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Endithors Tochter

Titel: Endithors Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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er oder besser.«
    Osumu kicherte. »Was soll ich mit Geld? Damit bezahlte Euer Vater mich nicht.«
    Erschrocken fragte Areel: »Womit denn?«
    »Trinkt Euren Wein, junge Frau.«
    »Sklaven oder Sklavinnen? Habt Ihr das von ihm verlangt? Oder etwas für Eure Zauberei, das Ihr noch nicht hattet?«
    Osumu schwieg.
    »Habt Ihr seine Seele gekauft, alte Frau?«
    »Ich verlangte – ihn«, murmelte die Hexe. »Bitte – trinkt!« Plötzlich begann sie wieder zu kichern. »Die Bezahlung, die ich von Eurem Vater forderte, war, dass er mich liebte! Entsetzt Euch das? Ah-ha-ha! Ja, ja! Kennt Ihr denn kein Verlangen, junge Frau? Glaubt Ihr, dieses Verlangen erlischt, wenn der Körper altert?«
    Bei dem Gedanken an ihren Vater und diese Frau war Areel tatsächlich flüchtig entsetzt. Aber sie war gut darin, ihre Gefühle nicht zu zeigen. Sie erwiderte Osumus Kichern mit einem verächtlichen Lächeln, und beschloss, sich von dieser abscheulichen alten Frau nichts mehr gefallen zu lassen. Sie griff nach dem letzten Stück im Beutel.
    »Trinkt Euren Wein, Endithors Tochter.«
    »Gleich, wenn ich fertig bin. Kennt Ihr das?« Sie streckte den Dolch aus, den Endithor in seinem Ritual benutzt hatte.
    »Möglich.«
    »Habt Ihr meinem Vater auch diesen magischen Dolch verkauft?«
    Osumus Pupillen verengten sich. »Könnte sein. Worauf wollt Ihr hinaus mit …«
    »Ich möchte, dass Ihr ihn Euch anseht, Osumu.« Areel beugte sich langsam vor. Die vergoldeten Schnörkel am Griff schimmerten im schwachen Lampenschein. Die Klingenspitze deutete auf die alte Frau. Osumu wich plötzlich verängstigt zurück.
    »Hier.« Areel deutete. »Seht Euch den Abdruck auf der Klinge fast unmittelbar am Schaft an …«
    Und dann bewegte sie die Hand. Die Dolchspitze, die sich etwa eine Handlänge von Osumus Gesicht entfernt befunden hatte, schien vorwärts zu springen. Bücher und Kelche klapperten auf den Boden.
    Osumu zuckte zurück, schneller als Areel es für möglich gehalten hätte. Trotzdem hatte die Klingenspitze einen Kratzer auf der grauen runzligen Haut zurückgelassen, aus dem nun Blutstropfen ›sickerten.
    »Junge Hure!« zischte Osumu. »Habt Ihr deshalb …« Plötzlich schienen die Worte ihr im Hals steckenzubleiben und sie sagte nichts mehr.
    Areel lehnte sich zurück und wischte die Klinge an der Binsenmatte ab. Zusammengekauert fiel Osumu rückwärts, prallte gegen die Wand und kam auf verschränkten Beinen zu sitzen. Ihre Augen brannten zornerfüllt, als sie Areel anstarrte. Ihre Kehle rasselte, doch sie brachte kein Wort heraus. Ihre Hände zitterten und verkrampften sich zu knochigen Klauen, aber ansonsten vermochte sie sie nicht zu rühren.
    »Etwas Saft der Dingpflanze, alte Hexe«, sagte Areel gleichmütig. »Ihr werdet schließlich daran sterben, doch im Augenblick genügt es, dass Ihr gelähmt seid.« Schnell packte sie die mitgebrachten Sachen wieder in ihren Lederbeutel, dann griff sie nach dem Weinkelch, der nicht vom Tisch gerollt war. Als sie ihn an die Lippen hob, blickte sie Osumu an.
    »Nei-ein«, beschloss sie. »Ich bin wohl doch nicht so durstig. Was, Osumu? Möchtet Ihr, dass ich trinke? Möchtet Ihr das, alte Hexe? Habe ich recht, wenn ich Gift in diesem Kelch vermute?«
    Osumus Augen wurden etwas stumpfer, aber sie starrte Areel weiterhin an.
    »Ja, ich glaube, ich vermute wahrhaftig Gift in ihm, Osumu. Vielleicht sollte ich lieber nicht selbst trinken? Vielleicht sollte ich erst jemanden kosten lassen?« Areel stand auf und ging mit dem Kelch um den niedrigen Tisch herum. Sie beugte sich über die Alte, die die Augen vor Verzweiflung rollte, weil sie den Kopf nicht bewegen konnte. »Koste, Hexe!«
    Sie drückte den Becherrand an die halboffenen Lippen der Alten und kippte ihn. Der größte Teil des Weins rann über das Kinn hinunter, aber ein wenig sickerte doch in den Mund.
    Areel beobachtete Osumu. »Wirkt offenbar nicht sehr schnell, eh, Hexe? Und das Ding gift braucht bis zum Abend, bis es Euch endlich tötet. Es wird ein schmerzhafter Tod sein – und das ist auch gut so, denn Ihr habt es verdient für das, was Ihr meinem Vater angetan habt. Doch das würde bedeuten, dass Ihr noch lebt, wenn ich Euch verlasse, und diese Gefahr kann ich nicht eingehen. Was passiert, wenn ich ein wenig des vergifteten Weines in Eure Augen tropfe?«
    Ein Röcheln entquoll Osumus Kehle – ihr hilfloser, vergeblicher Versuch zu schreien.
    »Ja, ja, Gift in den Augen müsste schnell ins Blut gelangen, und geradewegs in Euer

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