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Engel der Schuld Roman

Titel: Engel der Schuld Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Ich will nur nach Hause. Und die Türen doppelt verriegeln und ein heißes Bad nehmen und ein großes Glas Brandy leeren. Gute Nacht, Brooks«, sagte sie und machte sich auf den Weg zum Cadillac.
    »Nein, bis jetzt ist es keine gute Nacht.« Seine Schritte knirschten hinter ihr über den Schnee. »Ich bin aus demselben Grund hier wie du – um zu beobachten.«
    »Dann solltest du das Wort vielleicht in einem Wörterbuch nachschlagen. Du scheinst Beobachtung mit Teilnahme zu verwechseln.«
    »Costello ist genauso ein Teil der Geschichte, wie du es bist, Ellen. Natürlich werde ich mit ihm reden.«
    »Ich will nichts darüber hören.«
    Ellen sperrte auf und stieg ins Auto. Sie schloß es per Zentralverriegelung, obwohl Brooks am Randstein stehengeblieben war. Sie drehte den Schlüssel im Zündschloß, aber der Motor gab kein Geräusch von sich, machte keine Anstalten zu starten, rumpelte nicht einmal kurz. »Verflixt und zugenäht!« fluchte Ellen und schlug mit einer behandschuhten Faust auf das Lenkrad.
    Kochend vor Wut, öffnete sie die Motorhaube, kramte ihre Taschenlampe aus der Handtasche und kletterte aus dem Wagen. Der Verteiler war verschwunden.
    »Scheiße!«
    »Miss North . . .« Jay schnalzte mit der Zunge. »Solche Wörter.«
    Ellen warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
    Er hielt sein Telefon hoch wie einen Preispokal. »Willst du ein Taxi rufen?«
    »Sei bitte nicht blöd.«
    »Willst du einen Cop rufen?«
    Was wäre der Sinn? Das Pla-Mor war bis unters Dach mit Verdächtigen vollgestopft. Die Annahme, daß sich jemand als Zeuge melden könnte, war lächerlich. Obwohl Tyrell und An dersen und Dawkins in unmittelbarer Nähe gewesen waren, wären sie nicht so dumm, den Verteiler zu behalten. Das Delikt war zu geringfügig, um soviel Zeit und Energie darauf zu verschwenden.
    »Komm.« Brooks steckte das Telefon ein und zog seine Schlüssel heraus. »Ich fahre dich ein bißchen spazieren.«
    »Ich glaube, du hast mich schon mal spazierengefahren«, sagte sie sarkastisch.
    »Ich werde dich direkt nach Hause fahren. Pfadfinderehrenwort.«
    Er brachte sie direkt zu sich nach Hause.
    Ellen warf ihm einen abschätzigen Blick zu. »Du warst nie Pfadfinder, stimmt's?«
    Er grinste. »Nein, Ma'am, war ich nie.«
    »Jetzt könnte ich dieses Telefon gebrauchen«, schimpfte sie, »um meine eigene Entführung zu melden.«
    »Oder du könntest dich entspannen und meine berühmte Südstaatengastfreundschaft genießen.«
    »Bis jetzt ist ›genießen‹ kein Wort, das ich im Zusammenhang mit unserer Bekanntschaft gebrauchen würde.«
    »Welches Wort würdest du denn gebrauchen?«
    Beunruhigend. Es war das erste, das ihr in den Sinn kam, aber sie behielt es für sich. Sie wußte instinktiv, daß es ihn freuen würde. Es gefiel ihm, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen, er nutzte es aus – wie jetzt.
    »Es ist höchste Zeit, daß wir miteinander reden«, sagte er. »Ich dachte mir, das mache ich am besten an einem Ort, von dem du mich nicht vertreiben kannst. Und weglaufen kannst du jetzt auch nicht so einfach.«
    Sie bogen von der Old Cedar Road ab und fuhren in das Erschließungsgebiet um die Ryan's Bay. Der Mond war schon fast voll, sein Licht tauchte die Bucht in ungewöhnliche Schattierungen von Silber und Weiß. Ellen war bei warmem Wetter oft hier draußen mit dem Rad unterwegs gewesen, das Gebiet hatte immer etwas Beruhigendes, Parkähnliches gehabt. Jetzt mußte sie jedesmal, wenn sie am Ufer entlangfuhr, an Joshs kleinen Anorak denken, den man im Schilf versteckt hatte, mit einem Brief in der Tasche.
    »Mein Geist ist um mich Tag und Nacht, bewacht mein Treiben wie ein wildes Tier. Aus meinem tiefsten Sinn fließt der Strom und weint um meine Sünden ohne Unterlaß.« Sie murmelte die Zeilen aus William Blakes Gedicht vor sich hin, den Blick auf die gefrorenen Schilfhalme gerichtet, die aus den Schneewehen emporragten. »Das war die Nachricht, die er in Josh Anoraktasche hinterlassen hat.«
    »Ich weiß«, sagte Jay leise.
    »Woher? Wir haben das nicht an die Presse weitergegeben.«
    »Ich bin nicht die Presse.«
    Er fuhr den Wagen in die Einfahrt und drückte auf die Fernbedienung, die eine Tür der Dreiergarage öffnete. Das Haus war für die Verhältnisse in Deer Lake riesig. Und unverschämt teuer – Ellen hatte die Anzeigen in der Zeitung gesehen. Es kostete ihn sicher eine Stange Geld, aber Geld bedeutete ihm wahrscheinlich nichts. Er hatte ein beachtliches Vermögen damit gemacht, Verbrechen in

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