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Engel aus Eis

Titel: Engel aus Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla L�ckberg
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elenden Zustands der Leiche bestand kein Zweifel. Die große Quetschwunde am Kopf des Toten war ein sicheres Zeichen. Die Person auf dem Stuhl war eines gewaltsamen Todes gestorben.
    Vorsichtig drehte Martin sich um und verließ den Raum. Paula folgte ihm. Nach einigen tiefen Atemzügen an der frischen Luft ließ der Würgereflex nach. Im selben Augenblick sah er Patrik um die Ecke biegen und über den Kies stapfen.
    »Es war Mord«, sagte Martin, sobald Patrik sich in Hörweite befand. »Torbjörn und sein Team sollen herkommen und die Spuren sichern. Wir können im Moment nicht mehr tun.«
    »Okay«, sagte Patrik mit düsterer Miene. »Dürfte ich auch schnell einen …« Er warf einen Blick auf den Kinderwagen.
    »Ich passe so lange auf sie auf.« Zärtlich nahm Martin die kleine Maja auf den Arm. »Komm, wir gucken uns die Blumen an.«
    »Bume!« Maja zeigte auf die Beete.
    »Waren Sie auch drinnen?«, fragte Patrik.
    Paula nickte. »Kein schöner Anblick. Sieht aus, als hätte er schon vor dem Sommer dort gesessen. Das ist jedenfalls mein Eindruck.«
    »In Stockholm haben Sie wahrscheinlich so manches zu sehen bekommen.«
    »Es waren einige Leichen, aber noch keine, die so lange gelegen hat.«
    »Ich sehe ihn mir kurz an. Eigentlich bin ich im Erziehungsurlaub, aber …«
    Paula lächelte. »Es ist nicht leicht loszulassen, das kann ich verstehen. Aber Martin scheint Sie würdig zu vertreten …« Sie blickte lächelnd zu den Rabatten, wo Martin und Maja kniend die Blumen bewunderten, die noch blühten.
    »Er ist ein Fels in der Brandung. In jeder Hinsicht.« Patrik ging aufs Haus zu. Wenige Minuten später kehrte er zurück.
    »Ich stimme Martin zu. Es ist ziemlich eindeutig. Kräftige Quetschung am Kopf.«
    »Ich habe nichts Verdächtiges entdeckt.« Keuchend kam Mellberg um die Ecke. »Wie sah es drinnen aus? Hast du dich umgesehen, Hedström?« Er sah Patrik herausfordernd an.
    »Es war zweifelsohne Mord. Rufst du die Techniker?«
    »Aber selbstverständlich«, erwiderte Mellberg großspurig. »Schließlich bin ich der Chef von diesem Irrenhaus. Apropos, was machst du eigentlich hier? Du wolltest doch unbedingt Erziehungsurlaub nehmen, und jetzt tauchst du plötzlich hier auf!« An Paula gewandt, fuhr er fort: »Ich kann diesen modernen Kram nicht verstehen. Die Männer bleiben zu Hause, um die Kinder zu wickeln, und die Frauen tragen Uniform.« Barsch wandte er sich ab und rief vom Wagen aus die Techniker an.
    »Willkommen in der Dienststelle von Tanum«, sagte Patrik trocken. Er erntete ein amüsiertes Lächeln.
    »So etwas nehme ich nicht krumm. Diese Typen gibt es überall. Würden Dinosaurier in Uniform mir etwas ausmachen, hätte ich schon lange das Handtuch geschmissen.«
    »Gut, dass Sie es so sehen«, antwortete Patrik. »Das Gute an Mellberg ist, dass er konsequent ist – er diskriminiert alles und jeden.«
    »Wie tröstlich«, lachte Paula.
    »Worüber amüsiert ihr euch denn so köstlich?«, fragte Martin mit Maja auf dem Arm.
    »Mellberg«, antworteten Patrik und Paula wie aus einem Mund.
    »Was hat er sich denn nun wieder geleistet?«
    »Das Übliche.« Patrik streckte die Arme nach Maja aus. »Aber Paula scheint damit umgehen zu können. Jetzt gehen wir nach Hause. Sag tschüs, Kleine.«
    Maja winkte und schenkte dem entzückten Martin ein besonders reizendes Lächeln.
    »Wie kannst du mir mein Mädchen wegnehmen! Ich dachte, das mit uns wäre etwas Besonderes …« Er schob schmollend die Unterlippe vor und machte ein trauriges Gesicht.
    »Papa wird immer der einzige Mann für Maja sein, nicht wahr?« Patrik rieb seine Nase an Majas Hals, und sie kreischte vor Vergnügen. Dann setzte er sie in den Kinderwagen und winkte den anderen zum Abschied. Ein Teil von ihm war erleichtert, dass er einfach weggehen und die Kollegen zurücklassen konnte. Ein anderer Teil wäre am liebsten dortgeblieben.
    Sie war verwirrt. War heute Montag? Oder schon Dienstag? Nervös ging Britta im Wohnzimmer auf und ab. Es war so … deprimierend. Je mehr sie sich bemühte, etwas festzuhalten, desto schneller löste es sich auf. In den klaren Momenten sagte ihr eine innere Stimme, mit einer enormen Willensanstrengung könne sie das Ganze kontrollieren. Sie müsse ihr Gehirn nur zum Gehorsam zwingen. Dabei wusste sie, dass ihr Hirn sich unaufhaltsam veränderte und regelrecht zerfiel. Unweigerlich ging ihr die Fähigkeit verloren, sich an Zeiten, Daten, Fakten und Gesichter zu erinnern.
    Montag. Genau. Es war Montag.

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