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Endithors Tochter

Titel: Endithors Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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erst heute wieder daran, Herrin.«
    »Tatsächlich?« Areel betastete das Pergament, betrachtete es erneut eingehend. »Es scheint wirklich von Nalor zu sein. Das mag meine Chance sein! So ein Glück! Diese Dummköpfe!«
    Lera atmete ein wenig leichter.
    »Also heute Nacht soll es sein?« Sie trat an eine Öllampe und fütterte die Flammen mit dem Pergament. »Gut, heute Nacht. Ich werde dort sein – sie werden Rachezauber zu spüren bekommen – und den Grimm einer Frau!«
    Lera wandte sich zum Gehen.
    »Du wirst mich begleiten, Lera.«
    »Gebieterin?«
    »Ich werde dich vielleicht brauchen. Du wirst mitkommen.«
    »J-ja, Herrin.«
    »Geh jetzt!«
    »Ja, Gebieterin …«
    Leise schloss das Mädchen die Tür.
    »Ja«, murmelte Areel. »Vielleicht brauche ich dich. Und wenn es nötig sein sollte, die Seele einer Jungfrau zu opfern, werde ich dich brauchen!«

 
8
     
    Abend – und immer noch regnete es. Nalor fragte sich müßig, ob dies vielleicht die prophezeite Flut sei, die die gesamte Welt überschwemmen sollte.
    Das Tageslicht war längst tiefem Grau gewichen. Nalor wusste jedoch, dass trotz der dicken Wolken, die den Sonnenuntergang verbargen, Kus erst kommen würde, sobald die Sonne tatsächlich hinter dem Rand der Erde in dem Abgrund der Nacht versunken war. Er bestellte sein Abendessen und aß allein.
    Er hatte es erst zur Hälfte verzehrt, als Kus lautlos erschien und sich Nalor gegenübersetzte. Der Staatsmann fragte zögernd: »Esst oder vielmehr trinkt ihr nichts?«
    Kus’ Augen blitzten finster. »Wer war die Rothaarige, die sich auf Eurem Fest vor ein paar Tagen gegen mich stellte?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Sie nennt sich die Rote Sonja und sie wohnte in einem Mietshaus im Südviertel und zwar zwischen der Hauptstraße und der Straße der Weinhändler. Soviel konnte ich durch Magie und Erkundigung erfahren. Doch nun ist sie umgezogen und irgendein Zauber scheint meine Magie abzuhalten. Ich will sie finden.«
    »Solltet Ihr nicht lieber Areel finden?«
    Kus’ Zähne blitzten in einem hässlichen Grinsen. »Möglicherweise hilft sie Areel sogar.« Wieder klang seine Stimme wie das Zischen einer Schlange. »Die Frau ist keine Hexe und doch hat sie irgendeine Art von Zauberschutz. Wenn wir sie finden, finden wir möglicherweise auch Areel. Außerdem will ich sie für mich. Ich werde sie nicht töten, sondern zur Ilorku machen. Ihr wisst wirklich nicht, wo sie ist?«
    »In irgendeiner billigen Kammer, vermutlich. Möglicherweise hat sie Shadizar auch bereits verlassen.«
    »Nein.« Kus erhob sich. »Sie ist in Shadizar, und ich werde sie finden.« Seine Augen blickten dämonisch. »Ich hatte einst einen Harem – zwanzig liebliche Schöne, jede gelehrt im Schwarzen Wissen Ordrus, jede versessen auf den roten Wein des Lebens, jede eine unübertreffliche Verführerin und jede von ungewöhnlicher Klugheit. Aber sie wurden mir gestohlen!«
    »Gestohlen?«
    »Es ist schon sehr lange her, Nalor. Ja, sie wurden mir gestohlen – getötet. O ja, auch wir können getötet werden, das stimmt. Doch Euresgleichen wissen nicht wie und werden es auch nie erfahren!«
    Nalor verzog schmerzlich das Gesicht. »Ich weiß einiges, Kus. Das Sonnenlicht und gewisse Zauberrituale können …«
    »Aber ich habe Euch in der Hand, Nalor«, zischelte Kus. »Ich kenne Euch. Ihr gehört mir. Ihr selbst habt Euch mir verschrieben, indem Ihr an den Semrog-Riten teilnahmt. Ihr habt keinerlei Macht über mich.« Er drehte sich auf dem Absatz, wandte sich jedoch an der Tür noch einmal um. »Kreatur des Tages«, sagte er verächtlich. »Welch Phantom Ihr doch seid! Ihr und Euresgleichen seid Kinder für mich, Kinder die altern und schrumpeln und sterben, die nichts gelernt haben – weder Weisheit noch Erkenntnisse erwarben. Ihr fürchtet den Tod, ihr vergewaltigt das Leben, wisst es nicht zu nutzen. Narren! Ihr vergeht wie Regen, Nalor – ihr kommt und seid auch schon vergangen, Ihr und euresgleichen … Wir dagegen, ich und meinesgleichen, leben in Gräbern und Särgen, sind unsichtbar in Schatten, verkehren mit Dämonen, und angespornt vom Höllenfeuer selbst, fließt die Unsterblichkeit in unseren Adern – wir lachen über euch, ernähren uns von eurem Blut, und einige von euch heben wir zu uns empor.«
    Schon war er verschwunden, lautlos wie ein Schatten.
    Nalors Hände zitterten, die Suppe, durch Kus’ eisige Anwesenheit kalt geworden, schwappte auf dem Löffel über. Wieder saß er allein, im Halbdunkel des Abends und

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