Endlich gefunden
aus der dunkeln Tiefe ihrer Augen und das verbindliche Lächeln, das ihr bisher um die Lippen geschwebt hatte, verschwand.Die Menge schien sie plötzlich zu bedrücken, und als sie sich nach einem Zufluchtsort umsah, fiel ihr Blick auf ein abseits gelegenes Fenster. Den Moment benützend, eilte ich, mich dort in der Nähe hinter einem Vorhang zu verbergen. Gleich darauf kamen sie heran, und ich vernahm ihre Worte:
Man hat Sie ja heute förmlich mit Huldigungen überschüttet, hörte ich Herrn Blake in ruhig höflichem Tone sagen.
Finden Sie das? erwiderte sie mit einem leisen Anflug von Spott. Ich dachte eben das Gegenteil, als Sie zu mir traten.
Es gelang mir zwischen dem Vorhang und der Wand hindurchzublicken. Beide schwiegen; unverwandt ruhte sein Blick auf ihr und seine Zurückhaltung war dadurch nur noch auffallender. In ihrem prächtigen Haar strahlten die Diamanten – wohl ein Geschenk ihres toten Gatten – mit unheimlichem Glanz; ihre glatte, olivenfarbene Stirn, die halbverschleierten Augen, in denen das Feuer der Leidenschaft brannte, der Farbenschmelz auf Lippen und Wangen, die von einer Erregung glühten, welche sich nicht verbergen ließ, alle diese Reize betrachtete er genau und nicht zuletzt die ganze vornehme Erscheinung in dem rotsamtenen, mit Spitzen und Edelsteinen reich verzierten Gewande. Schon glaubteich, er werde nun die Maske fallen lassen, die Zurückhaltung aufgeben und aus tiefstem Herzen das Liebeswerben dieser voll erblühten Rose erwidern, die nur darauf zu harren schien. Statt dessen gewahrte ich, daß sein Blick kühl geblieben war wie zuvor; noch gemessener klang sein Ton, als er sagte:
Verlangt die Gräfin de Mirac wirklich nach der Bewunderung ihrer armen, bürgerlichen Landsleute? Das hätte ich nicht gedacht.
Sie stand starr wie eine Bildsäule, das Auge ihm zugewandt.
Oder, fuhr er fort, wahrend ein bitteres Lächeln um seinen Mund spielte, hat Eveline Blake vielleicht bei der Rückkehr in ihr Heimatland die zwei letzten Jahre so weit vergessen, daß sie wieder an dem Spielwerk ihrer Jugend Gefallen findet? Er machte eine tiefe, fast spöttische Verbeugung. So etwas geschieht zuweilen, sagt man.
Eveline Blake – wie lang habe ich diesen Namen nicht gehört, murmelte sie.
Eine plötzliche Röte brannte auf seiner Stirn.
Verzeihung, wenn er Sie verletzt oder unwillkommene Erinnerungen wachruft. Ich verspreche, daß ich keinen solchen Mißgriff mehr begehen werde.
Sie irren, sagte sie, während ein fahles Lächeln über ihre jetzt bleichen Lippen flog; wenn mir meinName auch bittere Erinnerungen und düstere Schatten heraufbeschwört, so ruft er doch auch manche süße und unvergeßliche Freude zurück. Ich höre meinen Mädchennamen gern aus dem Munde – meines nächsten Verwandten.
Ihr Name ist Gräfin de Mirac, sagte er mit Nachdruck, Ihre Verwandten müssen stolz darauf sein, ihn auszusprechen.
Ein Blitzstrahl zuckte aus ihren Augen, dann senkte sie den Blick vor ihm zu Boden.
Ist das Holman Blake, der so spricht? fragte sie; ich erkenne in dem kühlen sarkastischen Weltmann meinen alten Freund nicht wieder.
Wir erkennen unser eigenes Werk häufig nicht wieder, nachdem wir es aus der Hand gegeben haben.
Was heißt das, rief sie; was wollen Sie damit sagen –
Nichts, unterbrach er sie ruhig und hob den Fächer auf, der ihr entglitten war. Bei einem Wiedersehen, das zugleich ein Abschied ist, will ich keine Aeußerung tun, die wie ein Vorwurf klingen könnte.
Wie, rief sie, den Fächer mit stolzer Gebärde ergreifend, dies Wort bedarf einer Erklärung. Was habe ich Ihnen je getan, daß ich Ihren Vorwurf verdiente?
Was Sie getan haben? – Meinen Glauben an Ihr Geschlecht haben Sie erschüttert, mir bewiesen, daß eine Frau, welche einem Mann gesagt hat, sie liebe ihn, dies so gänzlich vergessen kann, daß sie, um Titel und Gold zu besitzen, einem Gatten die Hand reicht, den sie nicht einmal achten kann. Sie haben mir gezeigt –
Nicht weiter! rief sie mit marmorbleichen Lippen. Und Sie – was haben Sie mir gezeigt?
Er schrak zusammen, errötete tief und stand, einen Augenblick seiner strengen Selbstbeherrschung beraubt, keines Wortes mächtig vor ihr.
Verzeihung, sagte er endlich; ich nehme meine Anklage zurück.
Jetzt war die Reihe an ihr, ihn zu betrachten. Nicht ganz so kühl, aber ebenso prüfend sah sie, wie der stolze Mann das Haupt vor ihr beugte, sah jede Linie seines Antlitzes, die ernste Stirne, die fest zusammengepreßten Lippen, denen die
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