Ella und das große Rennen
einer der Affen abgehauen, das war eine Riesensauerei. Es ist ihm nämlich gelungen, die Küchentür aufzubrechen und drinnen in den Suppentopf zu kacken, bevor ich ihn wieder einfangen konnte. Dreimal dürft ihr raten, was die Direktorin zu dem Essen an dem Tag gesagt hat. Es gab übrigens Rosinensuppe. Und ihr habt falsch geraten: »Lecker!«, hat sie gesagt und sich die Lippen geleckt.
Manchmal versuche ich, ihnen etwas beizubringen. Es hat aber leider keinen Wert. Sie lernen nichts. Besonders der Größte von ihnen, ihr Anführer, führt sich ganz unmöglich auf. Erst gestern hat er mir wieder eine lange Nase gedreht. Ich habe ihm natürlich auch eine gedreht, aber das hat ihn nur noch mehr aufgestachelt, und zum Schluss hat er mir ... ihr wisst schon was gezeigt. So sind sie eben. Es ist ihre Natur, wie man uns schon während der Ausbildung beigebracht hat. Es war eine gute Ausbildung, und man hat uns auch beigebracht, was zu tun ist, wenn einer von ihnen richtig wütend wird und uns anzugreifen droht. Das Einzige, was dann hilft, ist, sich wegzudrehen, die Hose runterzulassen und ihnen das Hinterteil zu zeigen. Zum Glück ist es bei mir noch nicht so weit gekommen, aber wer weiß?
Zwischendurch können die Affen aber auch nett sein. Vor allem der Kleinste von ihnen ist niedlich und will sich immer an mir festklammern. Leider riecht er aus dem Hals, als hätte er ein Fass alten Kabeljau gefressen. Wenn er mir dann noch das Gesicht ablecken und Läuse aus den Haaren zupfen will, wird es schlimm.
Aber sonst habe ich nichts gegen die Kleinen. Verglichen mit ihren Eltern sind sie richtige Herzchen. Erst gestern musste ich wieder dazwischengehen, als ein Vater sein Kleinstes an den Füßen packte und auf einen Baum schmiss. Ich habe den Vater erst mal aus dem Verkehr gezogen. Er sitzt jetzt ein paar Tage bei Wasser und Bananen und kann über sein schlechtes Benehmen nachdenken.
Im Großen und Ganzen ist es hier auszuhalten. Nur die Schüler sind unglaublich anstrengend. Sie kommen her, streuen überall Erdnüsse herum und bleiben zwischen den Käfiggittern stecken. Wir haben schon überlegt, wie es wäre, wenn wir gar keine Kinder mehr hereinlassen würden. Wie wunderbar ruhig es wäre, und wie viel leichter wir unserer Arbeit nachgehen könnten. Nun ja, das wird wohl ein frommer Wunsch bleiben. Aber ich verstecke mich schon seit geraumer Zeit, wenn ich Schüler kommen sehe. Ich sitze in meinem Versteck, esse Bananen und schaue den lärmenden und ungezogenen Kindern aus sicherer Entfernung zu. Ich brauche nur darauf zu warten, bis es ihnen langweilig wird, dann gehen sie. Wenn wirklich einmal ein paar Hartnäckige darunter sind, die nicht gehen wollen, stürze ich schreiend und lärmend aus der Deckung, dann erschrecken sie sich zu Tode und rennen davon.
So ist mein Arbeitstag.
Wer ist Martti?
Für den Rest des Tages war der Lehrer richtig gut gelaunt. Während des Musikunterrichts holte er sogar sein Akkordeon heraus und spielte uns das Lied vom Pechvogel mit den Ziegeln, obwohl wir die Schulnacht nicht mal erwähnt hatten.
In der Finnischstunde spielten wir dann ein Spiel, bei dem man Gesichtsausdrücke vormachen musste, und die anderen mussten sie raten. Timo runzelte die Stirn und sah klug aus. Hanna lachte über Timo und sah fröhlich aus. Tiina sah so normal aus, wie sie nun mal ist, und ich sah überrascht aus, weil niemand rauskriegte, wie ich aussah. Mika sah erst komisch aus und dann verheult, weil die anderen nicht draufkamen, dass er einfach nur aufs Klo musste. Mika ist unsere Heulsuse. Der Rambo sah wütend aus, weil er eigentlich gar nicht mitmachen wollte, und Pekka schmiss sich auf den Boden und streckte alle viere von sich, aber der Lehrer ließ es nicht gelten, weil das angeblich kein Gesichtsausdruck war.
»Doch«, behauptete Pekka. »Ich sehe fix und fertig aus.«
»Ich wahrscheinlich auch«, sagte der Lehrer, was uns überraschte, weil er sich gar nicht auf den Boden schmiss.
Nach dem Mittagessen hatten wir dann nur noch Sport und spielten Verstecken.
Hanna und ich versteckten uns zusammen bei den Schaukeln, weil wir in Ruhe miteinander reden wollten.
»Ich glaube, ich bin gerade dabei, mich zu verlieben«, gestand ich Hanna.
»Nein! In wen denn? Ist es jemand aus unserer Klasse?«, fragte Hanna neugierig.
Wir sahen, wie Timo sich hinter seinem Buch versteckte und Mika vor der Mülltonne stand und weinte, weil er nicht dahinterpasste. Der Rambo stand vor ihm und drohte, ihm eine
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