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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Rauhreif, hier und da hatte sich Eis in kleinen stacheligen Nestern festgesetzt, und über der nördlichen Hälfte des Canyons fiel Schnee; ein wirbelnder grauweißer Vorhang, hinter dem die Gestalten der Quorrl und Menschen nur noch als huschende Schatten wahrzunehmen waren.
    Skar schlug fröstelnd den Kragen seines pelzgefütterten Mantels höher und trat einen Schritt vor. Die beiden Tuan-Krieger folgten ihm wie stumme, mächtige Schatten, aber er bemerkte sie kaum noch. Es waren erst drei Tage vergangen, seit sie in seiner Nähe waren, aber er hatte sich schon an sie gewöhnt. Solange er sich nicht zu hastig bewegte oder gegen Velas ausdrückliche Verbote verstieß, ließen sie ihn in Ruhe.
    Die
Errish
drehte sich um, als sie seine Schritte hörte, lächelte flüchtig und wies mit der Linken ins Tal hinunter. Die andere Hand umklammerte den Stein. Sie hatte ihn von seiner Kette gelöst und hielt ihn so fest, als wolle sie ihn zerbrechen. »Bist du zufrieden?« fragte sie.
    »Womit?«
    »Mit ihren Vorbereitungen. Ihre Späher müßten schon blind sein, wenn sie das Heer noch nicht bemerkt hätten.«
    Skar schenkte sich die Antwort und sah sich statt dessen — zum hundertsten Male — nach allen Seiten um. Es war die klassische Situation: Unter ihnen, auf der anderen Seite der Schlucht und durch die große Entfernung zu einer Ansammlung winziger schwarzer Pünktchen degradiert, rückte das Heer heran, eine Walze aus Fleisch und Panzerplatten, die wie eine bizarre Kaulquappe auf das Lager der Rebellen vorstieß. Vela hatte ihm einen Schlachtplan erklärt; er war nicht sonderlich originell, nicht einmal gut — aber das mußte er auch nicht sein. Was der
Errish
an strategischem Geschick fehlte, machte sie durch pure Gewalt wett, nicht ein-, sondern hundertmal. Gewalt und Magie.
Wenn
es Magie war.
    Skar schob den Gedanken beiseite. Es war müßig, über etwas nachzudenken, das vom menschlichen Bewußtsein nicht erfaßt werden konnte. Wenn es keine Magie war, dann etwas so Fremdes und Unvorstellbares, daß das Wort wieder seine Berechtigung bekam.
    »Woran denkst du?« fragte Vela.
    Skar sah sie an. »An nichts«, antwortete er ausweichend.
    Vela schüttelte tadelnd den Kopf. »Das solltest du nicht«, sagte sie. »Du hast nicht mehr viel Zeit, vergiß das nicht. In einer Stunde treffen die Heere aufeinander.«
    Skar drehte sich mit einem Ruck um und entfernte sich ein paar Schritte. Velas Worte waren der reine Hohn. Die Rebellen waren schon jetzt besiegt. Das Unwetter, das seit drei Tagen über ihrem Tal tobte und mit Hagel- und Schneestürmen auf die wehrlosen Krieger einschlug, mußte sie bereits zermürbt haben. Es war ein unwirklicher Anblick: Hier oben, auf Velas improvisiertem Feldherrnhügel, wuchsen bereits Gras und farbige Unkräuter, und Skar konnte trotz der beißenden Kälte die Wärme spüren, die die Sonne spendete. Bald würde er den Mantel ablegen und die Temperaturen eines Frühlings genießen können, der den Rebellen dort unten wie grausamer Spott vorkommen mußte. Dicht unter Skar, kaum eine Pfeilschußweite entfernt, verlief eine unsichtbare Grenze: die Mauer zwischen Frühling und tiefstem Winter, zwischen lebenspendender Wärme hier oben und tödlicher, würgender Kälte, die sich wie ein weißes Leichentuch über die Schlucht gelegt hatte. Wenige Schritte hinter dieser Grenze lagen Tote; ein Dutzend Quorrl, vielleicht die doppelte Anzahl Männer, und zwischen ihnen eine verkrümmte, graugekleidete Gestalt. Die
Errish
hatte versucht, Velas scheinbar schutzloses Lager zu nehmen.
    Skar hatte den Kampf nicht mit angesehen. Nur zwei der schwarzen Tuan-Krieger waren nötig gewesen, die
Errish
und ihre Begleiter zu töten. Und selbst das war nur ein weiterer Akt überflüssiger Grausamkeit. Sie hätten das Tal nicht einmal verlassen können, wenn Vela es ihnen nicht gestattet hätte. Der Schneesturm dort unten war nur ein Spiel — sie hätte die Gewalten der Hölle heraufbeschwören können, wenn sie gewollt hätte.
    Er straffe sich, riß sich gewaltsam von dem grausigen Anblick los und ging zu Vela zurück.
    »Was verlangst du von mir, wenn du es nicht tust?« fragte er.
    Vela runzelte in gespielter Verblüffung die Stirn. »Wenn ich was nicht tue?« erwiderte sie.
    Skar knurrte ungeduldig. »Hör auf. Du weißt genau, was ich meine — brich den Angriff ab. Sie können dir nicht schaden. Du hast keinen Grund, sie umzubringen.«
    »Du irrst dich, Skar«, antwortete Vela. »Ich habe Tausende

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