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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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herab, den linken hielt er über das spärliche Haupthaar. Über ihm, die Hand auf seinem Hinterkopf, als wolle er ihn segnen, die Silhouette von einem von McCanns Spießgesellen. Sie sah, wie sich seine Finger über Freddys beginnender Tonsur aufzulösen schienen. Flackernd, flimmernd, irrlichternd, als wären sie eine jener verschlissenen Werbeholografien, die man noch hier und dort in der Stadt vorfand. Sie hatte diesen Anblick schon so viele Male gesehen. Teer, dachte sie angewidert.
    Die Finger glitten in Freddys Schädel wie in Gelee. Der Körper des Physiklehrers verfiel in ein krampfhaftes Zucken, als hätte man ihn unter Strom gesetzt. Ein paar Sekunden nur, dann zog McCanns Mann die Hand zurück. Freddy erschlaffte und fiel vornüber. Sein Mörder schritt davon, ohne Cooper oder die Leiche eines Blickes zu würdigen.
    Während man Cooper, Brent und Stacy in ein bereitstehendes Auto verfrachtete, krachten hier und dort einzelne Schüsse. Andere Freddys, dachte Cooper und fühlte sich immer noch wie betäubt. Die Bedeutung des eigenen Gedankens kratzte kaum an der Oberfläche ihres Bewusstseins, und auf einmal war sie unendlich dankbar für diese seltsame Glaskugel, die sie zu umgeben schien.
    Dann fielen ihr die anderen Mädchen aus dem Verlies ein. Gerade wollte sie den Fahrer des Wagens auf die Schulter tippen, um ihn zu fragen, als ein paar schmale Finger ihr Handgelenk ergriffen. Stacy, die zwischen ihr und Brent eingeklemmt war, blickte ihr warnend in die Augen und schüttelte den Kopf.
    Cooper biss sich auf die Lippen, dann nickte sie. Stacy hatte recht. Vielleicht hatten sich die beiden unten im Schatten verborgen, und niemand hatte sie bemerkt. Und vielleicht war es besser, nicht sofort wieder zur Beute zu werden, auch wenn die Mädchen kaum den Eindruck gemacht hatten, in der Lage zu sein, sich selbst zu versorgen. Vielleicht. In diesem Moment beneidete Cooper sie jedenfalls um die Freiheit des Augenblicks. War es besser, in Freiheit zu verhungern, als zum Haustier von einem von McCanns verlausten Handlangern zu werden? Cooper wusste, wie sie die Frage für sich selbst beantwortet hätte.
    Während der Wagen, an verwilderten Vorgärten vorbei, über Schlaglöcher, alte Wrackteile und anderen Unrat, in Richtung Innenstadt rumpelte, fiel Cooper in den bleiernen Schlaf totaler Erschöpfung. Im Traum erschien ihr der Malach. Sein lippenloser Mund sprach zu ihr, doch seine Worte waren unhörbar. Plötzlich überzogen sich seine Muskeln und Sehnen mit feiner, bleicher Haut, und Shauna stand vor ihr. Wortlos ergriffen Shaunas Finger ihren rechten Augapfel, und sie zog sich ihn aus dem Gesicht, als wäre er nur ein provisorisch eingepasstes Bauteil. Dann hielt sie Cooper das blutige Auge auf ihrem Handteller hin, als handelte es sich um eine böse Frucht.
    »Nimm«, sprach sie mit eigentümlich kehliger Stimme.
    Cooper sah ihre eigene Hand. Sah, wie sie den Augapfel mit spitzen Fingern ergriff. Das blutige Ding fühlte sich seltsam warm und trocken an. Zwischen ihren Fingerspitzen zuckte und drehte sich die Iris von links nach rechts. Sie presste das Auge in ihr eigenes Gesicht. Schmerz explodierte in ihrem Schädel, und im Traum verlor Cooper das Bewusstsein.

    McCann war ein Ehrfurcht gebietender Mann. Irgendwer hatte Cooper einmal erzählt, dass er in einem früheren Leben Chirurg und Chefarzt einer jener teuren Privatkliniken gewesen war, in der stinkreiche Leute ihre Körper mit künstlichen Organen aus dem Bioplotter hatten optimieren lassen. Cooper konnte sich das zwar nicht wirklich vorstellen, aber wenn sie irgendetwas an ihm benennen wollte, das dieses Gerücht hätte untermauern können, dann waren es seine Hände. Schlanke, erstaunlich feingliedrige Hände. Eher geeignet für das Spielen eines Saiteninstruments, das Formen einer Skulptur oder das Zusammennähen winziger Blutgefäße, aber bestimmt nicht für die klobige Neunmillimeter, die darin lag.
    Das Nächste, das an ihm auffiel, waren die Augen. Hätte man Cooper zu irgendeinem anderen Zeitpunkt gefragt, welche Farbe sie hatten, sie hätte keine Antwort darauf gewusst, wohl aber, dass man McCanns innerstes Selbst jederzeit darin erkennen konnte. Sein Blick brannte wie der heiße Kern eines Planeten. Ein Geist, der alles versengte, was ihm in den Weg trat.
    »Und wo ist mein Teer?«
    Die Frage klang eher beiläufig. Sein Blick schien gelangweilt durch die Weite der Hotellobby zu schweifen, die das Hauptquartier seiner Gang bildete.

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