Elysion: Roman (German Edition)
wahrscheinlich eine Mischung aus Angst und Schuldgefühlen wegen des Missgeschicks im Wald. Ein Teil von Cooper wollte zu ihr gehen und ihr sagen, dass es nicht ihre Schuld sei und dass sie es ja nur gut gemeint hatte, als sie mit dem Baseballschläger auf den Malach losgegangen war. Doch ein anderer Teil war stocksauer und bestimmt nicht weniger ängstlich als Stacy.
Cooper bemerkte, dass sie seit etwa zehn Minuten unaufhörlich ihre eigene Unterlippe mit zwei Fingern knetete. Sie fühlte sich schon ganz taub an. Ärgerlich steckte sie die Hand in die Tasche.
»Was ist los, Coop?«
»Keine Ahnung, Posterboy. Sag du’s mir.«
Brent grinste und zeigte ihr den Stinkefinger. Wenn sie etwas an ihm mochte, dann dass er im Gegensatz zu Stacy einen kleinen verbalen Tritt zwischen die Beine durchaus vertragen konnte, ohne gleich an ihrer Freundschaft zu zweifeln.
Freundschaft? War das wirklich das richtige Wort für das, was sie mit Brent und Stacy verband? Brent war ein selbstverliebter Angeber, der seine Freundin wie einen Haufen Dreck behandelte und keine Gelegenheit ausließ, Cooper zu frotzeln. Aber wenn es hart auf hart kam, konnte man sich auf ihn verlassen, und das war Cooper mehr wert als irgendwelche warmen Gefühle.
Und Stacy? Irgendwie war sie schon immer da gewesen, schon seit sich Coopers Erinnerungen zu zusammenhängenden Zeiträumen ordneten. Fast wie eine Schwester oder jedenfalls das, was Cooper sich darunter vorstellte. Eine neurotische Schwester ohne jegliches Selbstwertgefühl. Für das harte Leben in der Stadt ungeeignet und für die Jagd kaum zu gebrauchen. Aber tief innen wusste Cooper eben, dass auch Stacy, wenn es darauf angekommen wäre, ihr Leben für sie riskiert hätte, so wie Cooper umgekehrt auch. Das war einfach klar. Aber sie und Stacy waren schon ein seltsames Pärchen. Der Tomboy und die Ballprinzessin.
Das Einzige, was ihr ein ewiges Rätsel bleiben würde, war die Beziehung von Stacy und Brent. Es war, als würde Stacy regelrecht darum betteln, von ihm gedemütigt zu werden. Dabei war sie bis weit über ihr Viertel hinaus das hübscheste Mädchen.
Im Gegensatz zu Stacy, der ihre Schönheit auf seltsame Weise fast peinlich schien, war Brent ganz von sich eingenommen. Oft kam es Cooper vor, als ob Stacy kaum mehr als eine Trophäe für ihn war, die er aber nach Belieben runtermachen durfte.
Cooper besah sich aus den Augenwinkeln sein jungenhaftes Gesicht. In der alten Welt wäre er bestimmt der Sänger irgend so einer lächerlichen Boygroup gewesen. Er ließ sich an der Wand nach unten rutschen, bis er mit angewinkelten Knien auf dem Boden saß.
»Du hattest doch was eingeworfen«, sagte Cooper.
Brent sah sie missmutig an. Sie wusste, dass er es hasste, wenn sie ihn vor Stacy auf seinen Teerkonsum ansprach, aber das war ihr jetzt egal. Mit genug Teer in den Adern könnte er vielleicht durch die Falltür, um sie dann von außen zu öffnen, vorausgesetzt, es gab keine Wachen.
»Zu lange her. Ich bin schon wieder runter«, murmelte er und tippte wie zum Beweis mit den Fingerspitzen auf den Boden. Kein Flackern, kein Durchdringen von Materie und für Cooper die Gewissheit, dass Brent sich innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden in ein aggressives Nervenbündel verwandeln würde. Brent war längst abhängig. Das war ein offenes Geheimnis. Allerdings war es besser, in seiner Gegenwart nichts darüber zu sagen.
»Meinst du, McCann wird uns suchen?«, fragte er.
Cooper zuckte mit den Schultern. »Früher oder später schon, fürchte ich.« Sie bezweifelte allerdings, dass es wirklich gut für sie war, wenn McCann sie fand.
»Hm, lieber früher, wenn’s nach mir geht«, entgegnete Brent unverdrossen.
»Ob er uns hier jemals findet, ist ’ne andere Frage.« Cooper sah, wie Stacy wieder leicht zu zittern begann. »Hey, ich hab’s nicht so gemeint, Stace. Er findet uns bestimmt. Ich meine, wir sind wahrscheinlich gar nicht so weit vom normalen Treffpunkt entfernt. Okay?«
Stacy löste den Blick nicht von ihren Zehen. Cooper überlegte gerade, was sie noch sagen konnte, als sich der Lichtfleck vor ihren Füßen schlagartig verdunkelte.
Über ihnen schwang die Klappe auf. Cooper sah, wie sich die Blicke der drei Mädchen nach oben richteten, als hätte dort der Blitz eingeschlagen. In ihren Augen lag nackte Angst.
Im gleißend hellen Quadrat der Öffnung erschien der dunkle Umriss eines Kopfes und verharrte dort eine Weile. Cooper versuchte das Gesicht zu erkennen, aber je
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