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Elfmeter fuer die Liebe

Elfmeter fuer die Liebe

Titel: Elfmeter fuer die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lex Beiki
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zu verzeihen. Ich kippte mehr Badeschaum ins einlaufende Wasser.
    Draußen war es wunderbar dunkel und still, eine Nacht, wie man sie sich wünschte. Der Mond hing groß und bleich inmitten der Sterne, ein einsamer Hirte, der seine Herde zählt. Ich öffnete das Fenster und lauschte. Tagsüber hatte ich mir abgewöhnt, Türen oder Fenster zu öffnen, das Risiko war mir einfach zu hoch, dass Dinge in meines Großvaters schönes, altes Haus kamen. Die Natur und auch die Menschheit konnten meinetwegen getrost vor sich hin existieren, aber sie hatten nichts in meinem Haus zu suchen. Die einzige Ausnahme war Holly, Muse und Traumfängerin, aber die war mit Anbruch der Dunkelheit verschwunden. Sicher zog sie mit diesem Cicisbeo von Kater um die Ginsterbüsche. Holly, ansonsten eher unsozial veranlagt, hatte vor einigen Wochen den einzigen schwarzen Kater der Nachbarschaft kennengelernt, mit dem sie nun in jeder freien Minute die Vorgärten unsicher machte. Wenigstens hatte eine von uns beiden ein Liebesleben.
    Und weil Holly nicht da war, hielt ich, in der Wanne sitzend, eine deutlich verbesserte Version des vorigen Interviews vor einem imaginären Publikum ab.
     
    Natürlich rief Iris (Agentin) mich am nächsten Morgen an, um mir erstens zu dem Fernsehinterview zu gratulieren, falls man es eines nennen konnte, und um sich zweitens nach der ersten Rohfassung von „Lampionsturm“ zu erkundigen.
    „Liebe Güte, Evelin!“, zirpte sie, als ich erwähnte, dass sich meine Fortschritte mit dem Roman gegen Null bewegten. „Wir haben die Deadline doch schon um einen Monat nach hinten verschoben. Bitte sag mir nicht , dass du noch mehr Zeit brauchst.“
    „Natürlich nicht“, log ich und starrte in meinen mich leer angähnenden Kühlschrank. Milch würde ich kaufen müssen, wenn ich meine gewohnte Schüssel Müsli mit der Neige essen wollte. Das Dilemma war greifbar: den letzten Schütt Milch für das Müsli opfern und auf den Tee verzichten, oder anders herum? Die Agonie war kaum auszuhalten.
    „Das heißt, du bist wirklich in zwei Wochen fertig?“, klang es aus dem Telefonhörer; als zweifelte meine eigene Agentin und selbsternannte Cheerleaderin an meinen Fähigkeiten!
    „Zweieinhalb“, korrigierte ich sie deswegen leicht schnippisch. Ein bisschen Vertrauen in mich wäre an dieser Stelle wohl angebracht gewesen, auch wenn ich natürlich bis dahin keineswegs fertig sein würde. Wie auch? Ich hatte ja keine Ahnung, wie es weitergehen sollte! Ich konnte nichtmal darauf hoffen, von einem Auto angefahren zu werden, um, im Krankenhaus liegend, eine stichfeste Ausrede zu haben für eine weitere Aufschiebung der Deadline – ich verließ mein Haus ja nicht mehr. Eine Sehnenscheidenentzündung vielleicht, aber dazu müsste ich erstmal wieder tippen. Als wäre es nicht schon lästig genug, eine Onlinebestellung beim Supermarkt aufzugeben und den halben Tag auf den Lieferanten zu warten. Das Eremitendasein erwies sich von Tag zu Tag als stressiger.
    „Hör mal, Evelin, ich mache mir Sorgen um dich“, führte Iris aus, die das Bemuttern ihrer Klienten einfach nicht abstellen konnte. Man konnte sie dafür allerdings auch nicht nicht mögen, dazu war sie zu herzlich. „Seit du in dein merkwürdiges kleines Exil gegangen bist, scheint es dir immer schlechter zu gehen.“
    Ich protestierte: „Ich protestiere. Du siehst das aus der völlig falschen Richtung, Iris. Es geht mir schlecht, deswegen bin ich ins – und ich weigere mich, es als Exil zu betiteln! Es ist eine persönliche Auszeit von…“, ich suchte, den Müslilöffel in der Luft verharrend, nach den passenden Worten, „von der Welt. Man muss sich auch mal selbst finden dürfen, finde ich.“
    „Vergiss nur nicht, dass auch andere Leute dich finden dürfen sollten.“
    In der Tat versuchte ich, genau das zu verdrängen. Die Welt hatte mich schmählich behandelt und ich hatte mich von ihr abgewandt. Da draußen wurde einem das Herz herausgerissen, darauf herumgetrampelt und dann auch noch darüber gelacht. Hier drinnen allerdings – hier war ich sicher vor allem Schmerz. Nur der Kopf tat mir weh, aber dagegen gab es wenigstens Tabletten. Ich sah überhaupt nicht ein, mich wieder dem ganzen Sozialstress auszusetzen, der vor meiner Tür herrschte; meine eigene kleine Welt erschien mir so viel friedlicher, so freundlich und sympathisch. Für immer würde ich darin bleiben, wie die Nachtigall in ihrem goldenen Käfig, bloß, dass ich mir den Käfig selbst gebaut hatte.

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