Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes - Themsen, V: Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes
aufgefallen sein, dass meine Ernährung hier unten etwas dürftig ist, obwohl Yggdrasils Saft sehr nahrhaft ist ... Aber einen hübschen Happen Fleisch, so klein er auch sein mag, schlage ich nicht aus.«
Rian nahm ihren Speer und sprang auf. Sofort kam auch David auf die Beine und zog seinen Dolch. »Was ist los?«
»Er will uns das Geheimnis nicht verraten«, antwortete Rian. »Stattdessen will er uns als Spielzeuge behalten oder fressen oder auch beides.«
»Betrüger!«
»Danke für das Kompliment.« Der Drache schnaubte eine Flamme aus. »Wenn ich es mir so überlege, könnte es vielleicht noch lustiger sein, euch das Geheimnis zu verraten und dann zu beobachten, wie ihr immer wieder zu entkommen versucht, bis ihr entweder resigniert oder ich euch aus Langeweile oder Hunger aufgefressen habe. Also, spitzt eure hübschen Ohren, meine kleinen Elfchen ...«
»Unterstehe dich«, klang in diesem Moment eine hohe Stimme auf, die schon fast ein Quietschen war. »Wage es nicht, etwas zu verraten! Der Adler ist unterwegs; er bringt die Hirsche mit und alle anderen Wächter des Baumes! Warte nur, die werden dich zurechtstutzen, wenn du die Regeln brichst!«
»Die Regeln?« Bewegung kam in Nidhögg, sein riesiger Leib richtete sich auf, während sein Kopf zu einer winzigen Gestalt herumfuhr, die auf der Wurzel hin und her huschte. »Ich werde dir sagen, wo du und deinesgleichen sich ihre Regeln hinschieben können«, donnerte er und schnob helle Flammen in Richtung des Wesens. Das Eichhörnchen sprang geschickt zur Seite, rannte die Wurzel hinauf und fiepte ohrenbetäubend.
»Oder besser noch«, fuhr Nidhögg fort, »ich werde deinem heiß geliebten Gipfelgeier heute einmal höchstpersönlich ausrichten, was ich von ihm halte. Wenn er sich schon herbemüht, kann ich mich kaum lumpen lassen, oder?«
Weit holte der Drache mit seinem Schwanz aus und ließ ihn gegen die Höhlenwand donnern. Gesteinsbrocken lösten sich und polterten zu Boden. Rian glaubte, die Höhle müsse einstürzen, als die Erschütterung den Boden zittern ließ. Erschrocken legte sie die Hände auf die Ohren. Wieder holte Nidhögg aus, und Rian glaubte bereits, er habe vor Wut den Verstand verloren. Doch dieser Schlag hinterließ einen breiten Riss in der Wand, und als sich der Drache drehte und mit seinem Körper dagegen drückte, brach sie ein. Kalte Luft wehte in die Höhle, die seit Äonen versiegelt gewesen war, und ein schwacher goldener Schimmer war zu sehen.
»Die Kluft«, flüsterte Rian. »Sie führte direkt hinter seiner Höhle entlang – und wir haben es ihm gesagt!«
»Oh ja, und besten Dank dafür«, tönte Nidhöggs Stimme durch die Kammer. »Aber jetzt entschuldigt mich, ich habe eine Verabredung mit einem alten Feind.«
Der Drache stieg über die Trümmer, streckte die Flügel aus und sprang. Ein Windstoß fegte Rian und David von den Beinen. Dann war es plötzlich still.
»Bei Arianrhods Rad«, flüsterte Rian. »Was haben wir getan?«
David legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Wir können nichts dafür. Die Umstände waren außerhalb unserer Kontrolle.«
Rian starrte David an. »Und wer kann etwas dafür? Warum kommt alles, was ewig war, jetzt so leicht ins Wanken?«
David wirkte auf einmal sehr müde. »Wer weiß? Ich kann nur sagen, dass wir so schnell wie möglich hier rausmüssen.«
»Raus ...« Rians Blick ging zur Tür und von dort zu dem Loch in der Wand. »Wir könnten erneut den Schal der Lufttochter nehmen.«
David zog den Stoff aus der Tasche. »Aber damit kann nur einer von uns hinaus.«
»Nein.« Entschlossen griff Rian nach dem Tuch. »Es muss einen Weg für uns beide geben.«
Es gab den Weg, und Rian fand ihn. Alles, was sie der Lufttochter für diesen letzten Dienst versprechen musste, war die Freiheit. Gemeinsam trieben sie im Schutz des Tuches durch die Kluft an die Oberfläche, und als sie neben dem Bogen der Wurzel standen, nahm der Luftgeist das Tuch mit einem Auf juchzen unter seine Macht und löste es bis auf das letzte Fädchen auf.
Doch all das erschien den Zwillingen unwichtig gegenüber dem, was um sie herum geschah.
Ein riesenhafter Adler lieferte sich mit Nidhögg einen Kampf, unter dem Luft und Erde erbebten. Ein Ast Yggdrasils ging unter Nidhöggs Feueratem in Flammen auf, und im nächsten Moment donnerten die beiden ineinander verkeilten Gegner gegen den Stamm der Weltenesche. Gemeinsam stürzten sie auf den Boden, dessen Schneedecke zu einem riesigen Matschfeld geworden war. Lehm
Weitere Kostenlose Bücher