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Endlich gefunden

Titel: Endlich gefunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Katherine Green
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Angelegenheiten ausschließlich der Frau Daniels.
    Gryce verbeugte sich tief und stellte eine zweite Frage; die Antwort vernahm ich wieder deutlich wie zuvor.
    Wohl möglich, daß ich sie gesehen habe; ich begegne den Dienstboten öfters im Hausflur; aber, ob sie groß oder klein, blond oder braun, hübsch oder häßlich ist, weiß ich ebensowenig als Sie, werter Herr. Dann fügte er mit einem vornehmen Neigen des Kopfes hinzu, welches einen Mann in Gryces Stellung wohl hatte verlegen machen können: Genügt Ihnen das?
    Dies war offenbar nicht der Fall, denn Gryce stellte noch eine Frage. Herr Blake starrte ihn verwundert an, antwortete jedoch höflich:
    Ich kümmere mich nicht um meine Dienstboten, nachdem sie mein Haus verlassen haben. Henry war ein sehr guter Diener, aber nicht fügsam genug, und solche Leute dulde ich nie in meiner Nähe. Ich entließ ihn, und damit war die Sache abgetan; was weiter aus ihm geworden ist, kann ich nicht sagen.
    Gryce zog sich mit einer Verbeugung zurück, während Herr Blake mit dem ihm eigenen stolzen Gang an ihm vorüberschritt und wieder in sein Haus trat.
    Dem Manne möchte ich nicht in die Hände geraten, sagte ich, als mein Vorgesetzter zu mir kam. Er hat eine Art mit unsereinem zu sprechen, daß man sich ganz klein fühlt neben seiner wichtigen Person.
    Doch wird es sich vielleicht gerade so fügen, daß Ihnen diese Erfahrung nicht erspart bleiben kann, entgegnete Gryce, einen Seitenblick auf seinen eigenen Schatten werfend, der ihm auf dem Straßenpflaster folgte.
    Ich sah ihn sprachlos vor Erstaunen an.
    Wenn das Mädchen nicht von selbstwiederkommt, und es uns nicht gelingt, eine Spur ihres Aufenthalts zu entdecken, so halte ich es für das beste, daß Sie den Haushalt jenes Herrn einer genauen Prüfung unterwerfen. Ist die Geschichte ein Geheimnis, so muß man den Kernpunkt desselben ohne Zweifel dort im Hause suchen.
    Ich machte große Augen. Also haben Sie etwas entdeckt, was mir entgangen ist – wie könnten Sie sonst mit solcher Bestimmtheit sprechen?
    Ich habe nichts entdeckt, was nicht offen vor jedermanns Blicken lag, der Augen hatte, es zu sehen, erwiderte er kurz.
    Beschämt schüttelte ich den Kopf.
    Es ging alles in Ihrem Beisein vor sich, fuhr er fort, und wenn Sie nicht imstande waren, die Tatsachen so aufzufassen, daß sich ein Schluß daraus ziehen ließ, so ist das nicht meine Schuld.
    Gryces Worte verdrossen mich mehr als ich sagen kann, und während wir nach dem Polizeibureau zurückkehrten, nahm ich mir innerlich vor, ihm wieder eine bessere Meinung von mir beizubringen, ehe diese Sache noch zu Ende geführt war. Zuerst suchte ich den Mann ausfindig zu machen, der in der letzten Nacht die Wache in dem Bezirke gehabt hatte und fragte ihn, ob er in den Stunden zwischen elf und eins irgend jemand durchdie Seitentüre von Herrn Blakes Haus habe aus- oder eingehen sehen.
    Nein, versetzte er, aber Thomson hat mir heute früh ein seltsames Erlebnis erzählt, das ihm begegnet ist. Er sagt, er sei etwa um Mitternacht in die Gegend dort gekommen und habe an der Ecke der zweiten Avenue unter einer Gaslaterne zwei Männer und eine Frau beisammen gesehen. Kaum hatten sie ihn erblickt, als sie sich trennten, die Männer zogen sich nach der Avenue zurück und die Frau schritt hastig auf ihn zu. Er blieb stehen, um sie zu erwarten, aber statt heranzukommen, hielt sie an Herrn Blakes Gittertüre still und drückte auf die Klinke. Plötzlich fuhr sie jedoch mit wilder, entsetzter Geberde zurück, schlug die Hände vor das Gesicht, und ehe er es sich versah, war sie nach der Richtung hin entflohen, von wo sie hergekommen. Thomson trat verwundert näher und sah durch das Gitter, um womöglich zu entdecken, was sie so erschreckt habe. Zu seiner größten Ueberraschung erblickte er das bleiche Gesicht Herrn Blakes, des Hausherrn selbst, der von der Innenseite her durch die Eisenstäbe schaute. Auch er schrak nun zurück, und ehe er sich wieder gefaßt hatte, war Herr Blake verschwunden. Er sagt, er habe versucht, das Tor zu öffnen, aber es sei verschlossen gewesen.
    Erzählte Thomson wirklich diese Geschichte?
    Jawohl!
    Sie klingt ziemlich unwahrscheinlich, und ich kann Ihnen und Thomson nur raten, nicht allzuviel davon verlauten zu lassen, Schweigen ist Gold, wenn es sich um Leute von Herrn Blakes Stellung handelt.
    Ich verließ ihn, um unverzüglich Thomson aufzusuchen. Dieser hatte jedoch dem Bericht nichts hinzuzufügen, außer, daß das Mädchen groß und hager war

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