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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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finsteren, schwarzen Bruder, den der Geist der Höhle tief in ihm geweckt hatte, verwandt schien. Und für einen winzigen Augenblick wußte er, daß alle seine Anstrengungen letztlich umsonst sein würden, daß — egal, was er tat —das Ende anders, ganz anders und grausamer sein würde, als er sich jetzt schon vorstellen konnte.
    Irgendwann, nach einer Ewigkeit, wie es ihm vorkam, ging die Sonne unter, und für einen flüchtigen Moment verwandelte sich die Wüste in ein verwirrendes Mosaik aus Schatten und Hügeln und schwächer werdendem Licht.
    Sie brachen auf. Zu Anfang redeten sie noch miteinander, aber ihre Gespräche wurden mit jeder Meile, die sie zurücklegten, flacher und leiser, bis sie schließlich schweigend nebeneinander hermarschierten, jeder allein mit sich und seinen Gedanken, voller Furcht oder Wut und Haß oder auch beidem. Aber auch das verging, und nach einer Weile mußten sie ihre ganze Kraft darauf konzentrieren, zu laufen, nichts weiter zu tun, als zu laufen und mechanisch einen Fuß vor den anderen zu setzen.
    Skar wußte, daß sie es nicht schaffen würden. Sie kamen gut voran, aber es war noch nicht Mitternacht, und schon jetzt war die Tatsache nicht mehr zu übersehen, daß die Kräfte der Männer mit jedem Schritt mehr schwanden. Irgendwann, vielleicht in zwei, drei Stunden, vielleicht schon in wenigen Minuten, würde der erste aufgeben und zusammenbrechen, um zu sterben Vermutlich würden er und Del als letzte übrigbleiben; vielleicht noch Bernec. Aber auch sie würden sterben, sobald die Sonne aufging. Hier, in der Nonakesh, hatte ihre Geschichte begonnen, und hier würde sie auch enden.
    Skar hob müde den Kopf und blickte nach oben. Der Himmel war leer; eine blauschwarze Ebene, von der das kalte Licht der Sterne wie die unzähligen Augen einer gefühllosen Gottheit zu ihnen herabzublicken schien. Es erschien Skar fast wie ein böser Hohn, daß sie bisher wenig mehr als den Schatten eines Hogers gesehen hatten. Ihm wäre fast wohler gewesen, wenn die schwarzen Bestien sie angegriffen hätten. Gegen einen Feind aus Fleisch und Blut konnte man wenigstens kämpfen.
    Er versuchte, einen Blick von Coar zu erhaschen, aber ihr Gesicht war leer: eine starre Fläche, die von verkrustetem Sand und Staub in eine bizarre Totenmaske verwandelt worden war. Ihre Bewegungen waren monoton und hölzern. Vielleicht, dachte er, würde sie gar nicht mehr aufhören können zu laufen, selbst wenn sie den rettenden Wald erreichten. Er wollte etwas sagen, aber seine Kehle war trocken und taub vor Durst und Erschöpfung.
    Bernec blieb plötzlich stehen und hob die Hand. »Wartet!« krächzte er. »Ich… ich glaube, ich höre etwas. Reiter. Das sind… Reiter.«
    Skar lauschte ebenfalls, aber er hörte nichts außer dem monotonen Gesang des Windes und die mühsamen, schleppenden Schritte der anderen. »Ich höre nichts«, sagte er.
    »Reiter«, beharrte Bernec. »Viele Reiter.« Er schien zu schwach zu sein, um noch zusammenhängende Sätze zu bilden. Er machte einen Schritt, wankte und brach mit einem wimmernden Laut in die Knie. »Flieht«, keuchte er. »Ihr müßt… weg.« Skar wollte ihm auf die Füße helfen, aber Bernec schüttelte seine Hand mit erstaunlicher Kraft ab. »Flieh, Skar«, keuchte er. »Du und Coar. Ihr… müßt euch in Sicherheit bringen. Wir halten sie auf. Vielleicht… suchen sie nicht weiter, wenn sie uns hier finden.«
    Skar setzte zu einer scharfen Antwort an, stockte und legte verblüfft den Kopf auf die Seite. Der Wind trug ein dumpfes, hämmerndes Geräusch mit sich. Pferde!
    »Du… du hast recht!« keuchte er. »Das sind Pferde! Reiter! Verdammt, Bernec, du hast recht! Wir sind gerettet!«
    »Es sind Reiter«, sagte Bernec spröde. »Aber Reiter aus Ipcearn. Seshars Reiter, Skar. Sie… werden uns töten.«
    Skar fuhr geduckt herum und versuchte, die Dunkelheit vor ihnen mit Blicken zu durchdringen.
    »Flieh«, keuchte Bernec noch einmal. »Ihr habt eine Chance. Aber ihr müßt euch beeilen. Verbergt euch irgendwo in den Dünen. In der Dunkelheit werden sie eure Spuren nicht finden. Verschwinde endlich!«
    Skar schüttelte entschieden den Kopf. »Den Teufel werde ich tun«, sagte er grimmig. »Del! Nach links hinüber! Hinter die Düne. Wir greifen an, wenn sie zwischen uns und Bernecs Leuten sind!« Del nickte knapp, löste den Bogen von seiner Schulter und verschwand mit federnden Schritten in der Nacht.
    »Das ist Wahnsinn«, keuchte Bernec. »Ihr könnt sie nicht

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