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Engelsgrab

Engelsgrab

Titel: Engelsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Ramsay
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stand.
    Brady nahm an, dass Conrad noch immer dabei war, die Eindrücke aus seinem Haus zu verdauen. Er nahm es ihm nicht einmal übel.

Kapitel 4
     
    Conrad bremste an der Reihe von Streifenwagen und Vans, die entlang der Straße stand.
    Brady schaute aus dem Seitenfenster und wappnete sich, als er etwa zwanzig Polizeibeamte in Uniform oder Zivil erkannte. Es kam ihm vor, als wäre er ein Leben lang weggewesen und nicht nur für sechs Monate.
    Alles in ihm sträubte sich dagegen, den Wagen zu verlassen und um zehn nach sechs an einem Freitagmorgen hinaus in den bitterkalten Novembertag zu treten.
    Conrad drehte sich zu ihm um. »Meinen Sie, Sie packen das?«
    »Wieso denn nicht?«
    »Nur so«, entgegnete Conrad.
    »Glauben Sie, Gates hätte mich sonst gerufen?«, fragte Brady schroff.
    Ohne Conrads Antwort abzuwarten, stieg er aus und knallte die Wagentür zu. Conrad fuhr los, um einen Parkplatz zu suchen. Brady steuerte das blau-weiße Absperrband an, das um ein Eisengitter gezogen war und in dem schneidenden Nordwind flatterte. Er nahm an, dass die brachliegenden Felder dahinter zu dem verlassenen Bauernhof gehörten, wo die Tote gefunden worden war.
    Brady warf einen Blick zur Hauptstraße zurück, die von der Polizei abgeriegelt war und auf der kein Wagen fuhr. Auf der anderen Seite stand gespenstisch ein scheußlicher modernistischer Bau, der einmal cremeweiß gewesen war. Der Bahnhof West Monkseaton. Im Geist roch Brady den abgestandenen Urin, den Betrunkene dort in den schlecht beleuchteten Ecken abschlugen, hörte die kichernden Teenager auf dem Weg von Shiremoor nach North Shields, die sich in der kalten Luft zusammendrängten und mit Flaschen billigen Fusels anstießen. Später würden sie durch müde aussehende Angestellte in Bürokleidung ersetzt, die ihre Hände an Pappbechern mit Latte oder Espresso wärmten, über die herumliegenden zerbrochenen Flaschen und Urinpfützen stiegen und unterdessen die Luft anhielten.
    Frierend wandte Brady sich dem Bauernhof zu, versuchte, nicht zu hinken, und steuerte die beiden bulligen Wachposten am Eingangstor an.
    »Sir!« PC Hamilton nickte Brady zu, ehe er den Blick senkte und einen Schritt zur Seite machte.
    »Sie sind sicher DI Brady.« Der andere war jünger und musterte Brady von Kopf bis Fuß.
    Brady wusste, dass seine Jeans, das Polohemd und die Lederjacke, allesamt in Schwarz, nicht der Kleiderordnung des Superintendent entsprachen. Dass Brady so gut wie nie einen Anzug trug, war auf dem ganzen Revier bekannt. Wahrscheinlich hatte der Junge deshalb geahnt, wer er war. Brady selbst pflegte seinen Aufzug als lässige Dienstkleidung zu bezeichnen.
    »Der DCI hat Sie erwartet und –«, begann der junge Polizist und brach betreten ab.
    »Und weiter?«, fragte Brady gereizt. Dass er sich verspätet hatte, wusste er selbst.
    »Sie haben ihn verpasst«, murmelte Hamilton. »Vor ein paar Minuten ist er wieder losgefahren.«
    »Mist.«
    Unter gar keinen Umständen wollte er Gates verärgern. Zumindest nicht gleich am ersten Tag. Statt sich in seinen Gedanken zu verlieren, hätte er Conrad umgehend zum Wagen folgen sollen, denn dann wäre er schon vor fünf Minuten hier gewesen.
    »Hat jemand von Ihnen ein paar Pfefferminz?«
    »Wie bitte?«, fragte der Jüngere der beiden verwirrt.
    »Pfefferminz! Haben Sie nun welche oder nicht?«, wiederholte Brady ungeduldig. Dass Gates bereits verschwunden war, hatte ihn noch übellauniger gemacht.
    Hastig zog Hamilton eine Rolle Pfefferminz aus der Tasche und reichte sie Brady.
    Brady brauchte die Pfefferminz für seine spätere Begegnung mit Gates, denn der war ein trockener Alkoholiker und hasste es, wenn jemand nach Alkohol roch. Schon seit Jahren führte er einen erbitterten Kreuzzug gegen das Laster. Beamte, die mit einer Fahne zum Dienst erschienen, duldete er grundsätzlich nicht.
    Brady steckte das Pfefferminz ein, tauchte unter dem Absperrband durch und betrat das Gelände des Bauernhofs.
    In der Ferne erkannte er das kalte weiße Scheinwerferlicht, das den Tatort markierte, hörte das Summen des Generators und das Getuschel der beiden Polizisten in seinem Rücken.
    Dann folgte er einem von Unkraut und Gras überwucherten Feldweg.
    »Ich wusste gar nicht, dass es hier so was gibt«, sagte Conrad, der ihn eingeholt hatte.
    Brady zuckte mit den Schultern und sah sich um. Es war eine unwirtliche abgelegene Ecke, der ideale Ort, um jemanden zu ermorden oder eine Leiche loszuwerden. Ringsum wuchsen dichte Büsche, ein

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