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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Mengen, die die Männer von Bord trugen, schienen sie sich gemäß Skars Anweisungen auf das unbedingt Nötige zu beschränken. Aber auch das Allernotwendigste war viel bei einem halben Hundert Menschen.
    »Nicht mehr lange«, sagte der Vede. »Waffen, Brennholz und Kleider sind bereits oben in der Höhle. Es fehlen nur noch die Lebensmittel — drei, vielleicht vier Stunden. Bei Sonnenaufgang ist das Schiff soweit leer, daß wir es verlassen können, wie du befohlen hast.«
    Skar überlegte einen Moment, ob er auf den vorwurfsvollen Klang in Helth' Stimme reagieren sollte oder nicht. Er hätte es übergehen können — aber das hieße, die Auseinandersetzung zu verschieben.
    »Ich verstehe deine Gefühle, Helth«, sagte er. »Ich verstehe und respektiere sie. Aber du mußt auch mich verstehen. Dein Vater hat mir eine schwere Last übergeben. Ich versuche nur, seinen Letzten Willen zu befolgen.«
    Helth lachte leise, aber es klang fast wie ein Schluchzen, das er im letzten Moment unterdrücken und in ein Lachen umwandeln wollte, was ihm aber nicht ganz gelang. »Du verstehst mich«, sagte er bitter.
    »O ja, ich bin sicher, daß du mich verstehst, Satai. Es ist ja auch so einfach.«
    »Das ist es gewiß nicht, Helth«, antwortete Skar. »Und ich bin hier, um mit dir darüber zu reden.«
    »Reden?« Helth zog die Augenbrauen zusammen. Ein Schatten huschte über sein Gesicht, vielleicht ein Reflex der Fackeln, die überall an den Wänden aufgehängt waren, vielleicht auch etwas anderes. »Es gibt nichts zu reden, Satai. Du bist der Kommandant. Ich gehorche dir.«
    »Ich will dieses Kommando nicht«, sagte Skar. »Du kannst es haben. Sag mir einen anderen Weg, das Leben der Männer zu retten, und ich wähle ihn. Egal, wie schwer er ist.«
    »Darum geht es dir?« Helth starrte unverwandt an ihm vorbei.
    Seine Stimme klang tonlos, beinahe, als rede er mit sich selbst oder mit jemandem, der unsichtbar hinter Skar stand. »Nein — es gibt sicher keinen anderen Weg, ihr Leben zu retten. Aber Leben allein«, fuhr er nach einer sekundenlangen Pause fort, »ist nicht alles. Sie mögen überleben, dort oben. Vielleicht ein paar Tage, vielleicht eine Woche oder zwei. Vielleicht gelingt dir sogar das Unmögliche und du findest einen Weg zurück. Aber es ist kein Leben mehr für sie, Skar. Nicht ohne die SHAROKAAN.«
    »Für sie — oder für dich?«
    Für einen Moment durchbrach Zorn den Ausdruck der Starre auf Helth' Zügen. »Was ich empfinde, das zählt nicht«, sagte er. »Dieses Schiff gehört weder mir, noch ist es meine Heimat. Selbst, wenn wir überleben, werde ich nicht bei ihnen bleiben, sondern nach Thbarg zurückkehren, um —«
    »Der Tod deines Vaters und deines Bruders scheint dich nicht sonderlich zu beeindrucken«, unterbrach ihn Skar. Helth' gespielte Ruhe machte ihn allmählich rasend.
    Der junge Vede schwieg einen Moment. Skars Angriff war unfair gewesen; er war aus einer Richtung gekommen, aus der er ihn nicht erwartet hatte. Skar spürte deutlich, daß seine Selbstsicherheit erschüttert war. Aber er empfand keine Freude über diesen kleinen Sieg. Wieder spürte er diese Müdigkeit; Müdigkeit zu kämpfen, sich immer wieder gegen ein Schicksal zu wehren, gegen das er letztlich machtlos war. Allmählich begann Helth — sein Verhältnis zu Helth — so zu werden, wie es zwischen ihm und Gowenna war. Bei allen Göttern, dachte er — er hatte lange genug gebraucht, um mit Gowenna eine Art Burgfrieden zu schließen. Er konnte keine Zweitausgabe desselben Streites gebrauchen.
    »Beeindrucken?« murmelte Helth nach einer Weile. »Nicht mehr als dich, Skar. Sie starben im Kampf, und auch, wenn du es nicht einsehen willst, es war ein ehrenvoller Tod.«
    Skar hätte ihn gerne nach dem Unterschied zwischen einem ehrenvollen und einem unehrenhaften Tod gefragt, aber er sah ein, daß er damit nichts erreichen würde. Helth war einfach noch zu jung, um zu begreifen, daß es keinen ehrenhaften Tod gab. Nicht einmal für einen Veden. Es gab nur den Tod, und er war schmutzig und gemein und voller Blut und Schmerzen, und sonst nichts.
    »Gut«, fuhr er mit veränderter Stimme fort. »Deine Gefühle gehen mich nichts an, und ich bin auch nicht hier, um mit dir darüber zu streiten.«
    »Sondern?«
    »Was verstehst du von Seefahrt und Karten?«
    Helth zuckte mit den Achseln. »Nicht viel mehr als du — warum?«
    »Ich möchte wissen, wo wir sind«, antwortete Skar.
    »Wenn es nicht einmal Rayan wußte, woher soll

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