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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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der Luftfiltereinheit verbunden, dass jeder Versuch, sie zu manipulieren, das Cyanid freisetzen würde, ebenso wie jeder Versuch, die Hülle selbst aufzubrechen. Der Strahlungsdetektor, die Zeitschaltuhr und das Isotop sind ebenfalls in die gefrorene Energie der Hülle eingeschweißt. Ich werde nicht wissen, wann die Zeitschaltuhr per Zufallsprinzip den Detektor aktiviert. Ich werde auch nie erfahren, wann dieselbe Zeitschaltuhr die Bleikammer des winzigen Isotops öffnet. Ich werde nie wissen, wann das Isotop ein Teilchen abstrahlt.
    Aber ich werde in dem Augenblick, wenn das Isotop ein Teilchen abstrahlt, genau wissen, dass der Detektor aktiviert wurde. In den ein oder zwei Sekunden, bevor mich das Gas tötet, müsste ich den Geruch von Bittermandel währnehmen.
    Ich hoffe, dass es nur eine oder zwei Sekunden sein werden.
    Rein technisch gesehen bin ich nach dem uralten Rätsel der Quantenphysik jetzt weder tot noch lebendig. Ich befinde mich in einem Zwischenstadium überlappender Wahrscheinlichkeitswellen, die einstmals für die Katze in Schrödingers Gedankenexperiment reserviert waren. Da die Hülle der Katzenkiste wenig mehr ist als positionsfusionierte Energie, die bei der geringsten Störung explodieren kann, wird nie jemand hereinschauen, um festzustellen, ob ich tot oder am Leben bin. Rein theoretisch gesehen ist niemand direkt für meine Hinrichtung verantwortlich, da die unbeugsamen Gesetze der Quantentheorie mich von jeder Mikrosekunde zur nächsten verschonen oder verurteilen. Es gibt keine Beobachter.
    Aber ich bin ein Beobachter. Ich warte auf diesen speziellen Zusammenbruch der Wahrscheinlichkeitswellen mit mehr als nur unbeteiligtem Interesse. In dem Augenblick, wenn das Blausäuregas zu zischen anfängt, aber bevor es meine Lungen, mein Herz, mein Gehirn erreicht, werde ich wissen, für welche Möglichkeit sich das Universum entschieden hat.
    Wenigstens werde ich es wissen, soweit es mich selbst betrifft. Und wenn man es recht bedenkt, ist das der einzige Aspekt der Auflösung des Universums, der die meisten von uns interessiert.
    In der Zwischenzeit esse und schlafe ich, entleere mich und atme und durchlaufe das volle tägliche Ritual des höchst Banalen. Was ironisch ist, denn im Augenblick lebe ich – falls »leben« das richtige Wort ist – ausschließlich in der Erinnerung. Und um das aufzuschreiben, woran ich mich erinnere.
    Falls Sie dies lesen, dann lesen Sie es mit ziemlicher Sicherheit aus dem falschen Grund. Aber wie mit so vielem in unserem Leben kommt es eigentlich nicht auf den Grund an, weshalb man etwas tut. Nur das Faktum des Tuns bleibt bestehen. Letzten Endes sind nur die unumstößlichen Tatsachen wichtig, dass ich dies geschrieben habe und Sie es lesen.
    Wo soll ich anfangen? Mit ihr? Sie ist diejenige, über die Sie etwas lesen wollen, und sie ist die einzige Person in meinem Leben, an die ich mich vor allem anderen erinnern möchte. Aber vielleicht sollte ich lieber mit den Ereignissen beginnen, die mich zu ihr geführt haben, und dann – durch den größten Teil der Galaxis und darüber hinaus – weiter hierher.
    Ich glaube, ich werde doch mit dem Anfang anfangen – mit meinem ersten Todesurteil.

2

    Mein Name ist Raul Endymion. Mein Vorname reimt sich auf Paul. Ich wurde im Jahre 693 A. D. C. unseres lokalen Kalenders auf der Welt Hyperion geboren, oder 3099 n. Chr., Prä-Hegira-Zeitrechnung, oder, wie die meisten von uns die Zeit in der Ära des Pax rechnen, 247 Jahre nach dem Fall.
    Als ich mit Derjenigen Die Lehrt reiste, behauptete man von mir, dass ich ein Schafhirt gewesen sei, und das stimmt. Fast. Die Mitglieder meiner Familie hatten ihren Lebensunterhalt als umherziehende Schafhirten in den Mooren und Wiesen der entlegensten Regionen des Kontinents Aquila verdient, wo ich großgezogen wurde, und als Kind habe ich manchmal Schafe gehütet. Ich entsinne mich der ruhigen Nächte unter dem Sternenhimmel von Hyperion als einer glücklichen Zeit. Als ich sechzehn war (nach Hyperions Kalender), lief ich von zu Hause weg und meldete mich freiwillig als Soldat der vom Pax kontrollierten Heimatgarde. Den größten Teil dieser drei Jahre habe ich nur als langweilige Routine in Erinnerung, mit der unangenehmen Ausnahme von vier Monaten, als ich ins Eisgebirge von Claw geschickt wurde, um während des Ursus-Aufstandes gegen die Eingeborenen zu kämpfen. Als ich aus der Heimatgarde ausgemustert wurde, arbeitete ich als Rausschmeißer und Blackjack-Geber in einem der

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