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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Ipcearn zu reisen.« »Ipcearn?«
    »Ich sagte bereits, daß ich dich aus zwei Gründen rufen ließ, und dies ist der andere Grund. Die Botschaft von eurer Ankunft hat sich rasch verbreitet. Die Könige möchten euch sehen.«
    »Könige?« wiederholte Skar verwirrt. »Aber ich dachte…«
    »Daß ich der Herr von Cearn bin?« Logar lachte leise. »Der Gedanke schmeichelt mir, Skar, aber ich bin nur ein kleiner Stadtkommandant ohne wirkliche Macht. Und ich weiß auch nicht, ob ich es bedauern soll, daß es so ist. Die Verantwortung für das Schicksal ganz Cearns wäre wohl zuviel für meine Schultern.« Er schüttelte den Kopf, seufzte und deutete vage in die Richtung, in der Ipcearn liegen mochte. »Unsere Könige lassen dich zu einem Besuch bitten — natürlich erst, wenn du kräftig genug dazu bist. Bis dahin bist du unser Gast. Du kannst dich überall in Went frei bewegen.« Er zögerte einen Moment, ging dann mit raschen Schritten zu der Bank zurück, auf der er anfangs gesessen hatte, und hob einen in weiße Tücher eingeschlagenen Gegenstand auf. »Deine Waffe«, sagte er.

Del war noch immer ohne Bewußtsein, als Skar am späten Nachmittag zurückkam und nach ihm sah. Logar hatte noch lange mit ihm geredet, fast drei Stunden, in dem er ihm viel von Went gezeigt und erklärt hatte, ohne ihm im Grunde wirkliche Informationen zu geben. Wie viele Männer in ähnlichen Positionen, die Skar kennengelernt hatte, beherrschte er die Kunst, viel zu reden, ohne eigentlich etwas zu sagen. Doch auch von dem Wenigen, das er letztlich erfahren hatte, schwirrte Skar bereits der Kopf.
    Skar griff zögernd nach dem Schwert, wog es einen Augenblick nachdenklich in der Hand und schlug dann rasch die Tücher zurück. Er fühlte sich wesentlich besser, als er das vertraute Gewicht des Tschekal wieder an der Seite spürte.
    Lange Zeit blieb er neben Dels Lager sitzen und betrachtete den reglos daliegenden Satai. Wie er selbst trug auch Del keinen Verband mehr, und wie bei ihm. war die Wunde nahezu verheilt und zu einer dünnen roten Linie geworden, die Wochen oder gar Monate alt schien statt weniger Tage. Er überlegte einen Moment, ob er Del wecken und mit ihm reden sollte, ließ es aber dann bleiben. Dringender noch als er selbst benötigte Del jetzt Ruhe, Ruhe und noch einmal Ruhe. Thoranda hatte für ihn getan, was in ihrer Macht stand, und das war nicht wenig gewesen; den Rest mußten die Natur und sein Körper erledigen. Wenn Dels Heilung ebenso phantastisch schnell vor sich ging wie seine eigene, würde er vielleicht in wenigen Tagen bereits soweit sein, aufzustehen und die ersten vorsichtigen Schritte zu tun.
    Schließlich stand er auf und verließ leise die Kammer. In seinem Mund war ein übler, pelziger Geschmack, und ihm fiel wieder ein, daß er seit seinem Erwachen weder etwas gegessen noch getrunken hatte. Der Hunger war während der letzten Wochen zu seinem ständigen Begleiter geworden, und er hatte sich an das flaue Gefühl in seinem Magen und den vagen Schmerz in den Eingeweiden schon beinahe gewöhnt, aber die Entbehrungen hatten auch sichtbare Spuren an seinem Körper hinterlassen. Er hatte etwa zwanzig Pfund abgenommen, auch für einen Mann seiner Statur mehr, als zu verantworten war, und selbst die wenigen Schritte, die er zusammen mit Logar gemacht hatte, hatten ihn spürbar erschöpft. Insgeheim gestand er sich ein, daß Thoranda wohl recht hatte — er brauchte dringend eine Erholuagspause, Tage, wahrscheinlich Wochen der Muße, Zeit, seine Kräfte zu regenerieren und behutsam damit zu beginnen, seine alte Kondition wieder zurückzuerlangen. Er würde Logar um ein Pferd bitten, um die nähere Umgebung Wents zu erkunden und gleichzeitig ein wenig 'Bewegung zu bekommen.
    Dumpfes Stimmengewirr drang ihm von unten entgegen, als er über die gewendelte Treppe hinabstieg. Als er das Gebäude betreten hatte, war der große Raum hinter der Tür leer gewesen. Nun schien er bis zum Bersten mit Menschen gefüllt — Männer und Frauen in Rüstungen oder braunen und grünen, gefleckten Gewändern, Kleidung, in der sie draußen im Wald nahezu unsichtbar sein mußten; Krieger, wie Skar nach einem raschen Rundblick erkannte, wenn auch nicht einer von ihnen eine Waffe trug.
    Die Gespräche verstummten nach und nach, als er unter der Tür erschien, als würde sich eine unsichtbare Welle des Schweigens durch den Raum ausbreiten und nach und nach auch den letzten in ihren Bann schlagen. Und im gleichen Maße, in dem die

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