131 - Der Mörder aus dem Totenreich
Das kleine Theater am Soho Square war seit Wochen ausverkauft. Karten waren nur noch auf dem Schwarzmarkt zu überhöhten Preisen zu kriegen.
Oder wenn man das Glück hatte, mit Lilian McFane, der Hauptdarstellerin des hervorragenden Boulevardstücks, bekannt zu sein, und das war meine Freundin Vicky Bonney.
Sie hatte Lilian bei einer Autorenpräsentation kennengelernt. Die Schauspielerin hatte aus Werken zeitgenössischer Autoren vorgelesen, darunter auch aus einem Buch von Vicky.
Schon während der Vorbereitungen für diese Veranstaltung hatten Vicky und Lilian ihre Sympathie füreinander entdeckt, und der Kontakt war bestehen geblieben.
Beide Mädchen bedauerten, daß sie wenig Zeit hatten, sich zu sehen, doch ab und zu klappte es, und während des letzten Treffens - Lilian war damals gerade beim Proben gewesen - hatte die Schauspielerin gesagt: »Das Stück wird ein großartiger Erfolg, davon sind alle, die damit zu tun haben, überzeugt. Du mußt es dir unbedingt ansehen. Ich werde dir zwei Karten schicken - für dich und deinen Freund Tony Ballard.«
Sie hatte Wort gehalten, und nun saßen wir in der ersten Reihe, die Schauspielertruppe verbeugte sich, und wir klatschten uns die Hände heiß.
Vicky ließ sich sogar zu begeisterten Bravorufen hinreißen. Die junge blonde Schauspielerin blickte zu uns herunter und lächelte uns dankbar an.
Sie war eine Erzkomödiantin, der das Spielen im Blut lag. Sie hatte in diesem facettenreichen, pointenbeladenen Stück alle Register ihrer Kunst gezogen und uns immer wieder zum Szenenapplaus verleitet.
Der Abend war ein Teil der Highlight-Kette, von der ganz London sprach. Es war ausgemacht, daß wir nach der Aufführung mit Lilian essen würden. Ich hatte einen Tisch für drei Personen in einem Nobelrestaurant reserviert und freute mich darauf, die Bekanntschaft der bezaubernden Künstlerin zu machen.
Dazu war es bisher leider noch nicht gekommen. Sie war zwar schon zweimal in meinem Haus in Paddington gewesen, aber beide Male hatte ich durch Abwesenheit geglänzt.
Ich trug einen schwarzen Smoking mit Fliege, hatte mich für diesen Abend festlich herausgeputzt, um neben meiner blonden Freundin bestehen zu können. Vicky sah in ihrem Modellkleid aus glitzerndem Brokat hinreißend aus. Wenn sich meine Augen in ihren raffinierten Ausschnitt verirrten, kamen mir Gedanken, die der Zensur zum Opfer gefallen wären, wenn ich sie niedergeschrieben hätte.
Die anstrengenden Tage von Budapest [1] und die darauffolgende Entführung unseres Flugzeugs [2] lagen hinter uns. Eine Woche süßen Nichtstuns hatte mir merklich gutgetan. Ich fühlte mich großartig und hoffte, daß dieses Hoch recht lange anhielt.
Die Schauspieler traten auch noch einzeln vor den Vorhang, und als Lilian kam, geriet das Publikum außer Rand und Band. Dieses saubere, natürliche Mädchen war wieder einmal der Star des Abends. Ihr Spiel war so unverfälscht und lebensecht, daß man sie einfach in sein Herz schließen mußte.
Privat war sie genauso, hatte mir Vicky gesagt, deshalb konnte ich es kaum erwarten, daß meine Freundin mich ihr vorstellte.
Lilian verschwand hinter dem Vorhang, und der Theatersaal begann sich langsam zu leeren. Die Schauspielerin würde sich nun abschminken und umziehen.
Daß der Tod in ihrer Garderobe auf der Lauer lag, konnte niemand ahnen.
***
Der Unheimliche hieß Buzz Janssen, Er war nicht normal, kleidete sich verrückt, verehrte den Satan, praktizierte Teufelsriten und verstand sich auf schwarzmagische Künste, die sich jedoch auf einer der untersten Stufen bewegten. Er war kein Meister seines Faches, obwohl er sich das einbildete, seit es ihm gelungen war, Kontakte zu Atax, der Seele des Teufels, und Mago, dem Schwarzmagier und Jäger der abtrünnigen Hexen, herzustellen.
Es war ihm gelungen, mit diesen Dämonen zu sprechen. Asmodis in sein Haus zu zitieren war ihm bisher nicht möglich gewesen, aber er gab die Hoffnung nicht auf, daß es ihm eines Tages glücken würde, diesen großen Gast bei sich begrüßen zu können.
Janssen hielt sich für ein Werkzeug der Hölle. Was er machte, glaubte er im Auftrag der schwarzen Macht zu tun. Er vermeinte, ein Missionar des Bösen zu sein.
Mord hieß die Mission, die es zu erfüllen galt. Immer wieder. Um der Hölle gefällig zu sein. Buzz Janssen verglich sich gern mit Jack the Ripper, dessen grausame Taten er übertreffen wollte.
Der Wahnsinnige legte einen erschreckenden Eifer an den Tag. Unermüdlich zog er durch
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