Elke im Seewind
hübschen Zimmerlinde zuerkannt.
Beim zweiten Preis muß Fräulein Brunkhorsts Stimme den Ausschlag geben. Zwei haben für Ruth Behne und ihre Pelargonie gestimmt, zwei für Elke und zwei für Käte. Fräulein Brunkhorst findet, daß Ruth den Preis verdient, denn daß ihre Pflanze so stakig geworden ist, dafür kann sie nichts. Das liegt in der Art der Pflanze. Alles, was Ruth niedergeschrieben hat, zeugt von echter Sorgfalt für ihren Pflegling, erklärt die Lehrerin und freut sich, daß Ruth eine der Preisträgerinnen sein wird. Das kleine, zarte Mädelchen kann es so gut brauchen.
Nun kommt der dritte Preis an die Reihe, und Elke erklärt sehr bestimmt, daß sie nicht wieder genannt sein wolle. Sie habe von Anfang an gesagt, daß sie keinen Preis verdiene.
„Sonderwünsche gelten nicht“, erwidert Fräulein Brunkhorst lachend, denn sie kennt Elke. Dem Mädel ist es durchaus ernst mit seiner Strenge gegen sich selbst. Die Kinder schreien und fuchteln durcheinander. Wenn Elke ausscheidet, stehen nur noch Käte und Hilde zur Auswahl, und das wollen Lotti und Käte nicht, weil Hilde mit ihrem kümmerlichen Kaktus ja sowieso ausscheidet. Fräulein Brunkhorst ist gespannt, wie sich die Mädel einigen werden. Sie weiß, daß fast so etwas wie ein heimlicher Groll besteht gegen Kätes Mutter, die ihren Kindern immer wieder zu guten Zeugnissen für die Hausarbeiten verhilft. Schnell wird es klar, daß Elke nicht aus dem Wettbewerb ausscheiden darf. Selbst Käte ist jetzt dieser Meinung.
Wenige Augenblicke danach ist alles entschieden. Elke hat den dritten Preis erhalten, und Lotti sagt Käte auf den Kopf zu, daß ihre Mutter ja doch fast den ganzen Lebenslauf geschrieben hätte, das merkte man doch deutlich. Worauf Käte ehrlich genug ist einzugestehen, daß ihre Mutter „mitgeholfen“ hat, und außerdem, fügt sie ein wenig schnippisch hinzu, brauche sie gar keinen Preis; sie hätten Geld genug, um sich alles kaufen zu können, was sie gern haben möchte. Das stimmt übrigens durchaus, denn Kätes Eltern besitzen eine gutgehende Schlachterei.
Aber das Allerwichtigste steht nun ja noch bevor: Fräulein Brunkhorst muß sagen, worin die Preise bestehen. Sie hat bis jetzt sehr geheimnisvoll damit getan und lediglich erklärt, daß alle drei Preise ganz gleich seien.
Kurz danach bricht ein wahrer Begeisterungssturm bei den drei Preisträgerinnen los. Sie hampeln mit Armen und Beinen, umarmen einander und stoßen wilde Freudenschreie aus.
Fräulein Brunkhorst hat folgendes gesagt: „Ihr wißt, daß meine Mutter und Schwester auf der Nordseeinsel Amrum ein kleines Fremdenheim haben. Nebel heißt das Dorf, in dem sie wohnen, die Pension heißt Haus Halligblume. Eine Freundin von mir, die nicht mit Namen genannt sein will, hat für drei Kinder eine vierwöchige Ferienreise nach Haus Halligblume auf Amrum gestiftet. Ich gratuliere euch dreien herzlich. Es wird bestimmt eine schöne Zeit für euch werden. Hoffentlich geben eure Eltern euch die Erlaubnis, daß ihr die Reise machen dürft.“
Elke platzt fast vor seliger Aufgeregtheit. Vati und Mutti haben zwar gesagt, daß Jens und Gisela und sie diese Sommerferien mit Tante Lisbeth in den Harz fahren sollen, aber an der See ist es doch viel schöner als im Harz, findet sie, und außerdem kostet es ja nichts. Elke ist fest überzeugt, daß ihre Eltern ihr erlauben werden, mit nach Amrum zu fahren.
Bei der kleinen blassen Ruth liegen die Verhältnisse so, daß sie noch niemals verreist gewesen ist. Sie ist die älteste von sechs Geschwistern, und ihr Vater ist Gelegenheitsarbeiter. Wenn ihr Zeug nur gut genug ist, daß sie damit verreisen kann! Sie spricht diese Besorgnis ganz ehrlich aus, und Elke in ihrer raschen, warmherzigen Art kommt sofort mit einem hilfreichen Vorschlag.
„Ach, Ruth,“ sagt sie, „an der See braucht man doch nichts als eine kleine Strandhose und einen Schwimmanzug. Ich bin letztes Jahr furchtbar gewachsen und kann meine Sachen gar nicht mehr brauchen. Ich kann dir alles leihen, was du haben mußt. Meine Eltern erlauben das, das weiß ich bestimmt.“ — Lotti glaubt nicht, daß es Schwierigkeiten machen wird, daß sie mit darf. Sie ist sonst immer mit ihrer Oma verreist gewesen, aber die Oma ist im vergangenen Winter gestorben.
Käte und Hilde bekommen als Trostpreis jede ein Tierbuch. Kätes Buch ist etwas dicker. Im übrigen ist Käte durchaus einverstanden damit, daß sie keine Seereise gewonnen hat. Sie fährt mit ihrer Mutter und ihren
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