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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Bruchteil einer Sekunde fühlte er unerträglichen Schmerz.
    Yar-gan sprang im letzten Moment vor, als Skar das Bewußtsein verlor und das Kind seinen Armen entglitt.

E r mußte lange bewußtlos gewesen sein. Skar spürte, daß Zeit vergangen war, viel Zeit, und er spürte, daß irgend etwas geschehen war, während er reglos hier gelegen hatte. Das erste, was er fühlte, war Wärme. Er lag neben einem Feuer; seine linke Gesichtshälfe und die Hand brannten unter der Hitze der offenen Flamme, die andere Körperhälfte war taub vor Kälte. Dunkelrotes Licht sickerte durch seine geschlossenen Lider. Der Boden unter ihm vibrierte im Rhythmus der Wellen, die gegen den versteinerten Rumpf des Schiffes anrannten, und er hörte Stimmen. Die Stimmen zahlreicher Männer. Aufgeregte Stimmen.
    Skar blinzelte, hob die Hand über die Augen, um sie vor der Hitze der Flammen und dem grellen Licht zu schützen, und setzte sich halb auf. Der Raum verschwamm vor seinen Augen, als er sie vollends öffnete, und hinter seinen Schläfen machte sich ein dumpfer, unangenehmer Druck bemerkbar.
    »Du bist wach. Gut.« Gowenna kniete vor ihm nieder, sah ihn einen Herzschlag lang besorgt an und lächelte. Er konnte nur den schmalen Streifen über den Augen und Nasenwurzeln ihres Gesichts erkennen; der Rest war hinter einem grauen, seidig glänzenden Schleier verborgen. Der gleiche Stoff bedeckte ihren Kopf, die Schultern und den ganzen Körper, soweit ihn Skar sehen konnte. Selbst ihre Hände steckten in hautengen Handschuhen aus dem gleichen Material. Auf ihrer Stirn glänzte ein winziger fünfzackiger Stern aus Silber. Die Kleidung einer Errish. Und der Stern einer
Margoi.
    »Was ist... wie lange war ich bewußtlos?« fragte er verwirrt. In seinem Kopf drehte sich alles. Bilder blitzten hinter seiner Stirn auf, aber er war nicht in der Lage, sie zu ordnen und einen Sinn darin zu erkennen.
    »Nicht lange. Eine Stunde, vielleicht weniger«, antwortete Gowenna. »Yar-gan hat —«
    »Sag es mir nicht«, unterbrach sie Skar und hob die Hand an den Kopf. Der Druck verschwand, aber dafür erwachte ein dünner, quälender Schmerz hinter seinen Augen. »Ich will gar nicht wissen, was er mit mir getan hat.« Er stöhnte. »Was ist geschehen?«
    »Das Kind —«
    »Lebt es?« fragte Skar hastig dazwischen. Der erschrockene, besorgte Ton in seiner Stimme überraschte ihn selbst, und wie zur Antwort erschien ein neuerliches, amüsiertes Glitzern in Gowennas Augen.
    »Es lebt, und es ist gesund«, beruhigte sie ihn. »Noch. Du hast ge-siegt, Skar.«
    »Gesiegt...«, wiederholte Skar.
Gesiegt?
Er konnte sich nicht einmal erinnern, gekämpft zu haben. Geschweige denn gesiegt.
    »Versuche nicht, es zu verstehen«, sagte Gowenna, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Was du getan hast, war richtig, und das allein zählt. Manchmal handeln wir auch, ohne zu denken. Das Kind lebt, und seine Kräfte sind gebannt, wenigstens für den Moment. Alles andere muß die Zukunft bringen.« Ihre Art zu reden kam Skar sonderbar vor. Gowenna sprach normalerweise nicht so gestelzt, und es schien ihm, als hätte sie sich diese Worte genau überlegt; vielleicht, um irgend etwas, das er darin zu hören glaubte, gerade
nicht
zu sagen. Aber er war noch viel zu benommen, um wirklich darüber nachzudenken.
    Gowenna stand auf, bückte sich noch einmal und streckte ihm die Hand entgegen. Skar griff nach kurzem Zögern danach und zog sich auf die Füße. Wieder fiel ihm auf, wie stark diese zierliche Frau war. »Wo ist es?« fragte er.
    »Das Kind?« Gowenna deutete mit einer Kopfbewegung auf ein in Decken und Felle eingedrehtes Bündel zwischen den beiden Feuerschalen und hielt ihn mit einer raschen Handbewegung zurück, als er sich herumdrehen und hingehen wollte, bückte sich selbst danach und nahm es mit einer Behutsamkeit auf, die Skar bei ihr zuallerletzt erwartet hatte. »Es schläft«:, sagte sie. Sie sprach unwillkürlich leiser. »Laß es schlafen. Wenigstens merkt es während dieser Zeit nicht, was geschieht.«
    Skar sah sie scharf an. »Was ist los?« fragte er. »Irgend etwas stimmt nicht, oder?«
    Gowenna wich seinem Blick aus. »Es ist alles in Ordnung«, wiederholte sie. »Es ist nur...« Sie seufzte, fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht und lockerte den Schleier ein wenig. Instinktiv drückte sie das Fellbündel mit dem Kind fester an sich, als müsse sie es selbst gegen ihn beschützen. »Was diesem Kind fehlt, ist das gleiche wie uns«, fuhr sie nach einer

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