Entscheidung im Palast des Prinzen
sie müsse um des Babys willen schlafen, war es, als hätte er sie geohrfeigt.
Kurz darauf, als er sie tröstend in die Arme genommen hatte, wollte sie das einerseits, andererseits ertrug sie es kaum. Und am Ende war es schrecklich gewesen, an der Bettkante zu liegen und sich danach zu sehnen, dass Alexej sie berührte, und gleichzeitig zu wissen, dass er es nicht tun würde, nachdem sie ihn einmal abgewiesen hatte. Außerdem wäre sie wahrscheinlich in Tränen ausgebrochen, wenn er es tatsächlich getan hätte. Weil sie befürchtete, dass er ihre Liebe nicht erwiderte.
Und jetzt war er gegangen. Sie hätte sich ohrfeigen können, dass sie ihren Mund aufgemacht hatte. Ohne ihr Geständnis könnten sie zumindest so weiterleben wie bisher. Doch hätte mir das genügt? überlegte sie und fing an, sich zu ärgern. Verdiene ich nicht mehr?
Auf der Terrasse deckte eine Angestellte gerade den Frühstückstisch. Paige wusste nicht einmal, ob sie Hunger hatte, aber um des Babys willen musste sie etwas essen. Jetzt denke ich schon wie Alexej …
„Guten Morgen“, sagte Paige. Die Frau knickste und erwiderte den Gruß, bevor sie ihr Tablett nahm und ging.
Neben Paiges Teller lag ein cremefarbener Umschlag. Sie schlitzte ihn mit dem Buttermesser auf. Den Inhalt ahnte sie bereits, fragte sich aber, wie Alexej den Grund für seine Abwesenheit formulieren würde.
Musste heute Morgen nach Moskau. Komme heute Abend wieder.
Alexej
Würden aus einem Tag Abwesenheit zwei werden? Und daraus eine Woche, ein Monat oder mehr, bevor sie ihn wiedersah? Während sich in ihr Liebe, Wut und Schmerz regten, blickte Paige nachdenklich über das Palastgelände. In der Ferne sah man einen Teil des Finnischen Meerbusens, wo die Morgensonne die Wasseroberfläche wie Millionen Diamanten glitzern ließ.
Habe ich ihn mit meiner naiven Liebeserklärung verjagt? Denn wie konnte ein Mann wie Alexej ihre Liebe erwidern? Er hatte sie aus Pflichtgefühl geheiratet, und aus sonst keinem anderen Grund. Er sah gut aus, war erfolgreich und völlig rücksichtslos seinen Feinden gegenüber. Auch wenn er etwas anderes behauptete, Alexej gehörte zu einer Frau wie Gräfin Koslowa – zu jemandem, der elegant, weltgewandt und genauso skrupellos war wie er.
Nein, die Vorstellung war lachhaft! Ich bin ein bisschen zu emotional und bade gerade in Selbstmitleid, dachte Paige und zerknüllte den Briefbogen, um ihn gleich wieder glatt zu streichen. Da spürte sie eine Bewegung im Bauch, die so zart und leicht war, dass sie sie zunächst ignorierte. Aber dann geschah es wieder. Es fühlte sich an wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Voller Ehrfurcht begriff Paige, dass sich ihr Baby bewegte.
Das bestärkte sie in ihrem Entschluss, offensiv vorzugehen. Sie würde nicht mehr am Rande des Geschehens stehen und darauf warten, dass Alexej sich überlegte, wie er zu ihr stand. Sie hatte es verdient, um ihrer selbst willen geliebt zu werden, und sie verdiente diesen Mann. Dieses Mal würde sie nicht zulassen, dass er ihr davonlief.
13. KAPITEL
Als Paige mit dem Taxi durch Moskau fuhr, fragte sie sich, ob sie nicht zu weit gegangen war. Alexej wäre bestimmt außer sich, wenn sie in seinem Büro stünde. Außerdem schlug ihr Herz wie wild, seitdem sie sich auf den Weg gemacht hatte, und jetzt war auch noch ihr Magen durcheinander. Vielleicht hätte ich doch etwas mehr frühstücken sollen. Ein gekochtes Ei und ein Glas Milch waren eindeutig zu wenig gewesen. Auf Höhe des Steißbeins spürte sie zu allem Überfluss auch noch ein merkwürdiges Ziehen. Manchmal tat es so weh, dass sie sich zusammenreißen musste, um sich nicht vor Schmerz zu krümmen.
Als der Fahrer im internationalen Geschäftsviertel vor einem beeindruckenden Hochhaus aus Stahl und Glas hielt, zahlte Paige ihm die gewünschten Rubel und stieg aus. Der Lärm der Großstadt war ziemlich unangenehm, nachdem sie so viele geruhsame Wochen auf dem Land verbracht hatte. Autos brausten vorbei, und es roch nach Auspuffgasen. Mit ihren Handys am Ohr eilten Männer und Frauen wild gestikulierend die Gehwege entlang. Paige erinnerte sich noch gut an dieses Leben, auch wenn es inzwischen weit weg schien. Doch noch vor wenigen Monaten war auch sie im Kostüm und mit Kaffeebecher durch Dallas marschiert.
Die finanzielle Unsicherheit jener Zeit vermisste sie nicht, aber Mavis und die anderen Arbeitskollegen schon. Die Wertschätzung, die sie von ihnen erfahren hatte, wünschte sie sich auch von Alexej. Sonst
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