Engelsbann: Dunkle Verlockung Teil 2 (German Edition)
überlegt und bewusst getan. Du bist keine unberechenbare Frau.«
Sie hatte ihm ihr Blut und ihren Körper hingegeben, doch diese Worte waren genauso kostbar. »Ich bin froh, dass du mich so siehst.« Es war seltsam, unbekleidet in den Armen eines Mannes zu sitzen, der selbst noch seine Rüstung aus Baumwolle und Jeans trug. Und dennoch empfand sie – wenn auch keine Zufriedenheit – doch ein merkwürdiges Gefühl von Ruhe.
Dann stellte Noel eine Frage, und seine Worte versprachen, diese Ruhe zu zerstören. »Wirst du mir erzählen, was es mit deiner Macht auf sich hat?«
8
»Was wäre, wenn ich dir sagen würde, dass ich dieses Geheimnis für mich behalten muss?«
In seinem Gesichtsausdruck veränderte sich nichts. »Ich habe Geduld.«
Sie lachte über seinen Hochmut, als in ihr etwas sehr Altes zur Ruhe kam. Sie wollte sein Gesicht berühren, ließ die Hand jedoch auf halbem Wege sinken. »Ich könnte es dir zeigen, Noel – aber lieber nicht.« Diesem Mann hatten die Monster, deren Verbrechen die Zufluchtsstätte entweiht hatten, jede Entscheidungsmöglichkeit genommen, und diese Demonstration wäre ein weiterer Übergriff auf ihn. Auch wenn er dabei keine Schmerzen spüren würde, sondern nur die gleiche, alles zerschmelzende Lust, die er ihr bereitet hatte. »Ich gebe zurück«, flüsterte sie. »Ich gebe das zurück, was man anderen zugefügt hat.«
»Freude für Freude«, sagte Noel, der sofort begriff. »Schmerz für Schmerz.«
Ein ernstes Nicken. »Nicht die Tat selbst, sondern die Absicht dahinter entscheidet, was jemand empfindet, wenn ich meine Kraft einsetze.«
Bei diesen Worten zog er sie schützend an sich. Ja, sie war ein mächtiger Engel, aber was es auch war, das ihre Gabe ihr abverlangte, es quälte sie. »Deshalb lässt Nazarach dich in Ruhe.« Der Engel war für seine Bösartigkeit bekannt.
Als Nimra sprach, klang ihre Stimme hart. »Wir hatten eine Begegnung, als ich dieses Territorium übernommen habe. Er glaubte, mich unter seine Kontrolle bringen zu können. Seitdem hat er meine Ländereien nie wieder betreten.«
Noel spürte, wie sich seine Lippen zu einem ungezähmten Lächeln verzogen. »Gut.«
Noch am nächsten Tag wirkte Nimras Geschmack in Noels Körper nach. In ihrem Blut lag so viel Kraft, dass er eine Woche lang kein Verlangen mehr nach Blut verspüren würde. Aber es gab unterschiedliche Arten von Verlangen, dachte er, als er gerade den Ordner durchzusehen begann, den Nimra ihm an diesem Morgen hatte bringen lassen. Es war eine Liste von Personen, die Zugang zu Mitternacht hatten und ihr möglicherweise schaden wollten.
Nach allem jedoch, was Noel über die Personen auf der Liste wusste – und was er von Dmitri erfuhr, als er den Anführer von Raphaels Sieben anrief – , hätte keiner von ihnen irgendetwas dem Zufall überlassen, insbesondere wenn man berücksichtigte, wie schwer Mitternacht zu beschaffen war. Die Tatsache, dass Nimras Katze gestorben und die Sache damit aufgeflogen war, sprach für einen Amateur. Und natürlich gab es da noch die alte Redensart, Gift sei die Waffe der Frauen.
Amariyah hatte ihn mit ihrer Verwirrung überzeugt, und Asirani schien trotz ihrer unerwiderten Gefühle für Christian loyal zu sein. Dennoch hatte Noel nicht vor, sie ohne weitere Ermittlungen von der Liste zu streichen. Da er wusste, dass die Vampirin gewöhnlich schon früh morgens in ihrem kleinen Büro im unteren Stockwerk erschien, beschloss er, dort nach ihr zu sehen. Im Flur vor ihrem Büro hörte er ein leises, wütendes Flüstern. Instinktiv schritt er vorsichtiger und langsamer weiter.
»… nur zuhören.« Weich, weiblich. Asirani.
»Es wird nichts daran ändern.« Christians steife Stimme. »Ich will dir nicht wehtun, aber ich erwidere deine Gefühle nicht.«
»Sie wird dich niemals so ansehen, wie du es dir wünschst.« Das klang nicht bitter, eher … traurig.
»Das geht dich nichts an.«
»Natürlich tut es das. Sie ist zwar unsere Herrin, aber sie ist auch meine Freundin.« Ein Ausatmen, das Frustration vermittelte. »Sie spielt mit Noel, aber nur, weil er ein Vampir ist. Es gibt keine Aussicht auf eine ernsthafte Beziehung.«
»Ich werde da sein, wenn sie für eine solche Beziehung bereit ist.«
Noel ging einige Schritte weiter, bis er die beiden in einem antiken Spiegel auf der anderen Seite des Flurs sehen konnte. Asirani, die mit ihrem smaragdgrünen Etuikleid und den im Nacken hochgesteckten Haaren sofort ins Auge stach, schüttelte mit ernster
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