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Engelsgrab

Engelsgrab

Titel: Engelsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Ramsay
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geschossen hatte, nicht geschafft hatte. Aber er war immer noch da, verbittert und selten nüchtern.
    Klebriger Schweiß bildete sich auf seiner Stirn, entweder aufgrund der Schmerzen in seinem Bein oder weil er eine Alkoholvergiftung hatte.
    Inzwischen zeigte die Uhr fünf vor fünf. Wacklig stand er auf und wartete ein paar Sekunden, um zu sehen, ob er sich aufrecht halten konnte. Dann humpelte er langsam zur Schlafzimmertür.
    »Wo – wohin gehst du?«, murmelte hinter ihm eine verschlafene Stimme.
    Brady hielt inne.
    Wusste nicht, was er sagen sollte. Tut mir leid, aber ich erinnere mich nicht mehr an den gestrigen Abend, geschweige denn an deinen Namen?
    Er schüttelte den Kopf.
    »Schlaf weiter«, sagte er leise.
    Sie murmelte eine Antwort und drehte sich um. Brady stand da und wünschte, auch alles andere in seinem Leben wäre dermaßen einfach.
    Triefäugig betrachtete er im Bad sein Spiegelbild, fuhr sich durch die langen dunklen Haare und strich sie sich aus der Stirn. Schon seit Wochen hatte er zum Friseur gehen wollen, aber nicht einmal das hatte er geschafft. Benommen starrte er auf seine schweren Lider und die blutunterlaufenen braunen Augen.
    Brady maß einen Meter siebenundachtzig, war schlank und immer noch halbwegs muskulös. Falls er seiner zukünftigen Exfrau glauben konnte, galt er als attraktiv. Zu sehen war davon nichts. Dennoch wusste er, dass er etwas hatte, das Frauen gefiel. Das bewies schon Dornröschen in seinem Bett.
    Brady dachte an seine fünf Ehejahre, in denen er seine Frau nicht ein einziges Mal betrogen hatte. Aber dann war es zu jener schicksalhaften Nacht gekommen, einer dummen Entgleisung, im Grunde kaum der Rede wert. Seine Frau sah das anders. Sie hatte den Vorfall genutzt, um ihn zu verlassen. Nach Bradys Sicht der Dinge hatte er ihr lediglich eine bequeme Ausrede geliefert. Schließlich war sie ihm vorher schon aus dem Weg gegangen, monatelang, in denen sie bis in den späten Abend gearbeitet hatte. Irgendwann hatte er sich dann betrunken, ein bisschen Trost gesucht und ihn in den Armen einer aufreizenden neuen Kollegin gefunden – Detective Constable Simone Henderson. Doch ausgerechnet an dem Abend kam Claudia früher nach Hause und hatte ihn erwischt. Brady hatte es nicht einmal mitbekommen. Dass sie Bescheid wusste, erfuhr er erst am nächsten Abend im Krankenhaus, nach der Verfolgung zweier Drogendealer, bei der er sich die Schusswunde eingehandelt hatte. Da kam Claudia in sein Krankenzimmer gerauscht, stellte fest, dass er noch lebte, und händigte ihm hochzufrieden die Scheidungspapiere aus.
    Brady wischte sein beschlagenes Spiegelbild blank. Er sah aus wie ein Penner, viel zu heruntergekommen, um wieder mit der Arbeit zu beginnen. Seufzend fuhr er sich über die dunklen Bartstoppeln, die sich über Kinn und Wangen ausbreiteten. In einem letzten Versuch, sich auf die Reihe zu bringen, spritzte er sich eiskaltes Wasser ins Gesicht. Es half nicht, er sah immer noch verkatert aus. Er brauchte eine heiße Dusche und ein paar Tassen Kaffee, schwarz und bitter. Wenn er Gates gegenübertrat, musste er wenigstens nüchtern wirken. Auch der Grund für dessen Anruf musste etwas Schwerwiegendes sein, denn sonst hätte Gates sich die Mühe gar nicht erst gemacht.

Kapitel 3
     
    Brady hörte die Türklingel und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Fünf Uhr fünfundzwanzig. Wer immer ihn da abholen kam, war pünktlich. Nach ein paar tiefen Zügen drückte er die Zigarette aus. Es war bereits die dritte an diesem Morgen. Ehe er zum Dienst zurückkehrte, hatte er das Rauchen aufgeben wollen. Auch das war ihm nicht geglückt.
    Aber wenigstens wurde er langsam nüchtern, war rasiert, trug frische Kleidung und wirkte halbwegs manierlich.
    Er schenkte sich noch eine Tasse heißen schwarzen Kaffee ein und betrachtete das Chaos, das nach Claudias Verschwinden entstanden war. Reihenweise leere Peroni-Flaschen, Pappschalen mit Resten von chinesischem Fastfood und leere Pizzaschachteln brachten sein Leben ziemlich gut auf den Punkt: Es stank.
    Er stellte die Tasse ab, machte das Licht in der Küche aus, durchquerte den Flur und hörte, wie seine schweren Schritte auf dem kahlen Holzfußboden knarrten.
    Angeekelt schaute er in die Runde. Im Wohnzimmer beleuchtete eine Lampe trübe das Chaos, zu dem sein Leben verkommen war. Überquellende Aschenbecher, Bier-und Whiskyflaschen, die sich über den staubigen Fußboden verteilten, Wochenendausgaben von Zeitungen der letzten sechs Monate, die

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