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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Zusammenstoß unmittelbar am Rand der Schlucht stattfinden.
    »Worauf warten sie?« fragte Vela. Skars Blick folgte dem ihren. Die dritte, kleinere Formation der Rebellen hatte sich bisher nicht von der Stelle gerührt. Meldereiter galoppierten hektisch hin und her, und unter den Männern war eine allgemeine Unruhe ausgebrochen — aber sie blieben, wo sie waren, obgleich es kaum ein Ritt von zehn Minuten hier herauf gewesen wäre.
    »Sie wartet«, sagte Skar ruhig. »Sie wartet, bis die Schlacht beginnt. Der beste Zeitpunkt für einen direkten Angriff auf das feindliche Hauptquartier ist immer der Moment der Schlacht.«
    Vela nickte. »Sie fürchtet, wir könnten sonst Verstärkung von unserem Hauptheer bekommen«, murmelte sie. Ihre Vermutung war so unsinnig wie falsch, aber Skar ging nicht darauf ein. Lang-
    sam begann er zu ahnen, welchem Plan die Rebellen folgten.
    Wenn seine Vermutung zutraf, war der Plan genial. Aber auch er würde nichts nützen.
    Aus der großen Höhle am anderen Ende der Schlucht stob plötzlich ein Schwarm dunkler, fledermausflügeliger Punkte. Daktylen. Ihre Zahl überraschte Skar. Er war selbst in dieser Höhle gewesen und hatte gesehen, daß es viele waren — aber nicht so viele! Es mußten weit über hundert Tiere sein, die in einem breiten, nicht abreißenden Strom aus der Erde stoben und sich über dem Tal formierten. Das helle, aufgeregte Krächzen der Drachenvögel erfüllte die Luft. Skar nickte anerkennend. Einem Gegner aus Fleisch und Blut hätten die Rebellen mit ihren gewaltigen Kampfechsen eine tödliche Überraschung bereitet.
    »Sie greifen an«, flüsterte Vela. Ihre Stimme bebte vor Erregung. Aber es war eine Erregung, die ihn abstieß. Er hatte sie schon unzählige Male gesehen, das Brennen in den Augen, das unbewußte Zittern der Lippen — er kannte diese Art von Erregung aus zahllosen Arenakämpfen, er hatte sie immer gesehen, wenn er Blicke zu den Rängen hinaufgeworfen hatte, ehe die tödlichen Duelle begannen. Plötzlich ekelte er sich vor Vela, vor dem, was aus ihr geworden war.
    Aber vielleicht belog er sich auch nur selbst. Vielleicht sah er nur, was er sehen wollte, um seinen Haß zu rechtfertigen.
    Die Daktylen hatten ihren Aufmarsch beendet und bildeten einen gewaltigen, leicht auseinandergezogenen Kreis. Die Köpfe der Tiere wiesen nach Westen auf das näherrückende Heer der Drachen und Hornkrieger. Einer der Quorrl auf ihren Rücken hob die Arme und stieß einen scharfen Befehl aus. Skar hörte den Laut wie ein leises Flüstern, das der Wind herantrug. Durch die Formation der Flugdrachen ging eine Welle der Bewegung. Aus dem Kreis wurde ein Oval, dann ein langgezogenes, spitz zulaufendes Dreieck, das mit phantastischer Geschwindigkeit auf das Heer der
Errish
zuraste.
    Sie schafften nicht einmal die halbe Strecke.
    Zwischen und über den Drachen blitzte es grell auf. Dünne weiße Lichtbahnen zuckten der angreifenden Daktylenarmee entgegen, und dann war der Himmel voller brennender Vögel und Quorrl, voller Flammen und Schreie und Blut. Skar schloß entsetzt die Augen, aber der grelle Feuerschein der Errish-Waffen fraß sich selbst durch seine geschlossenen Lider hindurch, und der Hornkrieger hielt ihn mit unbarmherziger Kraft fest, so daß er den Kopf nicht abwenden konnte.
    Es dauerte nicht einmal zwei Minuten. Die geordnete Angriffsformation der Daktylenreiter verwandelte sich in ein Chaos schreiender, kopflos flüchtender Tiere, aber die
Errish
ließen ihnen nicht die kleinste Chance. Schon die erste überraschende Salve aus den fürchterlichen Waffen hatte fast ein Viertel der Drachen vom Himmel gebrannt. Und die
Errish
schossen weiter, auch als die Quorrl ihre Tiere herumrissen und verzweifelt zum Tal zurückflogen. Immer und immer wieder griff das Feuer der Sterne nach den schwarzen Flugechsen, verwandelte ihre Körper in Fak-keln und ihre Reiter in schreiende Bündel, die wie Sternschnuppen zu Boden stürzten und den Fluchtweg der Quorrl auf grausige Weise markierten. Nicht einmal ein Zehntel der Streitmacht, die aus den Höhlen aufgestiegen war, kam lebend zurück.
    »Hör auf«, flehte Skar. »Hör auf mit diesem Wahnsinn.«
    »Es ist kein Wahnsinn«, antwortete Vela, ohne den Blick von dem grausigen Schauspiel zu wenden. »Es ist Krieg, Skar — ich dachte nicht, daß ich den Unterschied einem Krieger erklären muß.«
    Skar antwortete nicht mehr. Sie wollte ihn nicht verstehen. Was sie tat, dieses ganze mörderische Schauspiel, sollte nur

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