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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Skar.
    Doch sie kann uns auch retten. Wende sie richtig an.«
    K or-tel begleitete ihn am nächsten Morgen zu Del, wie er es versprochen hatte. Von Gowenna war keine Spur zu sehen, aber die Hütte war nicht leer: Eine Anzahl Sumpfleute reihte sich schweigend entlang der niedrigen, geflochtenen Wänden, aber Skar vermochte nicht zu sagen, ob El-tra unter ihnen war. Nicht nur die beiden Sumpfbrüder, alle Sumpfleute schienen sich zu gleichen wie eineiige Zwillinge; graue, gebückte, schmale Gestalten, die etwas gleichermaßen Beruhigendes wie Gefährliches ausstrahlten. Der Anblick ließ Skar unwillkürlich an eine Form denken, von der zahlreiche identische Abgüsse gemacht worden sind. Plötzlich war er gar nicht mehr so sicher, daß Kor-tels Behauptung, sie alle wären einer und einer wäre alle, nur eine Floskel war. Vielleicht waren sie nur ein Wesen. Wer sagte, daß ein Bewußtsein sich auf einen einzigen Körper beschränken mußte?
    Kor-tel deutete mit einer einladenden Geste auf Dels Lager und ließ sich auf der anderen Seite auf die Knie sinken. Die übrigen Sumpfmänner rührten sich nicht. Es gab nicht das mindeste Anzeichen, daß überhaupt Leben in ihnen war.
    Die Szene kam ihm vage bekannt vor: Kor-tel beugte sich vor, legte die Hand auf Dels Stirn und erstarrte. Minuten vergingen, reihten sich aneinander zu einer Viertel-, dann zu einer halben Stunde, bis sein Zeitgefühl erlosch und er selbst beinahe in eine Art Trance verfiel. Das helle Rechteck, das das Sonnenlicht hinter den Eingang malte, wanderte langsam herum, aber sonst veränderte sich scheinbar nichts in der winzigen Hütte; Del schlief weiter, tief, ruhig, fast unnatürlich ruhig. Und doch spürte Skar, daß etwas geschah, fühlte er, wie sich etwas bildete, ein körperloses, unsichtbares, vibrierendes Ding, das überall zugleich und nirgends war — die geballte Faust, bereit, zuzuschlagen, zu zermalmen, zu zerschmettern. Es war kein Zufall, daß ihm gerade dieser Vergleich einfiel. Er fühlte die Gewalttätigkeit, die plötzlich im Raum hing. Macht von negativer, zerstörender Kraft. Was immer dieser geistige Hammer tat — es würde zerstören. Unwiderruflich.
    Plötzlich hatte er Angst, als er auf Del herabsah.
    Kor-tel schien seine Besorgnis zu spüren. Er sah auf, blickte ihm aus unsichtbaren Augen ins Gesicht und machte mit der freien Hand eine komplizierte, unverständliche Geste.
    »Keine Sorge, Bruder«, sagte er. Plötzlich klang seine Stimme sanft, beruhigend. »Wir tun nichts ohne dein Einverständnis. Wir forschen.«
    »Ihr forscht?« Skars Stimme klang hohl, als hätte sich die Laubhütte von einem zum anderen Augenblick in eine feuchte steinerne Gruft verwandelt. Tausende von Meilen unter der Erde. »Sein Geist ist stark«, fuhr Kor-tel fort. »So stark wie der deine, wenn auch auf andere Art.«
    »Könnt ihr ... ihm helfen?« fragte Skar. Sein Mund war trok-ken. Er hatte Mühe, überhaupt zu sprechen.
    »Wir können es, Bruder. Doch die Art, in der wir es täten, würde dir nicht gefallen.«
    »Was heißt das?« Skar sah mit einem Ruck auf.
    »Was Gowenna mit ihm tat, war gut, für den Augenblick«, antwortete Kor-tel. »Doch er wird zerbrechen, wenn sein Geist weiter gefesselt ist. Unwiderruflich zerbrechen. Aber wenn wir ihn wecken, wird er zum Feind.«
    Skar schüttelte den Kopf, eine Bewegung, die nicht einmal ihn selbst überzeugte.
    »Unsinn«, widersprach er kraftlos. »Del ist mein Freund. Wir kennen uns länger als zehn Jahre.«
    »Liebe und Haß liegen eng beisammen, Bruder«, murmelte Kor-tel. »Und das eine ist als Macht so stark wie das andere.« Skar hob in einer hilflosen Geste die Hände. »Bitte, Kor-tel«, sagte er. »Ich bin nicht in der Stimmung, mir eure Rätsel anzuhören. Was meinst du?«
    Kor-tel nahm einen tiefen, hörbaren Atemzug. »Ich werde versuchen, es mit euren Worten auszudrücken. Doch sie sind unvollkommen und umständlich. Gowenna hat ihm einen Bann auferlegt, der ihn vergessen ließ. Vergessen, was geschah, was er fühlte und dachte. Doch sein Geist kämpft dagegen an. Er ist nicht stark genug, ihn zu sprengen, und nicht schwach genug, den Kampf aufzugeben. Lösen wir ihn nicht, so wird er wahnsinnig werden.« Skar nickte. »Soweit habe ich verstanden«, sagte er schwach. »Könnt ihr ihm helfen?«
    »Wir können ihn nicht alles vergessen lassen. Skar, nicht auf Dauer und nicht, ohne ihn zu zerstören. Er würde stets Haß in seinem Herzen tragen, ohne zu wissen, warum. Aber der Haß

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