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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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benutzen, Stephan. Es ist hygienischer.«
    Sie lächelte, aber er lächelte nicht zurück. Seit drei Wochen wohnten sie nun in Dortmund-Asseln in ihrer ersten gemeinsamen Wohnung. Es waren geräumige helle Räume mit insgesamt rund 120 Quadratmetern Wohnfläche, dazu ein großer, in das Dach eingelassener Balkon. Sie waren mit dem Einrichten fast fertig. Marie achtete penibel auf Reinlichkeit, was ihr in ihrer früheren Wohnung in der Brunnenstraße fernlag. Ändert sich der Mensch mit einem Umzug? Warum die feuchten Tücher, die sie früher niemals benutzte? Stephan erinnerte sich der Unordnung in ihren früheren Räumen. Alles hatte dort durcheinander und aufeinander gelegen. Er selbst hatte hin und wieder in ihrer Wohnung Staub gewischt. Stephan ging wortlos auf den Balkon. Eine Boeing dröhnte in Sichtweite vorbei. Die abendlichen Anflüge auf den kleinen Dortmunder Flughafen. Der Vermieter hatte auf den Fluglärm hingewiesen. Es wird schon nicht so schlimm werden, hatten sie sich gedacht und den Mietvertrag unterschrieben. Eine so schöne Wohnung kostete woanders mehr. Aber welche Bedeutung haben Fluglärm und feuchte Tücher, wenn man vor dem Ende seines Lebens steht? Der Gedanke an Rosells Schicksal relativierte.
     

4
    Die Rosells wohnten in einem noblen Bungalow in Dortmund-Lücklemberg. Das Haus war im nüchtern-funktionalen Stil der 70er-Jahre errichtet, hatte eine rotbraune Klinkerfassade, große Fensterläden und hinten einen großzügigen rechteckigen Garten mit Pflanzbeeten im hinteren Teil, die ebenfalls in klaren geometrischen Figuren angelegt waren. Frau Rosell mochte Anfang 40 sein, schlank, fast drahtig, die hellbraunen Haare hinten zu einem Knoten zusammengebunden, ohne dass sie dadurch streng wirkte. Sie lächelte Stephan an und drückte fest seine Hand. Es war, als würden sie sich lange kennen. Sie verdrängte Stephans Beklemmungen mit gewinnender Gelöstheit. Er fühlte sich gut empfangen. Es war ein sonniger Tag mit fast sommerlichen Temperaturen. Das Sonnenlicht heizte die Räume durch die großen Fenster auf. Stephan wusch sich auf der Gästetoilette lang und gründlich die Hände. Er wollte keine Bakterien in das Krankenzimmer tragen. Dann führte Frau Rosell ihn zu seinem Mandanten. Stephan folgte ihr stumm durch den kleinen Flur in einen Raum, der offensichtlich einmal als Kinderzimmer gedacht war. Er wusste von Löffke, dass die beiden keine Kinder hatten.
     
    Justus Rosell lag in einem fahrbaren Bett mit eisernem Gestell. Ein Bett, wie man es aus Krankenhäusern kennt. Das Kopfteil war angewinkelt aufgerichtet. Von seinem Mandanten sah Stephan nur den blassen Kopf und schütteres graues Haar. Die Augen waren geöffnet und blickten aus dem hageren Gesicht leer an die Decke. Oben drehte langsam ein großer Ventilator. Ein schnurloses Telefon lag auf der Bettdecke.
    »Herr Rechtsanwalt Knobel ist jetzt da«, sagte sie zu ihrem Mann und schob einen an der Zimmerwand stehenden Stuhl schräg an die Seite des Bettes. Rosells Blicke wanderten langsam durch den Raum und blieben dann auf Stephan haften. Er setzte sich. Frau Rosell umrundete das Bett, zog die Bettdecke glatt und die Fenstervorhänge auf der gegenüberliegenden Seite etwas zu. Rosells Gesicht war nun im Schatten. Seine Frau trat neben das Bett, setzte sich auf die Bettkante und drückte die linke Hand ihres Mannes. Dann war es einen Moment still. Nur das Summen des Propellers an der Decke war zu hören.
    Rosells Mund verzog sich zu einem flüchtigen Lächeln.
    »Es ist gut, dass Sie da sind«, sagte er leise.
    Seine Frau füllte ein auf dem Nachttisch stehendes Glas mit Wasser und führte es zu seinem Mund.
    »Du musst etwas trinken«, meinte sie. Er hob den Kopf etwas an und nahm ein paar Schlucke. Dann ließ er den Kopf wieder in das Kissen fallen.
    »Ja, so ist es am Ende der Tage«, sagte er matt.
    Stephan schluckte.
    »Herr Knobel übernimmt deinen Fall, Justus«, sagte seine Frau mit fester Stimme. »So, wie du es gewünscht hast. Rechtsanwalt Löffke und er arbeiten zusammen. Er hat gesagt, dass Herr Knobel auf Arzthaftungsrecht spezialisiert sei und auch in den Fällen etwas bewirkt habe, die zu Anfang aussichtslos erschienen.« Sie streichelte die Hand ihres Mannes und blickte aufmunternd auf. Stephan unterließ es, Löffkes Darstellung zu korrigieren. Er konnte sich plastisch vorstellen, wie Löffke ihn angepriesen hatte, um den Fall loszuwerden.
    »Wenn Sie aussichtslose Fälle drehen können, wünschte ich, dass Sie

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