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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Unterhaltungen erloschen, wandten sich ihm auch die Gesichter der Anwesenden zu, bis Skar sich schließlich im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit sah: ein Gefühl, das alles andere als angenehm war. Er bewegte sich unbehaglich auf der Stelle, machte einen Schritt in den Raum hinein und blieb abermals stehen, als die Männer und Frauen vor ihm zur Seite wichen und eine Gasse bildeten.
    Skar atmete innerlich auf, als er Coar zwischen den Kriegern erkannte. Sie wirkte verändert. In dem schlichten, weißen Gewand, das sie nun trug, hätte er sie beinahe nicht wiedererkannt. Ihr Haar war jetzt hochgesteckt und zu einer ebenso einfachen wie raffinierten Frisur getürmt, und auf ihrem Gesicht lag ein seltsamer, schwer zu bestimmender Ausdruck, etwas, das irgendwo zwischen einem Lächeln und einem Gefühl von Bewunderung, ja beinahe Ehrfurcht zu schwanken schien. Sie trat rasch auf ihn zu, legte ihm in einer vertrauten Geste die Hand auf die Schulter und führte ihn neben sich her. Die Berührung schien die Spannung zu lösen. Die Unterhaltungen kamen nach und nach wieder in Gang, und Skar registrierte erleichtert, wie sich die Männer und Frauen wieder ihren Gesprächspartnern zuwandten.
    »Ich freue mich, daß du wieder gesund bist«, begann Coar. »Und auch Del geht es besser, höre ich?«
    »Ich war oben bei ihm. Er schläft, aber er hat das Schlimmste überwunden. Thorandas Medizin hat ein Wunder bewirkt. Was hat diese Versammlung zu bedeuten?«
    Coar machte eine weit ausholende Handbewegung, die den Raum und die versammelten Krieger einschloß. »Majall und Senja«, sagte sie. »Die beiden Kriegerinnen, die den Hogern zum Opfer fielen. Du erinnerst dich?«
    Skar nickte.
    »Wir…«, fuhr Coar fort, stockte und suchte einen Moment nach Worten, um dann noch einmal von vorne zu beginnen. »Heute ist der dritte Tag«, sagte sie. »Diese Männer und Frauen waren ihre Kameraden. Sie geben ihnen das letzte Geleit. Eine Ehre, die jedem Krieger zukommt.«
    Skar dachte mit einem Gefühl leiser Verwunderung an die beiden Körper, die vor seinen Augen draußen im Wald verscharrt worden waren. »Ihr habt sie… geholt?« fragte er.
    »Geholt?« Coar schüttelte verwirrt den Kopf. »Nein«, sagte sie dann. »Ihr begrabt die Körper eurer Toten mit großen Ehren, da wo du herkommst, nicht?« »Manchmal.«
    »Verzeih, daß ich nicht daran dachte, Skar, aber unsere Sitten unterscheiden sich in diesem Punkt von den euren. Ich habe gehört, daß es anderenorts üblich ist, die Körper der Toten zu verehren. Bei uns ist dies anders. Auch wir gedenken unserer Toten, aber wir verehren nicht die Hülle, sondern den Geist eines Menschen.«
    »Wir auch«, entgegnete Skar hastig. »Nur…« Er brach ab, suchte vergebens nach den passenden Worten und fand schließlich Zuflucht in einem verlegenen Lächeln. Er war fremd hier. Die Sitten dieses Volkes mochten ihm bizarr erscheinen, aber er hatte nicht das Recht, darüber zu urteilen.
    »Wir wissen viel zuwenig voneinander«, sagte Coar, als hätte sie seine Gedanken erraten. »Es gibt so viel, was ich von dir wissen möchte, von dir, dem Land, aus dem du kommst, den Menschen, die dort leben… stimmt es, daß es dort Städte gibt, die größer als ganz Cearn sind?«
    Skar lächelte. »Nein«, sagte er. »Größer als Went sicher, aber nicht größer als ganz Cearn. Zumindest nicht in dem Teil der Welt, den ich kenne.«
    »Den du kennst? Auch du kennst sie nicht ganz?« Die Frage schien Skar naiv, aber er gab sich Mühe, sie möglichst ernsthaft zu beantworten. »Natürlich nicht. Enwor ist groß, unendlich groß. Niemand lebt lange genug, es völlig kennenzulernen.« »Enwor?« Coar runzelte die Stirn. »Ist das der Name, den die Menschen draußen für die Welt haben? Enwor? Enwor…« Sie wiederholte das Wort ein paarmal, als wolle sie sich an seinen Klang gewöhnen. »Enwor… Es klingt gut. Aber auch ein wenig traurig. Was heißt es?«
    »Nichts. Nichts Bestimmtes. Ein Name eben. Ihr habt einen anderen?«
    »Für die Welt?« Coar schüttelte den Kopf. »Wir brauchen ihn nicht.«
    »Aber die Welt besteht nicht nur aus Cearn«, widersprach Skar sanft. »Auch wenn ihr hier lebt und Cearn vielleicht niemals verlassen könnt, so gibt es doch noch eine Welt jenseits der Wüste.«
    »Für uns nicht, Skar«, entgegnete Coar ernsthaft. »Nimm mich als Beispiel. Ich wurde hier geboren und wuchs hier auf, und irgendwann werde ich hier sterben. Keiner von uns wird Went jemals verlassen. Wozu auch? Wir

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