenblätter. Das Becken war in den Fels eingelassen und schien nicht sehr tief zu sein. Blasser Dampf stieg vom Wasser auf und strich Ollowain sanft über das Gesicht. Der Grund des Beckens war unregelmäßig gestaltet und forderte dazu auf, sich lang hinzustrecken. Neben dem Bassin stand ein niedriger, marmorner Massagetisch. Eine mit Leder gepolsterte ovale Öffnung lud dazu ein, den Kopf hineinzubetten. Die feuchtwarme Luft des Bades war vom Geruch exotischer Blüten geschwängert. Der Duft machte träge und schläfrig.
Ollowain kehrte zu dem Lager zurück. Er streifte die grob gewobenen Kleider ab, die ihm Alfadas geschenkt hatte, und streckte sich auf der Decke aus Schneehasenfellen aus. Wunderbar zart streichelten die Pelze seine Haut.
Nach dem Treffen im Pavillon hatte Landoran darauf bestanden, sie vor den Rat der Ältesten zu führen. Auch diese hatten ohne Umschweife zugestimmt, als es darum ging, Lyndwyn die Befehlsgewalt über Phylangan zu übertragen. Dieses Übermaß an Vertrauen passte so gar nicht zu seinem Volk, dachte Ollo-wain. Nie zuvor hatten sie sich jemandem unterworfen. Sie lehnten es auch seit Jahrhunderten ab, zum Fest der Lichter zu kommen, um dort Emerelle als Königin zu huldigen. Und nun beugten sie sich dem vermeintlichen Befehl der Herrscherin. Etwas stimmte hier nicht!
Selbst darüber, ein kleines Heer aus der Welt der Menschen als Waffenbrüder im Kampf gegen die Trolle zu dulden, war nicht lange polemisiert worden. In der Debatte war es allein um Nebensächlichkeiten gegangen wie etwa, was Menschen denn aßen oder wie man genügend Amulette aufbieten könnte, um sie vor der tödlichen Kälte der Snaiwamark zu schützen. Allerdings hatte Landoran es rundheraus abgelehnt, dass die Fjordländer Phylangan durch den Albenstern in der Himmelshalle betraten. Er wollte, dass sie ein Tor, etwa dreihundert Meilen entfernt, in den Ausläufern der Slanga-Berge nutzten. Ein kleiner Trupp Elfen sollte sie dort erwarten und hinauf auf die Eisebene führen, von wo aus sie nach Phylangan segeln würden. Landoran erläuterte, es sei klüger, wenn die Menschen zunächst nur wenige Elfen sahen, um sich an sie zu gewöhnen. Und sie sollten das Land kennen lernen, in dem sie Krieg führen würden. Auch wollte man versuchen, sich schon auf der Eisebene mit den Kentauren zu vereinen. All dies klang sinnvoll, und doch hatte Ollowain das Gefühl, dass der Fürst nur Vorwände suchte, um sie möglichst lange von Phylangan fern zu halten. Und der ganze Rat hatte Lyndwyn hofiert. Immer wieder musste sie den Albenstein zeigen. Und sie hatte drei oder vier Mal die erlogene Geschichte erzählt, wie Emerelle ihr den Stein anvertraut hatte. Waren sie alle blind? Oder vertrauten sie Lyndwyn, weil sie mit ihm gekommen war, dem aufrichtigen Krieger? Wieder und wieder kreisten seine Gedanken um diese Fragen.
Etwas drückte sanft auf seine Schläfen. Er war eingeschlafen. Hände legten sich zärtlich auf seine Wangen, glitten in seinen Nacken und begannen die verspannten Muskeln zu kneten.
Ollowain schlug die Augen auf. Über ihn beugte sich ein blasses Frauengesicht. Die Iris ihrer Augen war rot wie Blut. Das Haar streng zurückgesteckt, schneeweiß. Auch ihre Haut war von makellosem Weiß, sah man von den dünnen blauen Adern ab, die sich darunter abzeichneten. Ollowain hatte die Elfe noch nie zuvor gesehen. »Wer bist du?«
»Lysilla, aus dem Volk der Normirga«, sagte sie ruhig, während sie weiter seinen Nacken massierte. Träumte er noch? Ol-lowain sah sich unsicher um. Die weiße Kammer war wie für ihn geschaffen. Zu vollkommen, um Wirklichkeit zu sein? Obwohl… Landoran wusste vielleicht noch, mit welcher Besessenheit er als Kind die Farbe Weiß verehrt hatte. Eine Zeit lang wollte er sogar nur weiße Nahrung zu sich nehmen.
Ollowain spannte den Nacken, um Lysilla, die hinter ihm stand, besser sehen zu können. Sie trug ein enges, blütenweißes Wickelkleid. Er musste lächeln. Das war ein Traum!
»Du willst mich also ansehen. Verspann dich nicht! Sag etwas!« Lysilla trat seitlich ans Bett. Ihre Hände legten sich angenehm wann auf seine Brust. Kurz presste sie seine Brustwar-zen zwischen Daumen und Zeigefinger. Ein wohlig-warmes Schaudern durchlief Ollowain. Schon griffen ihre Hände nach seinem Hals. War das doch kein Traum?
»Wer schickt dich?«
»Niemand. Sie haben von dir erzählt, Ollowain. Aber niemand schickt mich.« Ihre Hände strichen über seine Augen. »Sieh mich nicht an. Sieh gar
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