Engelspakt: Thriller (German Edition)
erhalten haben.
»Ich werde den Nachnamen ändern lassen und veranlassen, dass Sarahs Ehemann hier ebenfalls beigesetzt wird«, erklärte Ciban so selbstverständlich, als hätte es die blutige Konfrontation mit Alan Scrimgeour in Santa Maria dell’ Orazione e Morte niemals gegeben. Seine Augen blickten müde, dennoch schienen sie unergründlicher als je zuvor. »Sarah hat ihre Wohnung in London bis zuletzt zur Tarnung behalten und regelmäßig dort gewohnt. Ich habe darin nicht einen einzigen Hinweis auf ihre Ehe mit dem Professor gefunden. Hätte sie mir vertraut, so hätte es diese Geheimhaltung mit all ihren Konsequenzen niemals gegeben.«
»Sie hat Ihnen vertraut, Marc. Sonst hätte sie sich gar nicht erst auf den Weg nach Rom gemacht, um Ihnen alles zu erzählen.«
»Warum hat sie dann so lange geschwiegen?«
»Sie wollte Ihnen einfach nicht noch mehr aufbürden, als Sie in all den Jahren ohnehin schon ertragen hatten. Ihre Schwester hat Sie geliebt.«
Ciban erwiderte nichts. Catherine wusste nicht, wieso, aber vor ihrem geistigen Auge stand plötzlich ein Kind. Es war der kleine Junge von vielleicht zehn, elf Jahren, der so viel Grauen von seiner kleinen Schwester ferngehalten und sich dem Vater mutig entgegengestellt hatte. Catherine dachte an die unangenehmen Momente in dem Tank zurück, nur eine der vielen brutalen Erfahrungen, die Sarah erspart geblieben waren. Ciban blinzelte, als hätte er ihre kurze Vision gesehen. Aber dem war nicht so. Oder etwa doch?
»Sie waren unglaublich tapfer«, sagte Ciban. »Und Sie haben sich auf dem Weg durch dieses zwielichtige Labyrinth nicht beirren lassen, obwohl Sie allen Grund gehabt hätten, Ihr Vertrauen in mich zu verlieren.«
Catherine fielen die weisen Worte des Laotse ein: »Geliebt zu werden macht uns stark. Zu lieben macht uns mutig.« Sie sprach die Worte nicht aus, sondern sagte stattdessen: »Um ehrlich zu sein, bin ich mir über die Konsequenzen Ihrer Wiederauferstehung noch lange nicht im Klaren.«
Ein Lächeln huschte über Cibans Gesicht und erreichte für eine Sekunde sogar die stahlgrauen Augen. Dann tat er etwas, womit Catherine in diesem Moment niemals gerechnet hätte. Er nahm ihre Hände ganz sanft in die seinen. Sie setzten sich auf eine kleine Holzbank an der Wand vor dem Grabmal und begannen zu reden. Fast eine Stunde lang. Dabei erfuhr Catherine unter anderem von der ursprünglichen Bedeutung des Briefes, der sie auch zu Zanolla geführt hatte.
Ciban hatte Catherine Schritt für Schritt in das Geheimnis der Existenz der Triaden einweihen wollen. Die Triaden und ihre Gefährlichkeit waren alles andere als ein Hirngespinst. Im Falle seines Todes hätte der Brief Catherine und Rinaldo, der bereits von der Existenz der Triaden erfahren hatte, zu Dr. Martini geführt. Früher oder später hätte Catherines Gabe die drei zu jener Tür geleitet, zu der die ID -Karte gehörte.
Catherine holte die Karte mit dem Magnetstreifen unter ihrer Jacke hervor und reichte sie Ciban.
»Warum hast du den Brief geteilt und die Karte Pater Rinaldo gegeben statt mir?«
»Ich wollte vermeiden, dass du dich allein auf die Suche machst. Diese Kellergewölbe sind voller Tücken. Rinaldo kennt sich hier unten immerhin schon ein wenig aus.«
Sie waren längst beim Du angelangt, als wäre es die natürlichste Sache der Welt.
»Also gut. Wo wir nun schon mal hier sind, ich möchte den Raum sehen, der zu dieser Karte gehört.«
»Jetzt gleich?«
Sie nickte, obwohl sie ein gewisses Unbehagen in seinen Augen bemerkte.
Er nahm ihre Hand und führte sie aus der Krypta hinauf zur Kapelle, um sie von dort zu einer Treppe zu geleiten, die noch tiefer in die Keller der Villa führte. Schließlich betraten sie einen Korridor, der ein Stockwerk tiefer lag. Etliche Kammern, vergittert oder mit Türen versehen, zweigten von dem Korridor ab. Am Ende des Ganges blieben sie vor einer schweren Stahltüre mit einer Sicherheitsvorrichtung stehen. Catherine wusste nicht, wieso, aber diese Tür hatte etwas Diabolisches. Liebend gerne wäre sie umgekehrt, doch es gab kein Zurück.
»Dieser Bereich liegt direkt unter der Bibliothek«, erklärte Ciban, während er einen Zahlencode eingab. Es waren exakt jene Ziffern, die in seinem Brief unter dem Auszug aus den verborgenen Mysterien gestanden hatten. Dann zog er die Sicherheitskarte durch den Leseschlitz, worauf es ein kurzes Zischen gab. Die Tür fuhr automatisch auf, und eine eigentümlich zwielichtige Beleuchtung schaltete sich
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