Entscheidung im Palast des Prinzen
ist Ihnen doch egal, was ich empfinde. Also hören Sie mit dieser Heuchelei auf! Woher weiß ich überhaupt, dass Sie die Wahrheit sagen?“
„Juri, mein Sicherheitschef, hat früher für den KGB gearbeitet. Er kennt viele Leute und weiß, wie man Dinge in Erfahrung bringt. Aber ich kann Ihnen natürlich auch einen handfesten Beweis dafür liefern, dass Ihre Schwester bei Russell ist. Meine Männer haben Gespräche und einiges andere zwischen den beiden mitgeschnitten und …“
„Aufhören!“ Auf keinen Fall wollte sie Chads und Emmas Liebesgeflüster hören. Zitternd vor Wut und Schmerz wandte sie sich ab.
Doch Alexej zog sie wieder in seine Arme und drückte ihren Kopf sanft gegen seinen Oberkörper. Paige dachte daran, sich zu wehren, verwarf den Gedanken aber wieder, als Alexej ihr beruhigend über den Rücken strich. Sie war schon lange nicht mehr getröstet worden und normalerweise diejenige, die tröstete und alles für ihre kleine Schwester gab.
Eine Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und rann über ihre Wange, dann noch eine, bis sich Paige schließlich an Alexej klammerte und herzzerreißend zu weinen begann. Seit der Beerdigung ihrer Mutter hatte sie sich das nicht mehr erlaubt, weil sie glaubte, Tränen machten schwach. Dabei tat es unendlich gut, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Die ganze Zeit über hielt sie sich an Alexej fest und beweinte all die verlorenen Jahre. Währenddessen strich er ihr weiter tröstend über den Rücken und machte keinerlei Anstalten, sich zurückzuziehen oder sie allein zu lassen.
Noch während sie weinte, fasste Paige einen Entschluss. Von nun an würde sie ihr eigenes Glück nicht länger zum Wohl anderer vernachlässigen. Sie hatte genug davon, sich Dinge zu versagen.
Heute fängt für mich ein neues Leben an. Und sie wusste auch schon, womit sie es beginnen wollte.
3. KAPITEL
Alexej spürte Paiges Sinneswandel, noch bevor sie ihr Verhalten änderte. In einer Minute weinte sie sich noch an seiner Brust die Augen aus, und in der nächsten stellte sie sich auf die Zehenspitzen und umarmte ihn.
Als ihre Lippen seine berührten, war er geneigt, der Versuchung nachzugeben, und ließ den Kuss zu. Paige schmeckte nach Tränen, und er hätte sie so gern von ihrem Kummer befreit. Schwächere zu beschützen und zu trösten war sein Schicksal. Jahrelang hatte er für seine Familie gekämpft, so etwas prägte.
Doch es gab nichts, das er für diese Frau tun konnte. Dabei wäre es so einfach gewesen, ihr Angebot anzunehmen, sie in die Arme zu schließen und in sein Zimmer zu tragen. Aber die Reaktion, die ihre Tränen in ihm hervorgerufen hatten, gefiel ihm nicht, genauso wenig wie die Tatsache, dass ihre süße Verletzlichkeit, der zaghafte Kuss und der Anklang von Verzweiflung ihn berührten. Das weckte Erinnerungen, die er am liebsten verdrängt hätte, Erinnerungen an eine blasse, junge Frau in einem Krankenhausbett, die mit rauen, aufgesprungenen Lippen flüsterte, wie sehr sie ihn liebte, während ihr eine Träne über die Wange lief.
Sie war der letzte Mensch auf dieser Welt gewesen, der ihm dieses tiefe Gefühl entgegengebracht hatte, und sie war gestorben, weil er sie nicht retten konnte. Er war ein Prinz, hatte damals aber nicht die finanziellen Mittel besessen, um ihre Leukämie mit den neuesten medizinischen Behandlungsmethoden zu bekämpfen. Also hatte er die letzten Rubel zusammengekratzt, um bei Tim Russell in Dallas sozusagen um das Leben seiner Schwester zu bitten. Dort war er aber nur auf Hohn und Verachtung gestoßen. Als wäre es gestern gewesen, so deutlich erinnerte sich Alexej an den Moment, in dem er in Russells Büro gestanden hatte, hoch über der Skyline von Dallas, gleichzeitig beeindruckt und angeekelt von all dem zur Schau gestellten Reichtum. Ein bisschen davon hätte er sich auch für seine Familie gewünscht, und es machte ihn krank, wenn er daran dachte, dass Tim Russell sie bestohlen hatte.
Mit den erschlichenen Rechten an ihrem Land war er nach Amerika zurückgekehrt. Doch obwohl es nur einen Bruchteil des Vermögens gekostet hätte, das Russell mit den Erdöl- und Erdgasvorkommen aus dem Woronowschen Besitz angehäuft hatte, weigerte er sich, Katherina zu helfen. An ihrem Grab hatte Alexej sich geschworen, ihren Tod zu rächen und dem kaltherzigen Mann, der ihm alles genommen hatte, die Stirn zu bieten. Mit wenig mehr als dem Mut der Verzweiflung und seinem Abschluss als Diplom-Geologe gründete er seine Firma Woronow
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