Endlich bei dir in Virgin River (German Edition)
Blick zu. Und jetzt war da dieses fürchterliche Schweigen, das er noch aus seiner Kindheit kannte.
Er sprach weiter. „Mom, ich habe eine Tochter. Sie ist jetzt dreieinhalb. Ich habe selbst erst vor einem Tag von ihr erfahren. Ich weiß nicht einmal, wann ihr Geburtstag ist, aber ich weiß hundertprozentig, dass ich ihr Vater bin. Die Kleine hat mich inzwischen kennengelernt, und ich habe ihr versichert, dass ich immer für sie da sein werde. Ich will versuchen, sie so häufig wie möglich zu sehen. Ich habe Franci gefragt, ob wir jetzt heiraten sollen, doch sie misstraut mir immer noch. Ich schätze, ich muss die beiden erst davon überzeugen, dass ich das Risiko wert bin.“ Er schluckte. „Du hast eine Enkelin, Mom. Rote Haare. Grüne Augen. Beängstigend schlau. Sie heißt Rosie. Und nennt sich selbst die ‚wildische‘ Rose.“
Plötzlich traten Maureen die Tränen in die Augen. Sie presste die Lippen zusammen, sodass ihre Mundwinkel kaum noch zu erkennen waren. Trotzdem verlor sie nicht die Fassung. „Wie konntest du das nur zulassen?“, fragte sie mit bebender Stimme.
„Ich habe gar nichts zugelassen, Mom. Mich hat auch der Schlag getroffen, als ich es gestern herausgefunden habe!“
„Wie konntest du nur eine so lange intime Beziehung mit ihr haben und dann nicht bereit sein, sie zu heiraten? Haben wir euch mit dieser Einstellung aufgezogen?“
Er setzte sich auf. „Nein. Ich wurde ganz anders erzogen, was eine Menge damit zu tun haben könnte, dass … Es war einfach eine andere Zeit, als du und Dad jung wart.“
„So anders nun auch wieder nicht“, erwiderte seine Mutter. „Ich will alles wissen. Und versuch gar nicht erst, mir etwas zu verheimlichen. Denn ich werde es ohnehin herausbekommen.“
„Mom! Ich habe nicht die Schule geschwänzt und ich war auch nicht heimlich saufen! Natürlich erzähle ich dir alles! Ich habe es eben nur selbst gerade erst erfahren! Nachdem ich einen kompletten Tag bei Franci und Rosie verbracht habe, war mein erster Gedanke, dass ich es dir sagen muss“, rechtfertigte er sich aufgebracht und schoss aus seinem Stuhl hoch. „Ich habe so viel nachzuholen! Ich habe keine Ahnung von Kindern. Ein einziger Nachmittag mit Rosie hat mich schon in die Knie gezwungen! Hast du eine Vorstellung davon, wie anstrengend eine Dreijährige sein kann? Natürlich weißt du das. Ich werde mich jedenfalls nicht so schnell daran gewöhnen. Glücklicherweise habe ich ja immer noch Urlaub … Oje, das sind nur noch fünf Wochen! Und so lange brauche ich mindestens, bis ich überhaupt …“
„Erzähl mir von dem Mädchen. Hast du ein Bild von ihr?“, fiel seine Mutter ihm ins Wort.
Er schüttelte den Kopf. „So weit habe ich gar nicht gedacht. Aber ich mache ein Foto von ihr, wenn ich das nächste Mal bei ihr bin, und schicke es dir dann aufs Handy. Ich hab dir doch mal gezeigt, wie du die Bilder von deinem Handy auf den Computer ziehen kannst. Weißt du noch, wie das geht? Ich kann aber auch Fotos mit meiner Digitalkamera machen. Doch mir ging es jetzt erst mal darum, Rosie überhaupt kennenzulernen. Und das Kennenlernen ist noch lange nicht vorbei …“
„Und Franci?“
Er hielt dem Blick seiner Mutter stand. „Ich fände es schön, wenn wir wieder zusammenkämen. Sie ist nicht so wie Annalee oder Lukes Ex Felicia. Damals hatte ich Angst, heute nicht mehr. Ich werde die beiden, Franci und Rosie, umgarnen und das Beste hoffen! Es gibt viel zu tun. Ich möchte für Rosie ein Konto einrichten, damit sie später aufs College gehen kann. Ich will Franci finanziell unterstützen.
Und dann möchte ich Rosie mal mit auf den Stützpunkt nehmen – sie will unbedingt mein Flugzeug sehen. Außerdem muss ich lernen, wie man richtig mit Kindern umgeht, mit ihnen spielt, spricht. Ich muss …“
Maureen stand einfach auf, verließ das Zimmer und ging wortlos in ihr Schlafzimmer. Sean war einen Moment sprachlos. Wieso ging sie mitten in ihrer Unterhaltung weg? Hatte er sie zum Weinen gebracht? War sie sauer auf ihn? Leichte Panik stieg in ihm hoch und er folgte ihr. Die Tür zu ihrem Schlafzimmer war offen. „Mom?“, fragte er.
Sie trat aus ihrem begehbaren Kleiderschrank, ihren größten Koffer im Schlepptau. Als sie ihn sah, blieb sie stehen. „Sean, wie konntest du das zulassen?“
„Ich habe dir gerade gesagt, wie es war!“
„Offensichtlich weißt du ja, was passiert, wenn du …“
„Stopp!“, sagte er und hielt eine Hand hoch. „Schluss damit. Wir wissen beide,
Weitere Kostenlose Bücher