Engelherz - Band 1-3
Bewegungen und Bemerkungen der Jünger. Nur Samiel ließ sich kraftlos auf seinen Stuhl zurücksinken.
Jesus fuhr fort: „Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in aller Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie jetzt getan hat.“
Wütend blickte ich hoch und bedachte den Mann vor mir mit einem Blick, den nur er richtig deuten konnte, denn ich wusste, seine Worte waren einzig und allein dazu gedacht, mich zu beschwichtigen.
„ Prima! Die Leute werden sicher nicht einmal meinen wahren Namen erfahren. Wahrscheinlich werden sie behaupten, ich sei ein Dämon oder Schlimmeres gewesen.“
Mit hochrotem Gesicht warf ich Samiel einen um Entschuldigung heischenden Blick zu, bevor ich mit dem Krug aus dem Raum lief.
Draußen vor dem Haus stellte ich den Krug rasch von mir. Es kam mir vor, als enthielte er kein teures Öl, sondern Gift.
Ich fühlte mich benutzt und für einen Zweck ausgebeutet, den ich nicht verstand. Unterstützt wurde dieses Gefühl dadurch, dass ich bis zu den Ellbogen schmutzig ölig glänzte.
Der Geruch des Nardenöles lag schwer in der Luft und umgab mich wie eine Dunstglocke. In diesem Augenblick gab es nichts, was ich mir sehnlicher wünschte, als ein Bad.
Da die Männer essen würden, konnte ich mich ruhigen Gewissens zu dem Bach begeben, zu dem Samiel mich gebracht hatte und wo die Jünger ihr Lager zu haben schienen, um mich zu säubern.
Kaum hatte ich an den Bach gedacht, fiel mir der Jesus Annäherungsversuch ein. Eine Gänsehaut huschte über meinen Rücken, obwohl Schmetterlinge in meinem Bauch zu tanzen schienen.
Ich schüttelte mich unfreiwillig.
„ Versuchst du gerade dir seine Berührung noch einmal vorzustellen?“, fragte eine betont neutrale Stimme hinter mir.
Ich erstarrte und drehte mich ebenso betont neutral um. „Nein, ich versuche das genaue Gegenteil!“
Ich musste meine Augen zusammenkneifen, da Samiel in der Sonne stand.
Er schnaubte gehässig. „Du hast es doch genossen, diesen Auftritt und seine Aufmerksamkeit!“
„ Oh bitte, nicht schon wieder!“
„ Hätte ich es genossen, würde ich jetzt wohl in seinen Armen liegen, oder?“, giftete ich zurück. Wütend, weil Samiel zu dicht bei der Wahrheit lag.
Sprachlos starrte er mich an und versuchte, meine Gedanken auszuloten. Dann beschloss er, dass Thema zu wechseln.
„ Was hältst du von der ganzen Sache?“ Er deutete unbestimmt in Richtung Haus und Jesus.
Ich zuckte mit den Achseln, am liebsten hätte ich ein einziges Wort gesagt: „Doof!“ aber ich wusste niemand, vor allem nicht Samiel, würde sich mit diesem einen Wort zufrieden geben.
„ Ich weiß nicht, was ihr damit beabsichtigt!“, ich wählte meine Worte betont vorsichtig.
„ Ihr?“ Samiel runzelte die Stirn.
Ich blickte zu Boden und fragte mich, woran es lag, dass Samiel mir plötzlich so fremd vorkam, so weit weg. „Liegt es daran, dass du schon bei dem Gedanken an Jesus Schmetterlinge im Bauch hast oder ist es einfach die Tatsache, dass er dir etwas verheimlicht?“
Als hätte Samiel meine innere Unruhe gespürt, berührte er sanft meinen Arm und zog mich in Richtung Bach.
Schweigend gingen wir nebeneinander her. Ich versuchte meinen Engel nicht anzusehen, weil ich mich dadurch schuldig fühlte, dass meine Gefühle nicht mehr nur ihm gehörten.
Äußerlich beschmutzt und mit der Gewissheit, jeder könne mir nun meine Unvollkommenheit ansehen, kam es mir wie eine Unendlichkeit vor, bis wir den Bach erreichten. Stumm kniete ich mich nieder und tauchte meine Hände und Unterarme in das kühle Nass, ohne wie sonst die angenehme Konsistenz des Wassers zu beachten.
Stattdessen verharrte mein Blick auf dem Ölfilm der sich an der Oberfläche breit machte, während ich versuchte, hastig meine Haut zu reinigen, als könne ich so meine Bedenken und aufgewühlten Gefühle loswerden.
Doch wie bei dem sich vergrößernden Ölfilm wuchsen meine Zweifel im selben Grad, wie ich äußerlich wieder sauber wurde. – Als hätten mich meine Gefühle innerlich befleckt.
„ Was ist los mit dir?“, unterbrach Samiel meine trübsinnigen Gedanken und ich war überrascht, dass er gemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte.
„ Ihr verschweigt mir etwas!“, gab ich einen meiner Gedanken preis.
Verunsichert erwiderte mein Engel meinen Blick. Schließlich nickte er. „Lilith, du bist ein Mensch und Menschen sollte nicht alles wissen!“
Ich trat einen Schritt von ihm zurück und sah ihn an. „Das kann nicht
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