Engelspakt: Thriller (German Edition)
Wenn sie nicht alles täuschte, handelte es sich um Cibans neuen Audi.
Rinaldo, ganz Gentleman, öffnete ihr die Tür und ließ sie einsteigen. Dann eilte er um den Wagen herum, setzte sich hinters Steuer und schien es kaum abwarten zu können, den Zündschlüssel umzudrehen.
Catherine sah ihn ungeduldig an. »Als Bischof Tardini mich soeben aus dem Palast eskortiert hat, erklärte er mir, Sie würden mich über unsere Mission aufklären, Pater.«
»Ach, hat er das? Was möchten Sie hören, Schwester. Rock, Pop, Jazz oder doch lieber Klassik?« Rinaldo reichte ihr den mobilen Player mit dem aktivierten Display. »Wir haben hier die beste Rundumauswahl, die ich je gesehen habe. Das Beste aus allen Genres.«
Catherine nahm den Player widerwillig an. Dann scrollte sie durch das Auswahlmenü, traf ihre Wahl, und schon erfüllten die ersten Pianoklänge von Carly Comandos Klavierkomposition »Everyday« den Wagen. Die Raumakustik war ein einziger Traum, und während Catherine dem melancholischen und doch so aufbegehrenden Musikstück lauschte, dämmerte ihr, dass diese Fahrt in Cibans Audi nur eins bedeuten konnte.
Sie blickte zu Rinaldo hinüber, und dieser erklärte mit einem Nicken: »Seine Eminenz ist gestern Abend aus dem Krankenhaus entlassen worden. Na ja, man könnte auch sagen, er hat sich selbst entlassen, nachdem Doktor Asensi ihn darauf hinweisen durfte, worauf er unbedingt zu achten habe.«
»Aber … ist das nicht viel zu früh?«
»Natürlich ist es das. Aber Sie glauben doch nicht, dass Seine Eminenz darauf Rücksicht nimmt.«
Während sie der Musik lauschten, ließen sie die Autobahn hinter sich, und Rinaldo bog in jene Straße ein, die zur Ciban-Villa führte. Die Villa tauchte zwischen den hohen und alten Bäumen des Anwesens auf. Rätselhaft, geheimnisvoll, unheimlich, aber irgendwie auch voller Hoffnung, wie aus einem der alten Filmklassiker, die einem einen Schauer nach dem anderen durch die Seele jagten. Catherine erinnerte sich nicht, je etwas Vergleichbares beim Anblick eines anderen Gebäudes wahrgenommen zu haben. Diese Atmosphäre war einmalig. Doch nicht nur … nur deshalb zog die Villa sie magnetisch an.
Rinaldo hielt den Wagen vor der großen Freitreppe an. Bevor er Catherine aussteigen ließ, reichte er ihr noch die ID-Karte, die in Cibans Brief gewesen war.
»Ich denke, es ist besser, wenn die Karte dorthin zurückkehrt, wo sie hingehört.«
»Sind Sie denn gar nicht mehr neugierig, Pater?«
»Oh doch, aber ich weiß auch, dass Seine Eminenz uns einweihen wird, wenn er so weit ist. Bis dahin möchte ich nicht, dass diese Karte in die falschen Hände gerät.«
»Kommen Sie denn nicht mit?«
»Ich parke noch den Wagen. Bis später.«
Sie nickte, nahm die Karte an sich und stieg aus.
91.
Giada erwartete Catherine in der Empfangshalle mit einer herzlichen Umarmung. Über ihnen hing ein gewaltiger kugelförmiger Kronleuchter. Rundherum an den Wänden befanden sich kostbare alte Gemälde sowie Wand- und Deckenfresken mit Szenen aus der klassischen Mythologie, von denen einige, wie Kardinal Benelli Catherine einmal erklärt hatte, von dem Erbauer Baldassare Peruzzi selbst stammen sollten.
Gemeinsam mit Catherine durchquerte Giada die Galerie und zwei weitere prachtvolle Räume, die noch vor der Bibliothek lagen. Es handelte sich um eine der beeindruckendsten Privatbibliotheken, die Catherine je gesehen hatte.
»Wenn Sie mich fragen, platzt er geradezu vor Neugierde.« Mit einem Augenzwinkern fügte Giada hinzu: »Natürlich würde er das niemals offen zugeben. Regen Sie ihn also lieber nicht zu sehr auf.«
»Hat er nicht bereits mit Coelho gesprochen?«, fragte Catherine.
»Das schon. Aber Ihre Version der Geschehnisse …« Giada brach ab und sagte schlicht: »Sie haben bisweilen einen Einblick in die Dinge, der uns verwehrt ist.«
»Ich werde mein Bestes tun, um ihn nicht zu sehr aufzuregen, Schwester, aber so wie der Fall liegt, wird das nicht allzu viel nützen. Sie kennen ihn. Wenn es um Sarah geht, steht man praktisch auf verlorenem Posten.«
Giada holte tief Luft. »Vermutlich haben Sie recht. Es war ein ziemlich großer Schock für ihn, als er damals aus Afghanistan zurückkehrte und vor dem Grab seiner Schwester stand.«
»Wie ich hörte, wurde Sarah hier im Park tot aufgefunden.«
»Das ist die Version, die neben dem Autounfall an die Öffentlichkeit gelangte. Tatsächlich war das Verhältnis zwischen Vater und Tochter nicht mehr das beste, daher hat sich Sarah
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