Ella auf Klassenfahrt
mit dem er getrommelt hatte, blieb an dem Scheibenwischer hängen.
Als wir dann alle im Flugzeug saßen, waren wir schrecklich stolz auf unseren Lehrer. Er war ein Held. Er hatte ein richtiges Flugzeug für uns angehalten. Der Flugkapitän war zurückgefahren und hatte uns einsteigen lassen. Sogar den Lehrer, nachdem seine Frau geschworen hatte, dass er eigentlich ganz harmlos und kein bisschen gefährlich sei.
»Na schön«, hatte der Flugkapitän gesagt. » Unser Lehrer sagte immer, auch Hartnäckigkeit muss belohnt werden – wenn einer schon kein Talent hat.«
Ein bisschen hatten wir auch Mitleid mit dem Lehrer, vor allem weil sie ihm seinen Schuh nicht wiedergegeben hatten. Den behielten sie auf dem Flughafen als Beweismaterial, falls er später eine Anzeige wegen Gefährdung des Flugverkehrs bekam.
Außerdem hatte er sich bei seinem Sturz am Po verletzt. Jedenfalls konnte er nicht mehr sitzen, und beim Start musste er auf allen vieren neben zwei Hunden im Mittelgang stehen. Wir wussten nicht, ob unser Lehrer Hunde mochte. Aber vor allem hofften wir, dass die Hunde unseren Lehrer mochten.
»Wo wir hinfliegen, braucht man zum Glück keine Schuhe«, seufzte der Lehrer, als das Flugzeug endlich in der Luft war. »Wenn ich das hier alles ertrage, dann bei dem Gedanken, dass wir bald in samtweichem Sand liegen werden. Föhnwinde streicheln zart unsere sonnengebräunte Haut. Wir lauschen der Stille der Wüste und dem Heulen der Kojoten im Mondschein.« Er hörte sich an, als redete er mit den Hunden.
Wir fanden, dass unser Lehrer komisch aussah, wie er da auf allen vieren stand und sein Gesicht ins Fell der beiden Hunde kuschelte. Sein Po ragte in die Höhe wie bei einer Ente.
»Meine Damen und Herren, mein Name ist Oksanen, ich bin Ihr Käpt’n. Auch im Namen meiner Crew heiße ich Sie herzlich willkommen auf dem Flug nach Kittilä«, verkündete der Flugkapitän durch den Lautsprecher.
»Ich wusste gar nicht, dass Kittilä im Ausland ist«, wunderte sich Pekka.
Unser Lehrer schwieg. Aber es sah aus, als hätte er plötzlich Tränen in den Augen. Wahrscheinlich reagierte er allergisch auf die Hunde.
3
Wir mussten alle schrecklich lachen, als wir hörten, dass der Lehrer die Nummer falsch von seinem Zettel abgelesen hatte. Wir waren zum Flugsteig 6 gerannt. Wir hätten aber zum Flugsteig 9 rennen müssen. Dass sechs nicht neun war, hatten wir schon in der ersten Klasse gelernt, und jetzt waren wir auf dem Weg nach Lappland statt ins Ausland.
Der Einzige, der darüber überhaupt nicht lachen konnte, war der Lehrer. Er war jetzt ganz hinten im Flugzeug. Dort saß er mit den Hunden in einer kleinen Extrakabine, die vorne Gitterstäbe hatte. Kurz davor hatte er einen kleinen Streit mit der Stewardess gehabt.
Stewardessen heißen die Tanten, die im Flugzeug mitfliegen, damit man nichts falsch macht und was zu essen und trinken bekommt, das hatte uns der Lehrer erklärt.
»Kehren Sie sofort um!«, hatte der Lehrer gesagt.
»Ein Flugzeug kann nicht umkehren«, hatte die Stewardess geantwortet.
»Dann fliegen Sie eben rückwärts!«, hatte der Lehrer gesagt.
»Sagen Sie, was wollen Sie denn eigentlich?«, hatte die Stewardess gefragt.
»Ich will gar nichts. Ich will nur nicht nach Kittilä!«
»Dieser Flug geht aber nach Kittilä.«
»Ich verlange, dass Sie sofort umkehren, oder ... oder ...«
»Oder was?«, hatte die Stewardess gefragt.
»Oder ich lasse Sie nachsitzen«, hatte der Lehrer gedroht.
»Soll das eine Drohung sein?«, hatte die Stewardess gefragt.
»Jawohl!«, hatte der Lehrer siegessicher gesagt. »Ich lasse Sie nachsitzen und schreibe dem Flughafen einen blauen Brief, wenn Sie nicht sofort dafür sorgen, dass das Flugzeug ins Ausland fliegt.«
Wir hatten gar nicht gewusst, dass Stewardessen so stark sind. Jedenfalls hatte die Stewardess unseren Lehrer einfach gepackt und nach hinten zu der Extrakabine getragen. Die Hunde waren freiwillig hinterhergetrottet.
Die Frau des Lehrers hatte von alldem nichts bemerkt. Sie hatte die ganze Zeit das Heftchen über die Sicherheitsmaßnahmen im Flugzeug gelesen.
In der kleinen Extrakabine redete der Lehrer mit den Hunden.
»Na, auch auf dem Weg ins Ausland?«, hörten wir ihn fragen.
Uns war es eigentlich egal, ob wir jetzt ins Ausland flogen oder sonst wohin. Hauptsache, wir flogen überhaupt wohin. Und das taten wir ja. Die Reise hatten wir gewonnen. Bei einem Preisausschreiben. Unser Klassenfoto war zum Foto des Jahres gewählt worden. Und
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