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Endithors Tochter

Titel: Endithors Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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gefunden hatten. Unwillkürlich stand er auf, um an der Klingelschnur zu ziehen und so seine Männer herbeizurufen, aber gerade, als er danach griff, hielt er mitten in der Bewegung inne. Eine Nebentür schwang auf und Kus trat ein. Nalor senkte die Hand.
    Der Zauberer wirkte nicht mehr so bleich wie früher am Abend. Geschmeidigen Ganges schritt er auf Nalor zu, erreichte den breiten Schreibtisch und stützte die Hände leicht auf das polierte Holz.
    »Sie haben den jungen Soldaten nicht gefunden?« Kus’ Augen brannten in Nalors.
    »Nein. Diese Dummköpfe.«
    »Ihr werdet die Suche fortsetzen?«
    »Ja, natürlich. Aber wenn sie ihn nicht finden können …« Nalor blickte Kus forschend an.
    »Ihr wollt, dass ich Euch helfe, Nalor?«
    »Gewiss könnt Ihr, mit Euren vielen Fähigkeiten, ihn leicht aufspüren und mir sagen, wo er sich versteckt hält.«
    Kus zuckte, die Schultern. »So einfach, wie Ihr meint, ist es nicht. Aber wie auch immer, Sendes ist nicht Euer Gegner. Er ist lediglich ein Subuk – die schwächste Figur auf dem Spielbrett, Nalor – und ein anderer lenkt ihn. Nein, er ist ganz sicher nicht Euer Gegner und schon gar nicht Euer Feind. Er wurde vergangenen Abend durch irgendwelche Mittel oder Willensübertragung dazu verleitet, gegen Euch vorzugehen.«
    »Das ist möglich?«
    »Es ist sogar sicher. Ich spüre etwas von der Macht, die ihn lenkte. Obgleich sie schwach war, ist noch ein Hauch davon zu spüren. Sporen im Wind.«
    »Und wer ist mein Feind? Doch nicht …?«
    »Natürlich. Ganz sicher Areel, Endithors Tochter.«
    »Aber sie versteht doch nichts von Zauberei.«
    »Das tat Endithor auch nicht, bis Ihr ihn angewiesen habt, sich derartiges Wissen zu verschaffen. Ich bin sicher, sie hat den jungen Mann hypnotisiert und ihn zu Euch geschickt, damit er Euch töte.«
    Nalor erbebte vor Grimm. »Dann wird sie gleich am Morgen verhaftet und am Mittwoch enthauptet!«
    »Vorsicht, Nalor! Man flüstert bereits hinter Eurem Rücken. Ihr müsst Vorsicht walten lassen.«
    »Ich werde eine ganze Armee zu ihrem Haus schicken.«
    Kus lächelte schief. »So groß sind ihre Zauberkräfte nicht – noch nicht. Schickt einen Bogenschützen, sie zu erschießen, während sie schläft. Es muss ein heimlicher Mord sein, Nalor, denn man kennt schon zu viele öffentliche Verbrechen, derer Ihr Euch schuldig gemacht habt.«
    Nalor verzog verächtlich die Lippen. »Und Eure Hände sind sauber, Kus? Ihr sprecht zu mir von Verbrechen!«
    Der Zauberer machte sich nicht die Mühe einer Antwort. Sein Blick wanderte von Nalor zum Fenster an der gegenüberliegenden Wand. Noch war es dunkel, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis die nächtliche Schwärze dem ersten Grau des jungen Tages wich.
    »Bald wird der Morgen grauen«, sagte Kus leise. »Ich muss mich zurückziehen.« In weit ausholender Geste schwang er den Umhang zurück, doch nur, um sich noch enger in ihn zu hüllen.
    Nalor starrte ihn an.
    »Wie sehr ich dem Tageslicht misstraue!« fuhr Kus fort und blickte Nalor mit Augen an, in denen ein gespenstisches gelbes Licht brannte. »Es ist für Feiglinge. Im Tageslicht kann die Wahrheit nicht existieren. Ihr und ich, wir wissen es. Den Menschen macht Lügen Spaß. Sie wollen einander weismachen, dass die Wahrheit im Tageslicht zu finden ist. Aber Ihr und ich, wir wissen, dass nur die Nacht die Wahrheit offenbart …«
    Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ das Gemach. Nalor, der immer noch neben der Klingelkordel stand, zog jetzt daran. Dann kehrte er an seinen Schreibtisch zurück, schenkte sich einen Becher aus der Karaffe ein und trank den Wein trotz der Kopfschmerzen, die sich seit geraumer Zeit bemerkbar gemacht hatten.
    An der Tür klopfte es.
    »Herein!«
    Einer von Nalors Leibwächtern trat ein.
    »Wer ist der beste Bogenschütze in meinen Diensten?«
    Der Soldat überlegte kurz. »Lord Nalor, ich würde sagen, ich selbst, und dann ist da noch einer namens Suthil.«
    »Kommt näher, Hest.«
    Der Mann gehorchte.
    »Ich erfülle Euch jeden Wunsch, Hest«, sagte Nalor, »wenn Ihr meinen Auftrag schnell und sicher ausführt. Habt Ihr verstanden?«
    »Jawohl, mein Lord.« Hest war ganz Ohr. Solche Gelegenheiten für eine schnelle Beförderung oder gar völlige Unabhängigkeit waren selten. Er war bereit, alles zu tun, was sein Dienstherr verlangte.
    »Ihr kennt das Haus, in dem Lord Endithor wohnte? Gut! Seine Tochter wohnt noch dort. Wie Ihr wisst hat mich gestern Abend der junge Sendes töten

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