Endstation Venedig
hereinkam, winkte Rossi ihn an seinen Schreibtisch.
Gut, daß Sie kommen, Commissario. Wir haben etwas Neues.
Was denn?
Einen Einbruch. Am Canal Grande. In dem großen Palazzo, der gerade renoviert worden ist, bei San Stae.
Der diesem Mailänder gehört?
Ja, Commissario. Als er gestern abend nach Hause kam, hat er zwei Männer überrascht, vielleicht waren es auch drei, das konnte er nicht so genau sagen.
Und was ist passiert?
Vianello ist im Krankenhaus und spricht gerade mit ihm. Was ich weiß, das habe ich von unseren Leuten, die nach dem Anruf hingefahren sind und ihn dann ins Krankenhaus gebracht haben.
Und, was sagen sie?
Er hat noch hinauszukommen versucht, aber sie haben ihn sich gegriffen und ihm eine Abreibung verpaßt. Er mußte ins Krankenhaus, aber es ist wohl nicht weiter schlimm. Platz- und Schürfwun-den.
Und die drei Männer? Oder zwei?
Keine Spur von ihnen. Die Kollegen sind noch mal hingefahren, nachdem sie ihn im Krankenhaus abgeliefert hatten. Wie es aussieht, haben die Einbrecher ein paar Bilder und Schmuck von der Ehefrau mitgehen lassen.
Haben wir eine Beschreibung der Täter?
Er hat sie nicht richtig gesehen und konnte keine näheren An-gaben machen, nur daß der eine sehr groß war und einer anscheinend einen Bart hatte. Aber , fügte Rossi hinzu, wobei er aufsah und grinste,
vor dem Palazzo am Kanal saß ein belgisches Tou-ristenpärchen, und die beiden haben drei Männer herauskommen sehen. Einen mit einem Koffer. Sie saßen noch da, als unsere Leute ankamen, und konnten eine Beschreibung geben.
Er hielt inne und
lächelte, als ob er sicher wäre, daß Brunetti sich über das Kommende amüsieren würde.
Einer könnte Ruffolo sein.
Brunettis Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
Ich den-
ke, der sitzt im Gefängnis.
Da war er auch, bis vor zwei Wochen.
Haben Sie den Leuten Fotos gezeigt?
Ja, Commissario. Und sie glauben, daß er es war. Die großen Ohren sind ihnen aufgefallen.
Und der Besitzer? Haben Sie ihm das Foto auch gezeigt?
Noch nicht. Ich bin eben erst von meiner Unterhaltung mit diesem belgischen Pärchen zurück. Für mich hört sich alles nach Ruffolo an.
Und die anderen beiden Männer? Stimmen die Beschreibungen, die Ihnen die Belgier gegeben haben, mit denen von ihm überein?
Nun, es war dunkel, Commissario. Und sie haben ja nicht weiter darauf geachtet.
Aber?
Aber sie sind ziemlich sicher, daß keiner einen Bart hatte.
Brunetti überlegte einen Moment, dann sagte er zu Rossi: Nehmen Sie das Foto mit ins Krankenhaus, und sehen Sie mal, ob er ihn erkennt. Ist der Mailänder vernehmungsfähig?
O ja, Commissario. Ihm ist nichts weiter passiert. Ein paar Beu-len, ein blaues Auge, aber sonst geht’s ihm gut. Sein Besitz ist rund-herum versichert.
Wie kam es eigentlich, daß ein Verbrechen nie ganz so schlimm zu sein schien, wenn der Besitz versichert war?
Wenn er Ruffolo eindeutig identifizieren kann, lassen Sie’s mich wissen. Dann gehe ich mal bei seiner Mutter vorbei und versuche herauszubekommen, ob sie weiß, wo er ist.
Rossi schnaubte verächtlich.
Ich weiß, ich weiß. Sie würde sogar den Papst anlügen, um ihren kleinen Peppino zu retten. Aber wer kann es ihr verdenken? Er ist nun mal ihr einziger Sohn. Außerdem würde ich den alten Drachen gern mal wiedersehen; ich glaube, ich habe sie höchstens zweimal gesehen, seit ich ihn zuletzt verhaftet habe.
Damals ist sie doch mit einer Schere auf Sie losgegangen, nicht?
meinte Rossi.
Na ja, aber richtig ernst war ihr das nicht, und außerdem war Peppino ja da, um sie abzuhalten.
Er mußte richtig grinsen bei
dieser Erinnerung, die sicher zu den absurdesten in seiner ganzen Laufbahn gehörte.
Außerdem war es nur eine Zickzackschere.
Sie ist schon eine Marke, diese Signora Concetta.
Das kann mal wohl sagen , pflichtete Brunetti ihm bei.
Und
sorgen Sie dafür, daß jemand ein Auge auf seine Freundin hat, wie heißt sie noch?
Ivana Soundso.
Ja, auf die.
Sollen wir mit ihr reden, Commissario?
Nein, sie würde nur sagen, daß sie ihn nicht gesehen hat. Reden Sie lieber mit den Leuten, die unter ihr wohnen. Sie haben Ruffolo letztes Mal angezeigt. Vielleicht erlauben sie uns, jemanden in ihrer Wohnung zu postieren, bis er auftaucht. Fragen Sie mal.
Ja, Commissario.
Noch etwas?
Nein, nichts.
Ich bin jetzt etwa eine Stunde hier. Lassen Sie mich wissen, was sich im Krankenhaus tut, ob es Ruffolo ist.
Er wollte schon gehen,
aber Rossi hielt ihn zurück.
Noch eins,
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