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Endlich gefunden

Titel: Endlich gefunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Katherine Green
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Rätsel zu lösen gab, dachte ich nicht daran, vom Platz zu weichen.
    Bald darauf kündigte Fanny mir an, Herr Blake habe sich einen Wagen bestellt, um am Abend nach dem Wohltätigkeitsball zu fahren. Dies war so ein ungewöhnliches Ereignis, so ganz abweichend von seinen sonstigen Gewohnheiten, daß ich sofort beschloß, ihm zu folgen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Trotz der späten Stunde gelang es mir ohne Schwierigkeit, meinen Plan auszuführen. Kaum eine Stunde nach Eröffnung des Balles traf ich im Akademiegebäude ein.
    Das Gedränge war groß, und ich mußte dreimal im Saal die Runde machen, bevor ich seiner ansichtig wurde. Doch sah ich ihn nicht, wie ich erwartet hatte, von einem Kreis bewundernder Herren und Damen umgeben, sondern in einer Ecke des Saales mit einem politischen Gesinnungsgenossen eifrig über die Angelegenheiten seiner Partei verhandeln, wie ich sogleich zu hören bekam, alsich mich ihnen näherte. Wenn er nur deswegen hergekommen ist, dachte ich, so hätte ich besser getan, zu Hause zu bleiben, und der hübschen Fanny den Hof zu machen. Voll Unmut blieb ich auf meinem Posten in der Nähe und begann die anwesenden Damen zu mustern.
    Da fühlte ich plötzlich, daß mir der Atem stockte, und gleichzeitig verstummte auch das Stimmengeräusch hinter mir. Am Arm eines fremdländisch aussehenden Herrn schwebte eine Dame vorüber, welche ich auf den ersten Blick als das Original des Gemäldes in Herrn Blakes Haus erkannte. Sie sah um einige Jahre älter aus, als auf dem Bilde, und ihr Antlitz hatte einen gewissen Ausdruck von Geringschätzung und Weltverachtung angenommen. Sollten ihr vielleicht die verflossenen Jahre kein so ungemischtes Glück gebracht haben, wie sie es erwartete, als sie den schönen Holman Blake aufgab, um den alten französischen Grafen zu heiraten? So wenigstens erklärte ich mir den herausfordernden Blick, der aus ihren dunklen Augen sprühte, als sie langsam das reich mit Edelsteinen geschmückte Haupt nach der Seite hin wandte, wo jener Herr stand. Ihre Blicke mochten sich wohl begegnet sein; sie verbeugte sich und verlor dabei einen Moment alle Selbstbeherrschung. Zwar richtetesie ihre stolze Gestalt gleich darauf noch einmal so hoch auf, doch war jene plötzliche Gemütsbewegung nicht unbemerkt vorübergegangen.
    Sie liebt ihn noch, dachte ich bei mir, und wandte mich schnell um, weil ich sehen wollte, ob die überraschende Begegnung nicht auf ihn einen Eindruck gemacht habe.
    Das war allem Anschein nach nicht der Fall. Der alte Politiker lachte gerade, vielleicht über einen seiner eigenen Spässe. Herrn Blakes Gesicht konnte ich zwar nicht sehen, allein seine Haltung hatte durchaus nichts Empfindsames. Verstimmt zog ich mich von ihm zurück und folgte der Dame.
    Die Gräfin war bereits von einem Schwarm jugendlicher Verehrer umringt, und ich konnte nicht in ihre Nähe gelangen. Das kümmerte mich jedoch wenig; was ich wissen wollte, war nur, ob Herr Blake sich ihr im Lauf des Abends nähern würde. Langsam verstrich eine Minute nach der andern, während ich auf meinem Posten stand, aber ein Geheimpolizist kennt keine Ermüdung bei Erfüllung seiner Pflicht. Ich hatte alle Muße, die Schönheit der Dame zu bewundern, welche ich vor mir sah: die stolze Haltung des Hauptes, das zarte Rot der Wangen, die schön geschweiften Lippen, den Blick des Auges. Der war freilich nicht leicht verständlich,denn zuweilen senkte sie die Lider in unnachahmlicher Anmut, was für meine Zwecke höchst unvorteilhaft war.
    Jetzt aber wandte sie sich plötzlich mit hochmütigem Achselzucken von der Schar ihrer Bewunderer ab, ihr Busen wallte unter dem rubinfarbenen Kleid, aus ihren Zügen strahlte ein Glanz – ich wußte nicht, sollte er Liebe bedeuten oder nur einen festen Entschluß. Wer es war, der jetzt auf sie zukam, erriet ich an der ganzen Haltung der Gräfin, an dem feurigen Blick des Weibes; ich hatte nicht nötig, mich umzusehen.
    Er zeigte weit größere Fassung. Ueber ihre Hand gebeugt, murmelte er einige Worte, die ich nicht verstand, dann trat er einen Schritt zurück, um ihr die bei solcher Gelegenheit gebräuchlichen Höflichkeiten zu sagen.

    Sie erwiderte nichts. In vornehmer Ruhe wartend, öffnete sie ihren prächtigen Federfächer langsam und schloß ihn wieder, als wollte sie sagen: Ich weiß, diese Förmlichkeiten müssen beobachtet werden, und fasse mich in Geduld. Als aber Minuten vergingen, ohne daß sein Ton wärmer ward, da schoß ein Strahl des Unwillens

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