Elfenzorn
ich«, bestätigte Eirann, fügte aber dann eine Bewegung hinzu, die eher an eine Mischung aus einem Schulterzucken und einem angedeuteten Achselzucken erinnerte. »Zumindest können wir euch sagen, woher Nandes’ Silber stammt.«
»Woher?«, fragte Torman scharf. Sein Begleiter schwieg, aber er wirkte mit einem Male so angespannt, als suchte er nur noch nach einem weiteren Vorwand, um sich auf Eirann zu stürzen.
Es war allerdings Alica, die antwortete, nicht der Schattenelb. »Gemach, geehrter Schild«, sagte sie. »Zuvor solltet Ihr uns vielleicht noch eine Frage beantworten.«
»Was fällt dir ein, Mädchen?«, zischte Landras. »Du weißt anscheinend nicht, mit –«
»Die geehrte Alischa«, unterbrach ihn Torman, »weiß recht genau, mit wem sie redet, Schild. Und genau das ist auch der Grund für ihr Misstrauen. Ich an Ihrer Stelle würde wohl nicht anders reagieren. Deshalb werde ich Ihre Frage auch beantworten.«
»Obwohl ich sie noch gar nicht gestellt habe?«, fragte Alica.
Torman lächelte knapp. »So schwer ist sie nicht zu erraten«, sagte er. »Ich glaube, ich wäre enttäuscht, hättet Ihr sie nicht gestellt. Elfenborg erkennt die Erhabene –«, er verbeugte sich knapp in Pias Richtung, » – als die wahre Prinzessin Gaylen an, die wie vorhergesagt wiedergeboren wurde, um uns in der Stunde der höchsten Not beizustehen.«
»Na, da sind wir aber beruhigt«, sagte Alica spöttisch. »Und ich hatte schon Angst, es wäre da zu einem bedauerlichen Missverständnis zwischen uns gekommen. Wie dumm von mir. Verzeiht einem armen naiven Mädchen, das sich auf dem rutschigen Parkett der Diplomatie nicht so gut auskennt.«
»Man verliert in der Tat sehr schnell die Übersicht im Dickicht der Politik«, bestätigte Torman, verbeugte sich gerade noch eine Spur zu tief, um es wirklich noch ehrerbietig aussehen zu lassen, und drehte sich ganz zu Pia um.
»Ich überbringe Euch die Grüße Elfenborgs und die Einladung an den Hof, um dort den Platz einzunehmen, der Euch von Rechts wegen zusteht.«
»Originell«, sagte Alica.
»Die Truppen in meiner Begleitung sind zu Eurem persönlichen Schutz bestimmt«, fuhr Torman unbeirrt fort. »EureLeibgarde, die der Hochkönig von Elfenborg schickt, um über Eure Unversehrtheit zu wachen. Mein Befehl lautet, sie Eurem persönlichen Kommando zu unterstellen.«
»Die Erhabene hat bereits eine Leibwache«, sagte Eirann.
Torman nickte fast bedächtig. »Ich hatte gehofft, dass wir unsere Meinungsverschiedenheiten beilegen können, nun, wo sich die Prophezeiung zu erfüllen beginnt.«
»Was will der Kerl von dir?«, knurrte Jesus’ Stimme an ihrem rechten Ohr.
»Nichts Besonderes«, antwortete Pia. »Nur deinen Job.«
Ganz eindeutig zu ihrem Erstaunen reagierte Jesus mit einem leisen Lachen. Es klang vollkommen ehrlich. »Ja, genauso sieht er auch aus. Das ist also Torman. Irgendwie hätte ich ihn mir größer vorgestellt.«
»Was ich im umgekehrten Fall nicht sagen kann.« Torman lächelte zwar, richtete sich aber trotzdem zu seiner vollen Größe auf und straffte sogar die Schultern. »Ihr entsprecht genau meinen Vorstellungen, Ter Lion ... nur dass man mir gesagt hat, Ihr wäret tot. Ich bin froh zu sehen, dass das nicht stimmt.«
»Was hat er gesagt?«, fragte Jesus.
»Ich sagte –«, begann Torman, und Pia hob rasch die Hand und unterbrach ihn:
»Ihr müsst meinem Freund verzeihen, Schwert. Er ist noch nicht lange hier und versteht Eure Sprache nicht.«
»Aber er spricht sie ausgezeichnet«, sagte Torman misstrauisch.
»Ich weiß«, sagte Pia. »Und trotzdem ist es so. Ich erkläre es Euch gerne, aber nicht jetzt. Es ist ... kompliziert.«
»Wem sagst du das«, seufzte Alica.
»Es wäre gar nicht schlecht, wenn du es mir bei Gelegenheit auch einmal erklären würdest«, sagte Jesus verdrießlich.
»Bei Gelegenheit«, versprach Pia. »Wenn ich es wirklich selbst verstanden habe.«
Jesus sah sie noch missmutiger an, richtete sich ohne einweiteres Wort wieder auf und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust, machte aber zugleich einen halben Schritt nach vorn, sodass er nun neben ihrem Stuhl stand und nicht mehr dahinter. Ja, dachte Pia. Das konnte noch heiter werden. Schwert Torman und Jesus würden bestimmt ganz dicke Freunde werden.
Gamma Graukeil warf seinen abgenagten Hühnerflügel zielsicher (und ohne hinzusehen) über die Schulter zurück auf den Teller, von dem er ihn genommen hatte, wischte sich die fettigen Finger an der Hose ab und
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