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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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lesen, krampfte sich ihr Magen zusammen. Hawthorn hielt die Kerze hoch und äugte ihr über die Schulter. Sein warmer Atem an ihrer Wange machte es ihr fast unmöglich, die krakelige Schrift des jungen Wissenschaftlers zu entziffern.
    „‚Liebe Tante Felicity‘“, las er laut. „‚Wenn du diese Zeilen liest, befinde ich mich bereits auf dem Weg nach Schottland, um mich mit Miss Ivy Greenwood zu vermählen. Da meine Braut noch nicht volljährig ist und befürchtet, ihr Bruder könne seine Zustimmung verweigern …‘“ Hawthorn knurrte zähneknirschend: „Worauf du dich verlassen kannst, elender Schürzenjäger.“ Und dann las er weiter. „‚… haben wir beschlossen, heimlich abzureisen. Da ich weiß, wie sehr du meine zukünftige Braut ins Herz geschlossen hast, vertraue ich darauf, dass du uns Glück wünschst. Wir würden uns sehr freuen, nach unserer Rückkehr bei dir vorübergehend Wohnung zu beziehen. Dein dich liebender Neffe Oliver Armitage.‘“
    Langsam ließ er die Hand mit der Kerze sinken. Ebenso langsam ließ sie die Hand mit dem Brief sinken.
    Beide schwiegen lange, während Felicity Mühe hatte, die bittere Wahrheit einzusehen.
    „Aber … aber … das ist doch völlig irrsinnig“, stammelte sie, nachdem sie sich wieder gefangen hatte. „Es gibt kein unpassenderes Paar auf der Welt als meinen Neffen und Ihre Schwester. Was mag nur in die törichten Kinder gefahren sein?“
    Während sie sprach, wandte sie sich ihm zu, erschrocken bemerkte sie, wie dicht er bei ihr stand. Sie wich einen Schritt zurück. Nicht dass sie Angst vor diesem Mann gehabt hätte – aber die verwirrende Wirkung, die er auf sie ausübte, machte sie beklommen. Nur mit Mühe widerstand sie der Versuchung, ihm den Backenbart zu kraulen in der vertrauten Geste, mit der sie ihm stets zu verstehen gegeben hatte, es sei Zeit, das Bett aufzusuchen.
    Es ist vorbei, schalt sie sich energisch.
    Vielleicht verriet ein Flackern in ihren Augen ihr mühsam bezähmtes Verlangen, denn Hawthorn senkte seine Stimme zu einem Raunen.
    „Ich kann Ihnen sagen, was in diese törichten Kinder gefahren ist, Lady Lyte.“ Sein Blick wanderte über ihr schönes Antlitz wie in einer zärtlichen Liebkosung. „Der nämliche Wahn, der gelegentlich auch ältere und weisere Herzen befällt.“
    „Sie reden doch nicht etwa von uns beiden?“ Felicity lachte krampfhaft. Ein Lachen, das klang wie Kristallbehänge, die an einem schwankenden Lüster gegeneinanderklirrten. „Was mich betrifft, so liegen die Jahre schmachtenden Liebeswahns längst hinter mir. Ich bin geheilt von versponnenen Jungmädchenträumen. Und Sie sind wohl der letzte Mann in ganz Bath, der sich zu einer Unbesonnenheit hinreißen ließe.“
    Der vernünftige, aufrechte Hawthorn Greenwood. Diese bisweilen langweiligen Tugenden hatte Felicity zu seinen Gunsten abgewogen. Sie hatte ihn zum Liebhaber gewählt, in der Überzeugung, dass er keine Ansprüche an sie stellen würde. Schließlich hatte sie sich keinen romantischen oder schwärmerischen Bettgefährten gewünscht, der sich möglicherweise eingebildet hätte, er sei in sie verliebt … was immer das auch bedeuten mochte.
    Offenbar war Hawthorn nicht sonderlich begeistert von ihrem Loblied auf seine Charakterfestigkeit. Er zog seine dichten schwarzen Brauen zusammen, sein voller Mund wurde zu einem schmalen Strich. Felicity stutzte beim gekränkten Ausdruck seiner braunen Augen.
    „Ich langweile Sie.“
    „Seien Sie nicht albern!“ Ihr Widerspruch klang selbst in ihren eigenen Ohren ein wenig schal.
    Er langweilte sie nicht, redete sie sich ein. Er hatte sie lediglich nie überrascht.
    Bis heute.
    Und nun konnte sie sich nicht entscheiden, ob ihr solche Überraschungen gefielen oder nicht.
    „Ich bin unfähig, albern zu sein.“ Sein ernsthafter Widerspruch hätte sie eigentlich erheitern müssen.
    Aber Felicity war nicht nach Lachen zumute.
    „Sie tun ja gerade so, als sei das ein Verbrechen“, schalt sie. „Es gibt leider zu viele alberne Menschen auf der Welt, die uns Vernunftbegabten andauernd Scherereien machen. Nehmen Sie zum Beispiel diese beiden jungen Leute. Die Art, wie Sie vorhin in mein Haus gestürmt sind, bestätigt mir, dass Sie diese lächerliche Flucht ebenso wenig billigen wie ich.“
    „Natürlich nicht“, entgegnete er. „Meine Schwester ist viel zu jung, um zu wissen, was sie tut, schon gar nicht bei einem so bedeutsamen Schritt wie einer Eheschließung.“
    Ivy Greenwood konnte nicht älter

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