Engelsbann: Dunkle Verlockung Teil 2 (German Edition)
gebrochen hatte. Später allerdings hatte sie es als die bockige Trotzreaktion eines Mannes erkannt, der nicht mit einer Frau umzugehen wusste, die nicht mehr jede seiner Handlungen mit verehrender Bewunderung betrachtete. »Es war keine Überraschung für mich, als er mir sagte, er habe eine andere gefunden.« Schwächer und jünger. »Er sagte, ich wäre zu einer ›Kreatur‹ geworden, deren Berührung er nicht länger ertragen könne.«
Noels Miene verfinsterte sich. »Dreckskerl.«
»Ja, das war er.« Sie hatte es schon vor langer Zeit akzeptiert. »Wir haben uns getrennt, und ich wäre wohl darüber hinweggekommen, nachdem der Schmerz vergangen war. Aber«, ihr wurde innerlich kalt, »das Schicksal beschloss, mir ins Gesicht zu lachen. Drei Tage nachdem er gegangen war, stellte ich fest, dass ich schwanger war.«
In Noels Blick sah sie das Wissen um den Wert dieses unvergleichlichen Geschenks. Geburten waren bei Engeln selten – sehr, sehr selten. Jedes einzelne Kind wurde geschätzt und behütet – selbst von jenen, die normalerweise verfeindet waren. »Eine solche Freude wollte ich Eitriel nicht vorenthalten, aber ich brauchte Zeit, um mit mir ins Reine zu kommen, bevor ich es ihm sagen konnte. Doch so weit ist es nie gekommen«, flüsterte sie, die Hand flach auf ihren Bauch gelegt. »Mein Baby war sehr schwach. Im ersten Monat, nachdem mir klar wurde, dass ich ein Leben in mir trug, war Keir oft bei mir.« Er war der meistverehrte Heiler unter den Engeln. »Doch an jenem Abend war er fortgerufen worden, und ich bekam Blutungen. Nur ganz leicht … aber ich wusste, was es bedeutete.«
Noel murmelte tief und unwirsch etwas vor sich hin, wandte sich dann ab und fuhr sich mit den Händen durch die Haare, bevor er sich mit einer seiner abrupten Bewegungen wieder umdrehte und sie in seine Arme zog. »Sag mir, dass du nicht allein warst. Sag es mir. «
»Fen«, sagte sie. Der Gedanke daran, dass ihr alter Freund so furchtbar gebrechlich geworden war und sein Lebenslicht in der leichtesten Brise flackerte, machte ihr das Herz schwer. »Fen war bei mir. Er hat mich in der schrecklichen Dunkelheit jener Nacht in den Armen gehalten, bis Keir kommen konnte. Wenn ich Fen verwandeln könnte, würde ich es ohne zu zögern tun, aber ich vermag es nicht.« Tränen erstickten ihre Stimme. »Er ist mein engster Freund.«
Noel verharrte regungslos. »Er kann sich frei in diesen Räumen bewegen?«
»Natürlich.« Seit jener stürmischen Nacht, in der sie ihr Baby verloren hatte, waren sie und Fen nicht länger nur Herrin und Lehnsmann gewesen.
Noels Hände schlossen sich fest um ihre Arme. Sie runzelte die Stirn und wollte ihn gerade drängen, ihr seine Gedanken preiszugeben, als die Bedeutung seiner Frage sie wie ein Schlag traf. »Nicht Fen.« Sie wand sich aus seiner Umarmung. »Er könnte mir ebenso wenig etwas zuleide tun, wie er Amariyah töten würde.«
»Ich habe keine Ahnung davon«, sagte Noel, »wie dieser Tresor funktioniert, erst recht nicht von der Kombination. Ich wüsste nicht einmal, wo ich anfangen sollte. Aber Fen … er weiß so vieles über dich. Zum Beispiel das Datum, an dem du dein Baby verloren hast, oder den Tag, an dem dein Kind auf die Welt gekommen wäre.«
Die behutsamen Worte bohrten sich wie Dolche in ihr Herz. Er hatte recht. Vor fünfzig Jahren hatte sie die Kombination auf das Datum geändert, das der Geburtstag ihres verlorenen Babys gewesen wäre. Es war keine bewusste Entscheidung gewesen – das Datum war ihr als Erstes in den Sinn gekommen, weil es so fest in ihrem Bewusstsein verankert war. »Ich weigere mich, das zu glauben.« Ihre Stimme klang eisig, als sie gegen die seelischen Qualen ankämpfte, die sie zu zerbrechen drohten. »Und ich werde nicht zulassen, dass jemand von der Spurensicherung herkommt.«
»Nimra.«
Bevor er noch etwas sagen konnte, schnitt sie ihm das Wort ab. »Ich werde mit Fen sprechen. Allein.« Wenn ihr alter Freund diese Tat begangen hatte, musste sie wissen, warum. Wenn er es nicht gewesen war – und sie brachte es einfach nicht über sich, zu glauben, dass er eines solchen Verrats fähig sein sollte –, gab es keinen Grund, ihn mit dieser hässlichen Verdächtigung zu verletzen. »Es sei denn, du glaubst, er würde mich abstechen, wenn ich vor ihm sitze.«
Noel gab sich keine Mühe, seinen Ärger zu verbergen, aber er hielt Nimra auch nicht auf, als sie zur Tür ging. Am Fuß der Treppe warteten Exeter und Asirani darauf, sie zu sprechen,
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