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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unwillig. »Ihr könnt euren Krieg planen, wenn wir hier heraus sind«, sagte er verärgert. »Die Sonne wird in wenigen Minuten untergehen. Ich habe zwar bisher keinen einzigen Hoger zu Gesicht bekommen, aber wenn du recht hast und sie wirklich bei Einbruch der Dunkelheit ausschwärmen, möchte ich möglichst weit weg von hier sein.«
    Bernec setzte zu einer scharfen Antwort an und überlegte es sich im letzten Augenblick anders. Er nickte wortlos, drehte sich um und ging rasch zu der Strickleiter hinüber.
    »Was ist in dich gefahren?« fragte Del halblaut.
    »Das kann ich dir sagen«, zischte Skar. »Ich bin froh, wenn ich hier heraus bin, und ich weiß ebensogut wie du oder Bernec, daß der Ärger dann erst losgeht. Wenn Seshars Leute wirklich versuchen sollten, uns zu töten, werde ich mich wehren. Aber dieser junge Narr versucht, uns zu einem Krieg anzustiften. Und du machst ihm noch Mut!«
    »Aber das… das stimmt doch gar nicht«, stotterte Del unsicher. »Ich habe nur . .
    .«
    »Gesagt, daß du Ipcearn allein. stürmen würdest, wenn es sein müßte«, fiel ihm Skar ins Wort. »Und genau darauf hat er gewartet. Du bist wirklich alt genug, einen Besessenen zu erkennen, wenn du ihn siehst, Del. Wenn wir Went erreichen, wird Bernec in der gleichen Minute eine Revolution anzuzetteln versuchen. Noch ein paar Bemerkungen wie die von eben, und er glaubt allen Ernstes, wir würden ihm dabei helfen!«
    »Und. was«, fragte Del nach einem Augenblck bedrückten Schweigens, »willst du dagegen tun?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Skar. »Noch nicht. Aber ich werde ihn nicht noch in seinem Wahnsinn bestärken. Es muß eine andere Möglichkeit geben. Gewalt ist in diesem Fall keine Lösung. Aber das werden wir klären, wenn wir zurück in Went sind. Und bis dahin tu dir selbst einen Gefallen und unterhalte dich mit Bernec über das Wetter oder halt gleich ganz den Mund!« Die letzten Worte hatte er geschrien.
    Del erbleichte, wich einen halben Schritt zurück und nickte verwirrt. Skar fuhr wütend herum, rammte das Schwert, das er immer noch in der Hand gehalten hatte, in den Gürtel zurück und stapfte zur Schachtwand hinüber. Die verwunderten Blicke der Cearner blieben ihm nicht verborgen. Er hatte laut genug gesprochen, daß sie zumindest einen Teil seiner Worte verstanden haben mußten. Aber das war ihm egal. Im Gegenteil — vielleicht war jetzt gerade der richtige Augenblick, endgültig klarzustellen, wo er stand. Trotz allem sahen die Krieger —und nicht nur sie, sondern wohl der Großteil der Bewohner Wents — noch immer den langersehnten Befreier in ihm, einen Mann, der aus dem Nichts gekommen war und ihr Volk zurück in die Freiheit führen würde.
    Aber er war es nicht. Er wollte und konnte nicht in das Schicksal dieses Landes eingreifen, nicht so, wie Bernec es wollte, mit Gewalt und dem Schwert. Ginge er Bernecs Weg, würde ein rauchender Trümmerhaufen zurückbleiben. Mit der Waffe in der Hand konte er Cearn in den Untergang führen, nicht in die Freiheit. Er griff, immer noch wütend, nach der untersten Sprosse der Strickleiter und begann rasch emporzusteigen. Die Hitze traf ihn wie ein Faustschlag, als er aus dem Reich ewiger Finsternis ins helle Sonnenlicht hinaufstieg. Mit einem Mal, schlagartig und ohne Vorwarnung, verspürte er einen quälenden Durst. Seine Haut brannte, und seine Augen begannen bereits nach wenigen Sekunden zu tränen und zu schmerzen. Wie durch einen grauen Schleier sah er Bernecs Gestalt über sich aufragen. Er griff nach seiner Hand, klammerte sich daran fest und zog sich mit einem letzten, wütenden Ruck über den Rand des Schachtes. Die Wüste begrüßte ihn mit einem heißem, trockenen Windstoß. Er wankte, taumelte ein paar Schritte vom Schachtrand zurück und ließ sich ächzend zu Boden sinken. Der Sand war heiß und trocken und begann sofort, unter seine Kleider zu kriechen. Die Nonakesh hatte sie wieder.
    Skars Wut verrauchte so rasch, wie sie aufgeflammt war. Mit einemmal fühlte er sich nur noch müde, und das einzige, was er wollte, war sich im warmen Sand ausstrecken und schlafen. Er wälzte sich auf den Rücken, beschattete das Gesicht mit dem Unterarm und tastete mit der freien Hand nach dem Wasserbeutel unter seinem Mantel. Sie hatten in der warmen, feuchtigkeitsgesättigten Luft dort unten nicht viel trinken müssen, und obwohl es ihm viel länger vorkam, waren sie nicht einmal einen ganzen Tag in der Höhle gewesen. Trotzdem war sein Vorrat bedenklich

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