Elke im Seewind
es aus.“ Fräulein Brunkhorst kennt diesen schwungvollen Stil. Es ist der von Kätes Mutter, die es sich bei keinem ihrer Kinder hat nehmen lassen, die Hausaufsätze für sie zu machen, i Elke schreibt ganz anders. In ihrem Kalenderbuch steht
als Eintragung vom 15. August zu lesen: „Also so was — ich denke, nun ist es aus mit dem Blühen von meiner Fuchsie. Diesen Sommer wird nichts mehr draus. Aber da guck ich genauer hin, und da sitzen da an allen Zweigenden winzige rote Spieße, zu süß, und Vati sagt, das sind alles Knospen.
18. August. Meine Schwester Anke sagt, Fuchsien bringen Unglück. So’n Quatsch. Vati sagt auch, was kann eine Blume dafür, wenn einer Pech hat. Sie tut doch nichts, als daß sie dasteht und so hübsch ist. Aber die Leute wollen immer einen Sündenbock haben, und sie geben dann sogar Blumen die Schuld, sagt Vati.“
Eine dritte Eintragung, die im Frühjahr gemacht wurde, lautet: „Wie meine Fuchsie bloß auslegt, sie wächst wie verrückt und hat auch schon Blütenknospen. Ich hab’ ein bißchen weißes Pulver auf die Erde getan, das hat Mutti mir neulich aus der Stadt mitgebracht. Großartig eigentlich — so ein bißchen Pulver bloß, und daraus macht sich die Pflanze dann alles.“
Lotti Krause, die pummelige, rotbäckige Friseurstochter, hat außer ihrer Pflanze, einer meterhohen Zimmerlinde, und deren Lebenslauf, auch noch einen ganzen Schuhkarton voll von gepreßten Blättern mitgebracht. Sie hat sie sehr sorgfältig gepreßt, so daß die behaarten, gelben und braunen Herzformen mit den ausgesägten Rändern ganz wunderhübsch zur Geltung kommen. Lottis Aufzeichnungen bestehen darin, daß sie ganz regelmäßig jeden Monat einmal ihre Beobachtungen niedergeschrieben hat. Da heißt es zum Beispiel: „Meine Linde hat nun schon zwei Seitentriebe, und oben an der Spitze wird es auch schon wieder ganz dick und puschelig und mit kleinen Haaren. Da kommen die neuen Blätter. Der Stamm ist schon ganz braun wie ein richtiger Stamm.“ Das Nette an Lottis Aufzeichnungen ist, daß jedesmal eine kleine, sehr saubere Zeichnung beigefügt ist.
Ruth Behne ist ein bißchen enttäuscht über ihre englische Pelargonie. Die hat sich nämlich nicht darin aufhalten lassen, ganz lang hochzuschießen. Unten sind die Blätter alle abgefallen. Im ersten Sommer war die Pelargonie sehr hübsch. Ihre Blätter standen an kurzen Zweigen dicht beieinander, und es kamen immer neue Blütenbüschel, ähnlich wie bei den ihr verwandten Pflanzen, den Geranien, nur daß hierbei den englischen Pelargonien die Blüten nicht einfarbig rot oder rosa, sondern lilarötlich mit einem dunkelblauen Herzen waren.
Hilde Martens endlich hat einen Blätterkaktus gepflegt. Gepflegt ist eigentlich ein zu großartiges Wort, denn selbst heute, wo festgestellt werden soll, welches die besten Pflanzen sind, hat sie vergessen, den Staub von seinen glatten grünen Flächen zu wischen. Es sieht aus, als wenn der Zimmerstaub der ganzen zwei Jahre niemals entfernt worden wäre. Der ganze Wuchs des Kaktus ist dementsprechend dürftig, und Hilde gibt selber zu, daß sie eigentlich nur gekommen ist, „weil ihr Kaktus nicht ausgegangen ist“. Die Aufzeichnungen lauten monatelang immer gleich, nämlich so: „Alles dasselbe wie immer.“ Und dabei ist es doch gerade bei Kakteen so nett zu beobachten, wenn die neuen Gliedchen als flache, braune Punkte erscheinen und schnell immer größer und praller werden. O ja, auch bei einem „langweiligen“ Kaktus gibt es immer wieder vielerlei Nettes zu sehen, aber dafür muß man wohl ein Auge haben.
Fräulein Brunkhorst macht schließlich den Vorschlag, daß sie alle zusammen darüber abstimmen wollen, wie die Preise verteilt werden sollen. Aus den Lebensläufen ist das Wichtigste vorgelesen, und die Blumentöpfe selber stehen vor den Kindern und ihrer Lehrerin nebeneinander auf einer Schulbank. Da Fräulein Brunkhorst erwartet hatte, daß viele Kinder kommen würden, hatte sie nämlich ihren Klassenraum in der neuen Schule zum Treffpunkt ausersehen.
Ja, Fräulein Brunkhorst hat sich nun doch entschieden, daß sie die Preise verteilen will. Schließlich soll ja die getreue, zweijährige Wartung der Pflanzen belohnt werden, und was macht es dabei aus, ob fünf, fünfzehn oder fünfundzwanzig an dem Wettbewerb teilnehmen? Die Hauptsache ist, daß die drei Preisgekrönten ihre Auszeichnung wirklich verdienen.
Der erste Preis ist schnell vergeben.
Er wird einstimmig Lotti Krause und ihrer
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