Elizabeth II.: Das Leben der Queen
dieses von Goldblatt verzierte Reden über die kleinen Berühmtheiten in ihrer Obhut. Selbst Hitler ist ja in der Literatur mit einer niedlichen Äußerung über die zehnjährige Elizabeth vertreten: «England kann glücklich sein, die kleine Prinzessin zu haben, ein fabelhaftes Kind.» Den Beleg verdanken wir Diana Mosley, geborene Mitford, die 1936 in der Berliner Wohnung von Joseph Goebbels den Anführer der englischen Faschisten geheiratet hatte, Oswald Mosley, weil in London der Boden für das den Nazis allzu eng verbundene Paar zu heiß geworden war; Hitler fungierte als Trauzeuge. Seinen Ausspruch finden wir in Diana Mosleys 1980 erschienener Biografie der Herzogin von Windsor, ihrer engen Freundin aus langen gemeinsamen Pariser Jahren.
Die meisten Lebensbeschreibungen der Queen tun Crawfies Buch als freundliches Elaborat ab und übersehen dabei, welche Einblicke es uns in bestimmte Aspekte der Sozialgeschichte Englands in den 30er und 40er Jahren schenkt. Auch was die Gouvernante, obgleich immer liebenswürdig, an manchen Plänen der Yorks für ihre Töchter auszusetzen hatte, ist unschätzbar als Begleitkommentar zum Werden der heutigen Queen. Man kann schon nachvollziehen, dass die Eltern empört waren über Spuren der Unbotmäßigkeitbei der eigenwilligen Schottin. Wer darf sich unterstehen, ein Urteil zu formulieren wie «Der Herzog und die Herzogin von York waren nicht übermäßig besorgt um die höhere Erziehung ihrer Töchter»? Um dann leicht herablassend fortzufahren: «Wichtig war ihnen eine glückliche Kindheit, mit einer Menge angenehmer Erinnerungen für kommende Tage, und später dann eine glückliche Heirat.» Solches gab es in den offiziell sanktionierten Büchern nicht zu lesen. Das war es, was die Familie gegen Crawfie aufbrachte, nicht die 21 geringfügigen Ungenauigkeiten, die man dem Buch anzuhängen versuchte.
Miss Crawford hatte sich der noch nicht ganz siebenjährigen Lilibet in der Royal Lodge vorgestellt, dem Landsitz der Yorks im Windsor Great Park, in einer Szene, die klassisch geworden ist. Elizabeth sitzt im Bett, kommandiert imaginäre Pferde, Zügel fest in der Hand. Auf die Frage der neuen Nanny, ob sie im Bett üblicherweise so herumfahre, antwortet das Mädchen: «Ich drehe meistens eine oder zwei Runden im Park, ehe ich schlafen gehe, weißt du. Die Pferde müssen bewegt werden.» Eines der beliebtesten Spiele der Prinzessin mit ihrer Erzieherin wurde dann auf Jahre hinaus, Crawfie Geschirr anzulegen und sie mit roten Zügeln, mit Glöckchen behangen, zu fiktiven Häusern zu dirigieren, um dort fiktives Gemüse vorbeizubringen, «wobei sie ausführliche Gespräche führte mit ihren imaginären Kunden».
Einprägsam berichtet Marion Crawford über die Leidenschaft der späteren Königin für Ordnung und Prozedur – William Shawcross spricht in seinem Buch «Queen and Country» von 2002 sogar vom «Fetisch Ordnung». Der bringt die Prinzessin dazu, «mehrmals in der Nacht aufzustehen und nachzuschauen, ob ihre Kleider auch säuberlich weggelegt, die Schuhe ordentlich aufgestellt sind». Ein gnadenloses Regime wie ihr Vater von seinem Vater, George V., – man erinnere sich an die einschlägigen Szenen in «The King’s Speech» – hatte Elizabeth zwar nicht zu erdulden, im Gegenteil, denn der Herzog von York ging mit seinen Töchtern liebevoll um. Freilich, während er Margaret manche Tollheit nachsah, pflanzte er der Älteren früh den ernsten Sinn für Verantwortung ein, die er als George VI. dann exemplarisch vorlebte. Doch es waren die Spurenvon Alla und Bobo, die Marion Crawford, das neue Kindermädchen, vorfand, Disziplin auf allen Wegen, aber von Elizabeth entsprechend einer ihr innewohnenden Veranlagung befolgt. Es zeigte sich an kleinen Details – an der Art, wie sie ihre Kleider abends weglegte oder auch wie sie und ihre Schwester sich beim Naschen von Kandiszucker verhielten. «Margaret nahm alles in die Hand und stopfte es sich auf einmal in den Mund. Lilibet sortierte die Stücke sorgfältig vor sich auf dem Tisch, trennte die kleinen von den großen, um sie dann sehr anmutig und methodisch aufzuessen.»
Ernster wird es bei Crawford, wenn sie über die abgeschirmte Lebensweise der Prinzessinnen schreibt und über ihre eigene Entschlossenheit, den Horizont ihrer Schützlinge zu erweitern und sie mit der Welt außerhalb der isolierenden Mauern ihrer Herkunft in Kontakt zu bringen. Bei Spaziergängen im Hyde Park, wenn sie Glück haben und nicht erkannt
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