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Elfmeter fuer die Liebe

Elfmeter fuer die Liebe

Titel: Elfmeter fuer die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lex Beiki
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schien, und wenn es Evelin Sirup auch noch gab – wer steckte dann in ihrem Körper, der ja eigentlich meiner war, und führte mein Leben, das jetzt nicht mehr meines war , während ich ein Leben führte, das jemandem gehörte, der jetzt in meinem war ? Meine Kopfschmerzen, die mich bis dahin geschont hatten, kehrten mit voller Wucht zurück.
    Roxana legte beruhigend eine Hand quer über den Küchentisch auf meine Schulter. Sie wirkte weder beunruhigt noch verwundert; lediglich mitfühlend. Ich mochte sie auf Anhieb. Roxana war der Typ, den nichts aus der Fassung bringen konnte, der immer einen Lösungsansatz parat hatte.
    „Jetzt holst du einmal tief Luft, Tobias. Und dann gehst du und spielst die beste Fußball-EM, die du kannst.“
    Meine Panik, Hysterie und Überforderung entluden sich in einem kurzen, überdrehten Auflachen. Alles, was schlimmer kommen kann, kommt schlimmer – nie war mir so deutlich bewusst gewesen, dass diese Aussage das Motto meines Lebens zu sein schien.
     
    Es dauerte nicht lange, da fuhr besagter Cem, bester Freund und Mannschaftskollege Tobias‘ vor. Er wurde freudig begrüßt, mit Kaffee und einem Stück Apfeltorte bedrängt, das er fröhlich annahm. Der junge Mann schien ein gern gesehener Gast im Hause Weizenfeld zu sein. Wie ich aus seinem Gespräch mit Else herausfilterte, fuhr die deutsche Nationalmannschaft in einer knappen Stunde mit dem Bus nach Frankreich, wo das gesamte Team für die Zeit der EM, oder jedenfalls für die Zeit solange es daran teilnahm , in einem Hotel in Paris untergebracht war.
    Cem Duygu war meiner Schätzung nach etwa 22 Jahre alt. Als wir endlich das Haus verließen, legte er mir einen Arm um die Hüfte, trotz Protests, und geleitete mich fürsorglich zu seinem Auto. Wie Tobias ließ er sich wohl gerade einen Bart stehen; über seinem unrasierten Kinn leuchteten loyale Rehaugen, die mich während der Fahrt nach Köln immer wieder besorgt musterten. Mehr als einmal erkundigte er sich, wie es mir ginge; dann nickte ich und rang mir zwischendurch sogar ein Lächeln ab. Ich hatte beschlossen mitzuspielen. Wenn sogar Roxana, die einen russischen Glückstalisman um den Hals trug und selbstgefilzte Pantoffeln an den Füßen, sich nicht darauf einließ, dass ich nicht ich war, würden es meine übrigen Mitmenschen erst recht nicht. Und auch wenn mir für einen Moment ein Zimmer in der Psychiatrie geradezu verlockend vorkam, fühlte ich in mir einen Widerstand aufkeimen. Ich musste irgendwie die Zeit finden, bei mir zuhause anzurufen – und damit meinte ich meines Großvaters Anwesen, wo Holly und vielleicht ein junger Fußballspieler gerade ihr Unwesen trieben. Eventuell war das alles ein großes Missverständnis und ließ sich mit einem Anruf aus der Welt schaffen. Ich stellte mir das Gespräch in etwa so vor:
    „Guten Morgen, bitte entschuldigen Sie die Störung, aber ich scheine in Ihrem Körper erwacht zu sein.“
    „Potzblitz! Ich dachte schon, dass etwas nicht stimmte. Sie haben Recht. Was für eine ärgerliche Situation.“
    „Wir sollten uns treffen und bei Mitternacht im Vollmondschein an einer Weggabelung ein Aspirin verbuddeln. Das hilft, habe ich im Internet gelesen.“
    „Sie dürfen nur das geheime Tanzritual nicht vergessen.“
    „Niemals. Auch das Ziegenopfer sollten wir bedenken. Wir treffen uns also heute Nacht?“
    „An den Bahngleisen hinter dem Einkaufszentrum. Ich werde da sein.“
    „Gut, bis dann. Passen Sie mir nur gut auf meinen Körper auf in der Zwischenzeit.“
    „Aber selbstredend. Das gleiche gilt für Sie. Auf Wiederhören.“
    Bis ich dafür allerdings einen geeigneten Zeitpunkt fand, musste ich mitspielen und wenigstens so tun, als sei alles in Ordnung. Trotzdem versuchte ich, so wenig wie möglich von mir zu geben. Im Moment hatte ich noch Narrenfreiheit, dachten doch all e ich litte unter den Nachwehen eines Nervenzusammenbruches. Doch das würde sich schon bald legen und dann wollte ich kein Misstrauen wecken.
    Cem hielt vor einem luxuriösen Apartmentkomplex, zu dem sein Wagen passte wie Sekt zu Kaviar. Auf dem Weg zur Wohnung – Penthouse, wie sich herausstellte – ließ ich ihm wie zufällig den Vortritt, hoffend, er wüsste den Weg. Den Schlüssel hatte ich bereits während der Autofahrt gesucht und konnte nun glänzen, indem ich ihn lässig, als hätte ich diese Bewegung schon vielfach ausgeführt, zum Vorschein kramte. Die Tür glitt lautlos auf; für alles andere wäre sie auch viel zu teuer gewesen.
    Die

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